Literaturempfehlung: “In den Himmel geh ich später…”

Spätestens mit der Diagnose „Krebs“ beginnt sich in uns Menschen das Karussell der Gefühle und Ängste zu drehen. Man fühlt sich aus dem Alltag des Lebens gerissen – urplötzlich und ohne Ankündigungsschreiben. Gelungenes und Missglücktes streift die in ein heilloses durcheinander geratenen Gedanken. Längst vergessene Lebensfragen rücken wieder in den Fokus. Bis dahin unerreichte – und auch unentdeckte – Ziele signalisieren Handlungsbedarf. Von jetzt auf gleich  gilt es, in einem anstrengenden Therapiemarathon nicht nur „tumorfrei“,  sondern auch gesund zu werden …

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In wieweit das eigene, bisherige Leben die Möglichkeit hierfür offen ließ –  und überhaupt, wie eng der übliche Alltag einen jeden von uns gefangen nimmt – dies entdecken viele Menschen erst durch ihre Krebserkrankung. Dann machen sie sich auf, ein neues, wertvolleres Leben zu entdecken. Ein Leben, das besser zu ihnen passt.

Für die Aufarbeitung und Krankheitsverarbeitung hilft es vielen, ihre Krankheits- oder Lebensgeschichte in Worte zu fassen. Etliche Bücher sind so entstanden,  und Psychoonkologen haben dieser Art und Weise den Namen „Bibliotherapie“ gegeben. Sie sagen es hilft uns, wenn wir aufschreiben. Es hilft uns, Erfahrenes besser und nachhaltiger aufzuarbeiten. Und es schärfe den Blick nach vorn.

Vor zwei Wochen gelangte so ein Buch auf meinem Schreibtisch. Es heißt: “In den Himmel geh ich später“. Alleine schon der Titel machte mich neugierig, und ich war gespannt auf den Inhalt. Doch anstatt eines Buches mit verschiedenen Kapiteln, erwartete mich ein Buch, das ganz anders war: Ich fand darin Gedichte, Fotos und ausgewählte Kurzgeschichten eines spannenden Lebens, das mit viel Wortgeschick den Leser auf sein eigenes Leben schauen lässt. Und siehe da, man liest es nicht von Anfang bis Ende. Vielmehr greift man immer wieder neu nach ihm, wenn man das gelesene mit seinen eigenen Erfahrungen gespiegelt und um die eigenen Gedanken ergänzt hat.

Angelika Rheindorf ist Journalistin und hatte schon immer eine Gabe,  Erlebtes in bewegte Geschichten zu fassen. Kurz nach dem Tod ihrer Mutter wurde die Autorin selbst von der „Diagnose Krebs“ getroffen. Seither betrachten – wie sie sagt – ihre Augen das Leben anders und mit Blick auf dessen Sinn. „Alles ist möglich und ich denke, es gehört nicht dazu, Vergleiche zu ziehen.“ Als leidenschaftliche Fotografin schafft sie es,  die vielen nachdenklich machenden Geschichten und Gedichte, die auch einen Einblick in ihr Leben gewähren, durch dazu passende Fotos zu begleiten. Zwar sind diese Fotos „nur“ schwarz/ weiß, aber sie verbinden. Und die Farbe entsteht am Ende im Kopf der Leser.

Fünf Sterne für ein Buch, das nicht nur dem Kranken ein wichtiger Begleiter sein kann und in jedem Fall eine interessante, gut verdauliche Unterhaltung im Krankenbett bietet. So schreibt sie selbst am Ende ihres Buches:

„In den Himmel geh ich später.

Als ob man sich das aussuchen könnte…

Doch ich glaube, man kann.

Ich glaube fest daran,

dass die Zeit eines jeden von uns gekommen ist,

wenn man seine Aufgabe auf dieser Welt erfüllt hat.

Ich bin sicher, Sie kennen Ihre.

So wie ich um meine weiß.

Sie handelt von Liebe, Krebs und anderen Naturgewalten.“

 

In den Himmel geh ich später

Angelika Rheindorf

152 Seiten,  ReDiRoma Verlag

ISBN 978-3-86870-639-0

9,95 Euro

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