Archiv für die Kategorie „Krebserkrankungen“

Hirntumore – bundesweit 40. Informationstag bietet wertvolle Orientierung

Grafik_Veranstaltungshinweis-13.Mai 2017

 

Deutschlandweit erkranken jährlich etwa 7.000 Menschen neu an einem primären bösartigen Hirntumor, die Zahl der Patienten mit Hirnmetastasen ist ungleich höher. Die Deutsche Hirntumorhilfe hat sich seit 19 Jahren als zentrale Anlauf- und Kontaktstelle für Betroffene und ihre Angehörigen etabliert. Mit dem Hirntumor-Informationstag bietet die gemeinnützige Organisation zweimal im Jahr ein Forum zum Austausch für Betroffene, Angehörige, Experten und Multiplikatoren aus dem Bereich der Neuroonkologie.

Im Mittelpunkt stehen dabei neben etablierten Standards der Hirntumortherapie auch zukunftsweisende Verfahren und Ergebnisse aktueller klinischer Studien.

Die Besucher erwartet ein vielfältiges Vortragsprogramm mit hochkarätigen Referenten aus allen Bereichen der Neuroonkologie, die einen umfassenden Überblick zu Standards und Innovationen in der Therapie von Hirntumoren und Hirnmetastasen geben. Die medizinischen Fachinformationen werden von erfahrenen Medizinern und renommierten Experten fundiert und verständlich vermittelt. Bei Podiumsdiskussionen und in persönlichen Gesprächen mit den Referenten besteht zudem die Möglichkeit, individuelle Fragen zu stellen.

Im zweiten Veranstaltungsteil wird Patienten und Angehörigen die Gelegenheit geboten, mit anderen Betroffenen ins Gespräch zu kommen, Tipps zum Umgang und zur besseren Bewältigung der Erkrankung auszutauschen und die eigenen Erfahrungen zu teilen.

Mit mehr als 400 Teilnehmern in den vergangenen Jahren ist diese ganztägige Informationsveranstaltung einzigartig im deutschsprachigen Raum.

40. Hirntumor-Informationstag in Köln
Veranstaltungstermin: 
Samstag, 13.05.2017, 9:00-19:00 Uhr, Einlass ab 8:30 Uhr
 
Veranstaltungsort:
Universität zu Köln
Hörsaalgebäude 105
Hörsaal A1
Universitätsstraße 35
50931 Köln
 
Veranstalter und Quelle: Deutsche Hirntumorhilfe e.V.
Telefon: 0341.590 93 96
E-Mail: info@hirntumorhilfe.de
Internet: www.hirntumorhilfe.de/projekte/informationstag

Brustkrebs: Höhere Dosis im Tumorgebiet bringt auch nach zwanzig Jahren bessere Tumorkontrolle für viele Patientinnen

170322 DEGRO_Boostbestrahlung Vorteilhaft

Die Strahlentherapie nach einer brusterhaltenden Operation ist eine hocheffektive Behandlungsmethode. Eine Dosissteigerung – „Boost“ genannt – im ehemaligen Tumorbereich kann verhindern, dass es an der operierten Brust erneut zum Krebswachstum kommt. Dies bestätigt nun eine europäische Langzeitstudie, in der die Ergebnisse der Studienteilnehmerinnen 20 Jahren nach der Erkrankung ausgewertet wurden. Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) zeigt die Studie deutlich, dass viele Patientinnen von dieser höheren Dosis profitieren, insbesondere Frauen unter 50 und Frauen mit speziellen zusätzlichen histologischen Veränderungen, einem sogenannten DCIS.

Ein Brustkrebs im Frühstadium kann heute brusterhaltend operiert werden. „Zum Behandlungsstandard gehört heutzutage eine Bestrahlung, da es sonst zu einem Lokalrezidiv, also einem erneuten Burstkrebswachstum an der operierten Brust, kommen kann“, erläutert Professor Stephanie E. Combs von der Technischen Universität München.

