Moderne Krebsmedizin: präventiv, personalisiert, präzise und partizipativ

Die Chancen moderner Krebsmedizin: innovative Therapien für den individuellen Patienten

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Derzeit tauschen sich in Berlin Ärzte und Wissenschaftler auf dem 32. Deutschen Krebskongress über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Krebsmedizin aus ‒ der DKK ist der größte onkologische Fachkongress im deutschsprachigen Raum. Als roter Faden durch das wissenschaftliche Programm zieht sich das Konzept der sogenannten P4-Medizin des US-Biomediziners Leroy Hood. Er beschreibt eine moderne Medizin, deren Kerngedanke es ist, wirksam Krankheiten vorzubeugen, mittels fortschrittlicher Methoden präzise Diagnosen zu stellen und innovative, individuell auf den Patienten abgestimmte Therapien zu entwickeln. Der Patient selbst soll Teil des Behandlungsteams sein und aktiv an seiner Genesung mitwirken, beispielsweise bei wichtigen Therapieentscheidungen.„Dafür stehen die vier P: präventiv, personalisiert, präzise und partizipativ“, so die Kongresspräsidentin Professor Dr. Angelika Eggert im Rahmen der Auftaktpressekonferenz. „Wir haben dieses Motto gewählt, weil uns die P4-Medizin die große Chance bietet, uns im Sinne des Patienten von einer eher reaktiven zu einer proaktiven und individualisierten Medizin hin zu bewegen.“ Die Entwicklung und Anwendung solch einer personalisierten Medizin wäre der Anfang eines grundlegenden Wandels in der Versorgung krebskranker Menschen.Dies beginnt schon bei der Diagnose: „Momentan verlassen wir uns bei der Diagnosestellung noch weitgehend auf Techniken, die an der Oberfläche der Zelle haltmachen. Wir betrachten den Tumor gewissermaßen von außen“, betonte Professor Dr. Wolff Schmiegel, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. „Wir brauchen eine Diagnostik, die es uns ermöglicht, auch in die erkrankte Zelle hineinzuschauen. Nur so können wir die deregulierten Signalwege in einer Krebszelle identifizieren, und nur dann können wir den Patienten maßgeschneidert behandeln.“Doch auch genaue Voraussagen über Krankheitsverlauf und Therapieerfolg sind ein wichtiger Teil der personalisierten Medizin, wie der Kongressvizepräsident Professor Dr. Ulrich Keilholz erläuterte: „Tumoren besitzen charakteristische Merkmale – wie etwa Veränderungen im Erbgut – oder sondern bestimmte Eiweiße ab, die im gesunden Gewebe normalerweise nicht vorkommen. Diese Tumormarker lassen sich dann beispielsweise im Blut oder Urin eines Patienten nachweisen.“ Anhand bestimmter Marker lasse sich etwa individuell feststellen, wie aggressiv sich ein Tumor im jeweiligen Patienten verhalten wird. „Moderne Techniken erlauben es uns, Tumorproben molekular zu charakterisieren und auf diese Weise neue Tumormarker zu identifizieren.“

Anhand der Forschungsergebnisse der Wissenschaftler um Professor Dr. Matthias Fischer von der Universitätskinderklinik zu Köln wird deutlich, wie wichtig die genaue molekulare Charakterisierung von Tumoren für die Entwicklung verbesserter Therapien ist. Der Mediziner untersucht genetische Veränderungen im Neuroblastom, das zu den häufigsten Tumorarten im Kindesalter gehört. In manchen Fällen bildet sich das Neuroblastom ohne jegliche Therapie komplett zurück, bei anderen Patienten jedoch schreitet es trotz Therapie unaufhaltsam voran. Die Gründe dafür waren bisher weitgehend unbekannt. Die Kölner Wissenschaftler konnten nun die genetischen Veränderungen, die zu einem aggressiven Krankheitsverlauf führen, identifizieren. „Unsere Erkenntnisse verändern unser Verständnis der Entwicklung des Neuroblastoms fundamental und könnten in Zukunft Diagnostik und Therapie des Neuroblastoms maßgeblich beeinflussen“, so Professor Fischer.

Dr. Fritz Pleitgen, Präsident der Deutschen Krebshilfe, hält es für wichtig, bei allen Diskussionen zu den verschiedenen Themenkomplexen des Kongresses immer die Patientenbelange im Blick zu haben. Dabei dürfe auch der zwischenmenschliche Aspekt der Krebsmedizin nicht vernachlässigt werden. „Der Krebspatient von heute möchte als aktiver, gleichberechtigter Partner angesprochen werden. Die traditionell geprägte Arzt-Patient-Beziehung ist ein Auslaufmodell – der paternalistisch handelnde Arzt hält den heutigen Herausforderungen nicht mehr stand. Die Patienten wollen aktiv zu einer Verbesserung des Krankheitsverlaufes beitragen und mitentscheiden.“ Hierbei gelte es insbesondere, die kommunikativen Kompetenzen von Ärzten und anderen Heilberuflern zu verbessern sowie die Gesundheitskompetenz der Allgemeinbevölkerung und insbesondere der Krebspatienten zu stärken.

Quelle: Pressestelle Deutscher Krebskongress – Stiftung Deutsche Krebshilfe; Deutsche Krebsgesellschaft e.V.

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