Zielgerichtete Therapie bei Magenkrebs mit dem HER2-Antikörper

Foto PD Dr. LordickKrebsmagazin – Ausgabe Mai 2010
Priv.Doz. Dr. med. Florian Lordick Medizinische Klinik III (Hämatologie und Onkologie) Klinikum Braunschweig Leiter der klinischen Prüfung Her2 bei Magenkarzinom (ToGAStudie) in Deutschland
 

Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 19.000 Menschen an Magenkrebs. Somit ist das Magenkarzinom eine der häufigsten Krebserkrankung, die sowohl Männer als auch Frauen betreffen kann. In den meisten Fällen treten zu Anfang der Erkrankung kaum Beschwerden auf. Oft wird das Magenkarzinom daher erst spät erkannt. Im weiteren Verlauf sind es oft Erscheinungen wie Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Gewichtsabnahme, die zur Diagnose Magenkrebs führen. Die Abklärung erfolgt in der Regell durch eine Magenspiegelung mit Probenentnahme und feingeweblicher Untersuchung der Probe unter dem Mikroskop.

Wie wird Magenkrebs therapiert?
In der Regel gehören die operative Entfernung des Tumors sowie ggf. die Chemotherapie und Strahlentherapie zu den Behandlungsoptionen beim Magenkarzinom. Bei fortgeschrittenen Magenkarzinomen, steht nun eine weitere medikamentöse Therapie mit dem HER2-Antikörper zur Verfügung.

Bild Antikörper

Der HER2-Antikörper bindet an den Wachstumsfaktorrezeptor HER2 und verhindert so das Wachstum der Zelle. (Bild 2)

 

Was ist HER2?
Verschiedene Faktoren beeinflussen über Rezeptoren Wachstum und Teilung von Zellen – auch von Krebszellen. Die Rezeptoren, die wie Empfangsantennen an der Zelloberfläche sitzen, leiten Wachstumssignale an den Zellkern weiter. Auch das HER2- Protein ist ein solcher Rezeptor, der sowohl auf gesunden Zellen als auch auf Krebszellen vorkommt. HER2 steht für Humaner (menschlicher) Epidermaler (an der Zelloberfläche befindlicher) WachstumsfaktorRezeptor 2. Sitzen nur wenige HER2- Rezeptoren auf der Zelloberfläche, erhält die Zelle auch weniger Wachstumssignale.

Alle Patienten mit Magenkarzinom sollten ihren HER2- Status kennen!
HER2 kann auf der Oberfläche von Krebszellen vermehrt vorkommen. Schon seit längerer Zeit ist dies bei Brustkrebs bekannt. Aktuelle Studien zeigen, dass ein vermehrtes Vorkommen von HER2 auch bei Magenkrebs der Fall ist. Bei etwa 16 % der Magentumore tritt eine so genannte HER2Überexpression auf. Man spricht von einem HER2-positven Tumor. Auf einem HER2-positiven Tumor sitzen die HER2-Rezeptoren dicht an dicht auf der Zelloberfläche. Wenn sich HER2- Rezeptoren miteinander verbinden (Dimerisierung), werden Wachstumssignale an das Zellinnere geleitet, so dass sich die Zelle teilt und vermehrt. Die Folge: Die Krebszellen werden mit Wachstumssignalen überflutet, teilen und vermehren sich unkontrolliert.
 

Bild Antikörper

Wie Empfangsantennen sitzen sogenannte Wachstumsfaktorrezeptoren an der Oberfläche von Krebszellen. Links geringe Dichte an Rezeptoren, rechts hohe Dichte an Rezeptoren.

Wie wirkt der HER2- Antikörper?
Vor Jahren ist es gelungen, gegen der HER2-positiven Brustkrebs einen Antikörper zu entwickeln, der sich gegen HER2 richtet. Dieser Antikörper heißt Trastuzumab. Nun steht diese zielgerichtete Antikörpertherapie auch Patienten mit metastasiertem Magenkrebs zur Verfügung. Ähnlich einem Schlüssel- Schloss- Prinzip bindet der HER2-Antikörper an HER2 und blockiert dadurch den Rezeptor (Bild 2). Wachstumssignale werden nicht mehr übertragen, und das weitere Wachstum der Zelle wird gestoppt. Zusätzlich aktiviert der HER2-Antikörper die körpereigene Immunabwehr, indem die Tumorzellen durch die Besetzung ihrer Oberfläche mit dem Antikörper markiert werden. Die Folge: Ihr Immunsystem erkennt die Tumorzellen, greift sie an und zerstört sie (Bild 3). Mit dem HER2-Antikörper steht somit eine zielgerichtete und effektive Immuntherapie für Patienten mit HER2- positivem Magenkarzinom zur Verfügung.

 
Der HER2- Antikörper, der als Infusion alle drei Wochen in die Vene verabreicht wird, wird in Kombination mit einer Chemotherapie eingesetzt. Nebenwirkungen sind bei der Antikörpertherapie im Normalfall mild ausgeprägt. Bei einigen Patienten können während oder kurz nach der ersten Infusion grippeähnliche Symptome wie Fieber oder Schüttelfrost auftreten, die mit entsprechenden Medikamenten gut behandelt werden können.
 
Bild Antikörper

Der Antikörper Trastuzumab bindet an HER2, markiert dadurch die Krebszelle und lockt Zellen des Immunsystems an, z.B. T-Lymphozyten und sogenannte natürliche Killerzellen, die die Krebszellezerstören. (Bild 3)

Die Herzfunktion und weitere Organfunktionen werden vor und während der Therapie regelmäßig kontrolliert, um eventuelle Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Eine große Studie mit mehreren hundert Patienten hat gezeigt, dass auch bei metastasiertem HER2- positivem Magenkrebs das Tumorwachstum gebremst werden kann. Die Zeit ohne Fortschreiten der Erkrankung und die Lebenszeit können verlängert werden.

 

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