Prof Dr Combs TU München

Prof. Dr. Stephanie E. Combs,
Direktorin der Klinik und Poliklinik für RadioOnkologie
und Strahlentherapie am Universitätsklinikum der
Technischen Universität München (TUM).
Foto: DEGRO Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V.

Um die optimale Dosis zu bestimmen, hat die European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) zwischen 1989 und 1996 eine Studie an 5.569 an Brustkrebs erkrankten Frauen durchgeführt. „Die Hälfte der Patientinnen erhielt damals neben der üblichen eine zusätzliche Bestrahlung der operierten Brust im Bereich des Tumorbettes die wir als Boost bezeichnen“, sagt die Pressesprecherin der DEGRO. Der Boost verlängere die Behandlungszeit zwar um knapp zwei Wochen, er könne aber ein Lokalrezidiv verhindern.

Die Teilnehmerinnen der EORTC-Studie werden seit dem Ende der Behandlung regelmäßig nachuntersucht, um herauszufinden, für welche Patientinnen der Boost den größten Nutzen bringt. Schon in den ersten Jahren zeigte sich, dass Frauen mit ungünstigen Gewebemerkmalen, sogenannten „high-grade“-Tumoren, den größten Nutzen haben. Dies konnte auch noch nach 20 Jahren bestätigt werden. Die Langzeitanalyse zeigt nochmals deutlich, dass prinzipiell alle Frauen von einer Dosisaufsättigung profitieren können. Der größte Vorteil zeigt sich für jüngere Patientinnen unter 50 Jahre. Sie erlitten nach einer Boost-Bestrahlung signifikant seltener ein Lokalrezidiv an der operierten Brust. Insgesamt jedoch profitieren alle Altersgruppen von einer Boostbestrahlung. Die zweite Gruppe sind Patientinnen, bei denen der Pathologe in der Nähe des invasiven Karzinoms die Krebsvorstufe DCIS gefunden hat. Bei duktalen Carcinoma in situ (DCIS) liegen in den Milchgängen der Brustdrüse veränderte Zellen vor, die aber noch am Ort verbleiben. „Die DCIS können noch keine Metastasen bilden“, sagt DEGRO-Präsident Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus. „Wenn DCIS-Nester in der Nähe des Primärtumors gefunden werden, ist es jedoch möglich, dass es später zu einem Lokalrezidiv kommt“, fügt Debus hinzu.

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Prof. Dr. Jürgen Debus
DEGRO Präsident und
Ärztliche Direktor der Klinik für RadioOnkologie
und Strahlentherapie (Czerny-Klinik)
am Universitätsklinikum Heidelberg 
Foto: DEGRO Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V.

Die EORTC-Studie liefert den Beweis, dass der Boost für die beiden Patientinnengruppen von erheblichem Vorteil ist: Bei jüngeren Frauen mit DCIS in der Nähe des Primärtumors verringerte die Boost-Bestrahlung die Rate von Lokalrezidiven an der operierten Brust von 31 auf 15 Prozent, halbiert sie also. Die Verlaufskurven lassen sogar vermuten, dass die Vorteile sich nach Ablauf von 20 Jahren noch weiter verstärken könnten. „Die EORTC-Studie zeigt, wie notwendig eine lange Nachsorge ist. Diese Langzeitdaten sind gerade für die jungen Patientinnen sehr wichtig. Prinzipiell ist ein Boost jedoch bei allen Frauen sinnvoll“, sagt Debus.

Literatur:

Vrieling C et al. Prognostic Factors for Local Control in Breast Cancer After Long-term Follow-up in the EORTC Boost vs No Boost Trial: A Randomized Clinical Trial. JAMA Oncology 2017; 3: 42-48. Abstract

Quelle: DEGRO Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. – Internet: www.degro.org

Was den Patienten gut tut – Integrative Onkologie

„Die integrative Onkologie steht auf dem Boden der wissenschaftlichen, fundierten Medizin und stellt den Patienten mit seiner Perspektive und seinen Lebenszielen in den Vordergrund‘‘, betont Prof. Dr. Jutta Hübner. Das Ziel ihres  Faches sieht Professorin Hübner in der auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmten Therapie als eine Kombination aus schulmedizinischen und sinnvollen ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten.

