Krebs ist doof!

Krebsmagazin – Ausgabe Dezember 2010
Krebsmagazin.de im Gespräch mit Eva Hungershausen

Krebsmagazin:
Wie ist es zu dem Buch gekommen?
Eva Hungershausen:
Ich war 23 Jahre alt und steckte mitten im Studium zur Ergotherapeutin, als mir die Diagnose “bösartiger Lymphknotenkrebs” (Morbus Hodgkin) gestellt wurde. 

Ich habe während der gesamten Zeit Tagebuch geführt. Alles was mich genervt hat, alles was schlecht war, habe ich einfach aufgeschrieben, in mein Tagebuch hinein und dann war es weg. Danach war vieles abgehakt und einfacher.

 
Krebsmagazin:
Haben Sie während Ihrer Krankheit mit dem Tagebuchschreiben angefangen?
Eva Hungershausen:
Ich führe bereits seit meiner Kindheit Tagebuch. In der Reha habe ich mich dann dazu entschlossen, das Tagebuch über die Zeit meiner Erkrankung in Form eines Buches zu veröffentlichen, um etwas Positives aus der Krankheit mitzunehmen. Den Titel habe ich gewählt, weil ich diese ganzen “typisch – dramatischen” Krebsbuchtitel nicht mochte. Krebs ist doof, das trifft es für mich einfach recht deutlich.
Krebsmagazin:
Sie sind ja augenfällig noch eine recht junge Krebspatientin, hatte das Auswirkungen auf Ihr Befinden?
Eva Hungershausen:
In der Reha und auch während der Zeit der Behandlung war ich fast immer die Jüngste. Lediglich einmal habe ich eine junge Frau getroffen, die um ein Jahr jünger war als ich. Gerade in der Reha kamen ganz viele Leute und haben mich bemitleidet. Meist waren es Äußerungen wie: “Sie sind ja noch so jung…!” Da ich mit diesem Mitleid nicht nur einmal, sondern fortwährend konfrontiert wurde, ging einem das dann schon nach einer gewissen Zeit auf den Nerv. Ich habe immer höflich geantwortet “Ja dann verträgt man die Therapie auch besser.”, aber ich wäre schon lieber den Mitleidsbekundungen einfach aus dem Weg gegangen. Schließlich ist Krebs in keinem Alter schön. Da ist Jugend fast schon ein Pluspunkt, weil man eben die Therapien noch besser verkraften kann.
Krebsmagazin:
Hätten Sie sich im Nachhinein gewünscht mit anderen jungen Patienten die Reha verbracht zu haben?
Eva Hungershausen:
Ja eigentlich schon, obwohl ich privat und auch beruflich eher mit älteren Menschen gerne zu tun habe. Man wäre auch mal auf andere Gedanken gekommen und hätte leichter gemeinsame Themen finden können, die die Krankheit leichter – wenn auch nur für eine kurze Zeit – in den Hintergrund treten lassen und ablenken.
Krebsmagazin:
Was hat Ihnen die Kraft gegeben, Ihre Krankheit und die Therapie durchzustehen?
Eva Hungershausen:
Mein Berufswunsch, Ergotherapeutin zu werden, meine Freunde, mein Mann und mein Vater. Ich fand eigentlich mein Leben vor der Diagnose Krebs ganz prima und deshalb ist Krebs für mich ja auch doof! Er hält vom Leben ab. Man sollte, denke ich, als Krebskranker immer etwas tun um seine Gefühle zu verarbeiten und sich auszudrücken, kreativ sein und beispielsweise schreiben, malen oder handwerklich tätig sein. Es gibt ja häufig psychoonkologische Gruppen in Krankenhäusern die Gesprächs-, Musiktherapie oder Gestaltungstherapie anbieten. Ich habe beispielsweise begonnen mit Ton zu Musik zu arbeiten und das hat mir auch sehr geholfen in dieser Zeit.
Krebsmagazin:
Was möchten Sie anderen Menschen, insbesondere anderen Krebserkrankten durch Ihr Buch mitteilen?
Eva Hungershausen:
Ich möchte anderen Menschen Mut machen und ihnen helfen die schönen Dinge des Lebens trotz Krebs wahrzunehmen. In jedem Alter gibt es Dinge für die es sich unbedingt zu leben lohnt. Man sollte nicht einfach aufgeben. Kraft- und orientierungslos geworden reicht es häufig aus sich die schönen Dinge zu vergegenwärtigen und zu überlegen: Wofür möchte ich Leben? Was möchte ich mal wieder tun? oder Was ist schön? Eigene Antworten helfen dann wieder den nötigen Antrieb und Kraft für alles zu finden. Für mich hat das Buch etwas Positives. Auch wenn ich vielleicht häufiger geschrieben habe, wie “unschön” die Behandlung war, habe ich auch die schönen, lebenswerten Momente festgehalten, die mich am Leben gehalten haben und immer noch halten. Ich möchte, dass andere Patienten ihren Blick auch auf positive Dinge lenken können und sehen, dass andere es geschafft haben gesund zu werden.
 
Eva Hungershausen:
Ich schiebe nicht mehr so viele Sachen auf. Ich bin spontaner geworden. Ich überlege eher, ob mir dies oder jenes gut tut und höre auf mein Bauchgefühl und meinen Körper. Bei Dingen, die ich eigentlich nicht machen möchte, bei denen habe ich das “nein” sagen gelernt. Ich nehme viele Dinge nicht mehr so wichtig aber es ist auch inzwischen wieder ganz schön, wenn man sich wieder über Kleinigkeiten des Alltags aufregen kann. Das zeigt nämlich auch, dass man wieder gesund ist.

Verlag: BOD
ISBN: 978-3-8391-8663-3,
Seiten: 156, Preis: 9,99 €

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