Prof Dr Jutta Hübner
Prof. Dr. Jutta Hübner, Stiftungsprofessur für integrative Onkologie, Universitätsklinikum Jena

Über die Hälfte der Krebspatienten versucht neben der vom Arzt verordneten Strahlen- oder Chemotherapie auch pflanzliche Stoffe, Nahrungsergänzung oder Naturheilmittel, die in bunten Zeitschriften angepriesen oder in online-Erfahrungsberichten positiv bewertet werden. Bei den Brustkrebspatientinnen liegt dieser Anteil noch weit höher. „Für die Wirksamkeit der ergänzenden Mittel oder Methoden gibt es nur minimale Nachweise, und oft erfährt der behandelnde Arzt nichts von dieser Selbstbehandlung“, nennt Jutta Hübner gleich zwei zentrale Probleme dabei. Die Internistin hat seit diesem Jahr die Professur für Integrative Onkologie am Universitätsklinikum Jena inne, die die
Deutsche Krebshilfe als Stiftungsprofessur an der Klinik für Innere Medizin II eingerichtet hat und die direkt an das Universitätstumorzentrum angebunden ist.

Vor allem in der Onkologie, aber auch bei anderen chronischen vielschichtigen Krankheitsbildern ist der Bedarf an ergänzenden oder alternativen Behandlungsmöglichkeiten sehr groß – vor allem, wenn man körperliche Aktivität, Psychoonkologie oder Selbsthilfegruppenarbeit mit dazu zählt. „Und die komplementäre Medizin hat durchaus das Potential, den Patienten zu helfen‘‘, so Jutta Hübner. Als Beispiele zählt sie Ingwer gegen die Übelkeit bei Chemotherapie auf oder Yoga und leichten Sport zur Abmilderung des Erschöpfungszustandes Fatigue. Neben qualitativ hochwertigen Studien fehlt es vor allem an fundierten Informationen über komplementäre Behandlungsmöglichkeiten, sowohl bei den
Patienten, als auch bei den Ärzten.

Hier will Professorin Jutta Hübner, die zuvor eine Informationsdatenbank der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe aufgebaut hat, mit einem niederschwelligen Angebot ansetzen. In regelmäßigen Vorträgen für Krebspatienten, Angehörige und Interessenten wird sie am Uniklinikum Jena über die Möglichkeiten und Risiken komplementärer Medizin informieren. In der Patientenversorgung führt sie die Arbeit der Ambulanz für Naturheilkunde und Integrative Onkologie an der Klinik für Innere Medizin II des Uniklinikums fort und plant, einen Konsildienst für stationäre Patienten des Klinikums zu etablieren.

Neben der Versorgungsforschung zum Informationsbedarf von Patienten zur komplementären und alternativen Medizin und zur Arzt-Patienten-Kommunikation, die gerade in der Onkologie auch zentrale medizinethische und medizinökomische Aspekte berührt, liegt der wissenschaftliche Schwerpunkt von Jutta Hübner in der evidenzbasierten Untersuchung komplementärer Medizin. „Gute Studienkonzepte in der Komplementärmedizin sind sehr aufwendig, dazu sind Netzwerke notwendig und eine Forschungskultur, zu deren Etablierung ich beitragen möchte‘‘, so Jutta Hübner.

Nach dem Medizinstudium in Düsseldorf absolvierte Jutta Hübner die Facharztausbildung in Innerer Medizin in Remscheid. Sie spezialisierte sich für die Hämatologie und internistische Onkologie und erwarb Zusatzqualifikationen in der Chirotherapie, Palliativmedizin, Naturheilkunde und Psychoonkologie. Nach klinischen Leitungspositionen in Bad Soden-Salmünster, Kassel und am Universitätsklinikum Frankfurt/Main arbeitete sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft und habilitierte sich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zum Stand und der Zukunftsperspektive der integrativen Onkologie.

Quelle: Universitätsklinikum Jena

Leberkrebs – Internationale Online-Patientenbefragung

ELPA, die Europäische Leber Patientenorganisation lädt gemeinsam mit weiteren globalen Leberkrebs-Organisationen Betroffene ein, an einer weltweiten Online – Leberkrebs-Patientenbefragung teilzunehmen.

Leberkrebs_Online_Patientenbefragung

Der Onlinefragebogen wurde von einem Wissenschaftlichen Forschungsinstitut in Zusammenarbeit mit den internationalen Leberkrebsgruppen erstellt. Die Ergebnisse der Studie dienen der Verbesserung der Forschungsgrundlage und werden nach ihrer Auswertung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Homepage der Onlinebefragung: www.hcc-voices.com

 

Krebsvorsorge – Worauf Frauen achten sollten… – Interview mit Dr. Ashour

Berufliche Wiedereingliederung nach Krebs – Interview

Interview Bettina Sommer

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Neue innovative Medikamente vom Gemeinsamen Bundesausschuss mehrfach mit “Zusatznutzen nicht belegt” bewertet – Medizinische Fachgesellschaften sehr besorgt über diese Entwicklung

Ob beim Lungenkrebs, chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) oder Dickdarmkrebs: Trotz Verlängerung der Überlebenszeiten wird neuen innovativen Medikamenten der Zusatznutzen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Frage gestellt.

Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. und die Arbeitsgemeinschaft für Internistische Onkologie (AIO) der Deutschen Krebsgesellschaft befürchten, dass diese Tendenz den Zugang zu neuen Arzneimitteln insbesondere für Krebspatienten in schwierigen oder fast aussichtslosen Situationen gefährdet.

160929 DGHO besorgt_Zusatznutzen vom G-BA in Frage gestellt

In den letzten Wochen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mehrfach die Festlegung „Zusatznutzen nicht belegt“ für Krebsmedikamente getroffen, obwohl diese die Überlebenszeit der Patienten verlängern. Auch wurde innovativen Präparaten für die chronische lymphatische Leukämie und das Lungenkarzinom kein Zusatznutzen gerade in den Patientengruppen zugesprochen, in denen der höchste, ungedeckte, medizinische Bedarf besteht. 

Die frühe Nutzenbewertung nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) wurde 2010 mit dem Ziel eingeführt, den Zusatznutzen neuer Arzneimittel als Grundlage der Preisbildung zu verwenden. Das Verfahren ist aufwändig, umfasst Dossiers der pharmazeutischen Unternehmer von 1.000 und mehr Seiten, einen Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bzw. des G-BA und eine Anhörung, an der auch die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften beteiligt sind. Einer der großen Vorteile des Verfahrens liegt in wertvollen, zusätzlichen Informationen über neue Arzneimittel. Die Nutzenbewertung hat aus Sicht von DGHO und AIO bisher gut funktioniert. Sie muss ein lernendes System bleiben. Allerdings wurden in mehreren Verfahren der letzten Wochen vom G-BA überraschend negative Festlegungen getroffen. Sie sind Anlass, auf eine sich andeutende Fehlentwicklung hinzuweisen.

„Zusatznutzen nicht belegt“ trotz Verlängerung der Überlebenszeit

Bei drei im September 2016 abgeschlossenen Verfahren der frühen Nutzenbewertung (Ramucirumab beim Dickdarmkrebs, Ramucirumab beim Lungenkrebs, Necitumumab beim Lungenkarzinom) führt die Kombination der neuen Antikörper mit konventioneller Chemotherapie in großen randomisierten Studien zu einer signifikanten Verlängerung der mittleren Überlebenszeit, rechnerisch um 14 bis 21 Prozent gegenüber der Chemotherapie allein. Die Gabe dieser Antikörper ist mit Nebenwirkungen belastet, bei Ramucirumab u. a. mit einem stärkeren Abfall der weißen Blutkörperchen als mit Chemotherapie allein, mit Fatigue und mit erhöhtem Blutdruck. Bei Necitumumab tritt vor allem eine Hautreaktion auf.

In der Praxis werden Krebspatienten vor dem Therapiestart ausführlich über den Nutzen und die Nebenwirkungen neuer Arzneimittel aufgeklärt. Der Patient entscheidet, wie wichtig ihm die mögliche Verlängerung der Überlebenszeit gegenüber dem Risiko von Nebenwirkungen ist. Auch nach der Entscheidung für die Therapie mit einem neuen Arzneimittel kann er die Behandlung beim Auftreten belastender Nebenwirkungen jederzeit abbrechen.

Der G-BA hat in den drei Verfahren nicht aus dieser Patientensicht, sondern nach der Formel entschieden:

Verlängerung der Überlebenszeit – Nebenwirkungen = Zusatznutzen nicht belegt

Ähnlich war auch schon das Vorgehen zu Regorafenib beim Dickdarmkrebs im April 2016. Prof. Dr. Carsten Bokemeyer, Geschäftsführender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie erläutert: „Für viele Patienten ist eine mögliche Verlängerung der Überlebenszeit die dominierende Motivation für eine Krebstherapie. Dafür sind sie auch bereit, Nebenwirkungen zumindest bis zu einem bestimmten Ausmaß in Kauf zu nehmen.“

„Zusatznutzen nicht belegt“ trotz hoher Ansprechraten

Innerhalb bestimmter Krebskrankheiten können heute vielfach Subgruppen – oft auf der Basis molekularer Faktoren – mit besonders ungünstiger Prognose identifiziert werden. Bei der chronischen lymphatischen Leukämie gehören dazu Patienten mit del17p bzw. der TP53 Mutation. Der orale Kinase-Inhibitor Idelalisib führt bei dieser Hochrisikogruppe in Kombination mit Anti-CD20-Antikörper zu Remissionsraten von etwa 80 Prozent sowie einer signifikanten Verlängerung der progressionsfreien und der Gesamtüberlebenszeit. In der Neubewertung des Zusatznutzens von Idelalisib wurde der Subgruppe von Patienten mit del17p bzw. TP53 Mutation kein Zusatznutzen zuerkannt. „Idelalisib ist eine unverzichtbare Behandlungsoption für CLL-Patienten mit 17p- oder TP53 Mutation“, erklärt Prof. Dr. Michael Hallek, Vorsitzender der DGHO Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie und Leiter der deutschen CLL-Studiengruppe.

Eine prognostisch sehr ungünstige Gruppe beim EGFR-mutierten Lungenkarzinom sind Pati-enten mit einer T790M-Mutation. Sie sind resistent gegenüber den sonst hoch wirksamen Tyrosinkinase-Inhibitoren. Der neue Kinase-Inhibitor Osimertinib wirkt gezielt bei dieser vorbehandelten Patientengruppe mit einer Ansprechrate von über 60 Prozent und einer progressionsfreien Überlebenszeit von fast 10 Monaten. Auch Osimertinib wurde in der aktuellen Nutzenbewertung kein Zusatznutzen zugesprochen. „Osimertinib ist eine genau für einen spezifischen Resistenzmechanismus entwickelte Substanz mit hoher klinischer Wirksamkeit und guter Verträglichkeit. Ohne diese Substanz ist die optimale, gezielte Behandlung dieser gut definierten Subgruppe von Patienten mit einer EGFR-Resistenzmutation nicht gegeben“, so Prof. Dr. Martin Reck, Chefarzt des Onkologischen Schwerpunktes der Lungenfachklinik Grosshansdorf und Beisitzer im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (AIO).

DGHO und AIO plädieren für eine stärker patientenzentrierte Nutzenbewertung neuer Arzneimittel mit höherer Gewichtung von Endpunkten wie Überlebenszeit gegenüber potenziellen, reversiblen Nebenwirkungen. In der Praxis ist es ureigene ärztliche Aufgabe gemeinsam mit dem Patienten die Abwägung von individuell erzieltem Erfolg und individuell auftretender Toxizität kontinuierlich im Behandlungsverlauf neu zu bewerten. Auch plädieren wir für einen Fokus auf Patientengruppen mit ungedecktem, medizinischem Bedarf. Bei Vorliegen überzeugender Daten zum Ansprechen und zur Verträglichkeit sollte ein befristeter Zusatznutzen ausgesprochen werden. Unabhängige Register können helfen, den Zusatznutzen in der Versorgungsrealität zu quantifizieren. Durch die G-BA Festlegung „Zusatznutzen nicht belegt“ werden Patienten und verordnende Ärzte verunsichert mit dem Risiko, dass ein wirksames Präparat gar nicht eingesetzt wird.

Quelle: DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. sowie Arbeitsgemeinschaft internistische Onkologie (AIO) der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.

Stammzellforschung – Von der Krebsursache zum medizinischen Fortschritt

Zum nunmehr sechsten mal richtet das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) vom 18. bis 20. September 2016 das Internationale Heinrich F.C. Behr-Symposium aus, dass alle zwei Jahre stattfindet. Rund 400 Experten aus aller Welt tauschen sich aus, um über Stammzellen, Krebs und Krebsstammzellen zu berichten und zu diskutieren.

Bauchspeicheldrüsenkrebs_Stammzellen_DKFZ

“…Wir sind davon überzeugt, dass dieses Forschungsgebiet die Behandlung von Krebspatienten in Zukunft entscheidend beeinflussen und verbessern wird”, sagt Michael Boutros, der kommissarische Wissenschaftliche Vorstand des DKFZ. “Das zeigen allein schon einige der Ergebnisse, die auf dem diesjährigen Symposium vorgestellt werden.” “Die Krebsstammzellforschung ist in der Medizin angekommen”, freut sich Andreas Trumpp vom DKFZ und von HI-STEM, dem “Heidelberger Institut für Stammzellforschung und experimentelle Medizin, das das DKFZ mit der Dietmar Hopp Stiftung gegründet hat. “Die Aufklärung der Tricks der Krebsstammzellen liefert uns wertvolle Ideen für die Therapie, die wir nun beginnen umzusetzen. Und mit 3D-Kulturen von Tumoren können wir das Tumorgeschehen in der Petrischale nachahmen und gleichzeitig Strategien für die Behandlung entwickeln.”

Erblich bedingten Brustkrebs

Von der Stammzellforschung zur Brustkrebs-Prävention – das ist das Ziel von Jane Visvader vom Walter and Eliza Hall Institute in Melbourne, Australien. 2006 ist es ihr als erster gelungen, die Brustdrüsen-Stammzellen zu identifizieren. Nun hat sie herausgefunden, wie genetische Veränderungen bestimmte Tochterzellen dieser Stammzellen zu einer besonders gefährlichen Form von Brustkrebs entarten lassen, und wie man diesen Prozess mit einem Medikament verhindern kann. Dies könnte die Prävention von erblich bedingtem Brustkrebs erheblich verbessern, als Alternative zur bisher oft vorgenommenen Radikaloperation.

Bauchspeicheldrüsenkrebs

Andreas Trumpp berichtet darüber, wie verschiedene Krebsstammzellen unterschiedliche Typen von Bauchspeicheldrüsenkrebs hervorrufen. Auf der Basis dieser Forschung fand er heraus, warum einer der Subtypen von Bauchspeicheldrüsenkrebs so besonders resistent gegen Chemotherapien ist und wie sich hieraus ein neuer Ansatz ergeben könnte, um wirksamere Therapien zu entwickeln.

Organoide zum besseren Verständnis für Organentwicklung und Krankheitsentstehung

Ein besonders spannendes Thema der aktuellen Stammzellforschung sind so genannte Organoide, in der Kulturschale aus Stammzellen gezüchtete organähnliche Strukturen. Für die Grundlagenforschung haben sie großes Potential, um beispielsweise zu verstehen, wie sich Organe entwickeln oder wie Krankheiten entstehen. In der medizinischen Forschung verspricht man sich Fortschritte bei der Entwicklung von Organersatz, sie gelten außerdem als ideal, um neue Wirkstoffe zu erproben.

Gehirn in der Kulturschale

Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien stellt das besonders aufsehenerregende und hochkomplexe menschliche “Gehirn in der Kulturschale” vor, das tatsächlich aus verschiedenen gehirntypischen Strukturen aufgebaut ist und aktive Nervenzellen enthält.

Organoide aus patienteneigenen Krebszellen zur zielgerichteten Therapie

Dem niederländischen Stammzellforscher Hans Clevers vom Hubrecht Institut für Entwicklungsbiologie und Stammzellforschung in Utrecht ist es erstmals gelungen, Organoide aus patienteneigenen Krebszellen zu züchten. An diesen Gewebestrukturen können die Wissenschaftler und Ärzte prüfen, welche zielgerichteten Medikamente oder Medikamentenkombinationen am wirksamsten sind und so die Therapie vorab an den individuellen Tumor anpassen.

 

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ),  Internationale Heinrich F.C. Behr-Symposium, 18. bis 20. September 2016

Brustkrebs Metastasierung – Protein Endosialin als möglichen Biomarker identifiziert

Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum haben gemeinsam mit Londoner Kollegen entdeckt, dass das Protein Endosialin eine Schlüsselrolle bei der Metastasierung von Brustkrebs spielt. Produzieren bestimmte Zellen der Blutgefäßwand viel Endosialin, so können Brustkrebszellen leichter in die Blutbahn eindringen und sich so im Körper ausbreiten. Die Forscher sehen in Endosialin einen potentiellen Biomarker, um das Risiko für die Metastasierung einzuschätzen. Wirkstoffe gegen Endosialin könnten möglicherweise sogar die Metastasierung aufhalten.
Brustkrebs Metastasierung_Wie Blutkrebszellen die Ausbreitung von Brustkrebs fördern
Wenn Brustkrebs in andere Gewebe des Körpers streut, sinken die Chancen auf Heilung rapide. Metastasen, die Tumorabsiedlungen, sind die Hauptursache für die knapp 18.000 jährlichen Brustkrebs-Todesfälle in Deutschland – der primäre Krebsherd ist selten tödlich.

Weil sie auf die Versorgung mit Nährstoffen angewiesen sind, locken Tumoren Blutgefäße aktiv an. Außerdem nutzen Krebszellen die Blutgefäße, um sich im Körper zu verbreiten. Eine Gruppe von Forschern um Hellmut Augustin vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg hat nun gemeinsam mit Kollegen um Clare Isacke vom Institute of Cancer Research in London untersucht, wie die Blutgefäße die Krebsausbreitung aktiv unterstützten. Eine zentrale Rolle spielen dabei die so genannten Perizyten, Zellen, die das Äußere der Gefäße bedecken.

Den Forschern war aufgefallen, dass Perizyten große Mengen des Membranproteins Endosialin produzieren. Um eine mögliche Rolle dieses Moleküls bei der Ausbreitung von Krebszellen zu prüfen, verglichen sie Mäuse, die aufgrund eines Gendefekts kein Endosialin produzieren konnten, mit normalen Tieren.

Während Endosialin für das Wachstum der primären Brusttumoren keine Rolle spielte, fördert es stark deren Metastasierung. Offenbar erleichtert es Endosialin den Tumorzellen, mit den Gefäßzellen in Kontakt zu treten und so in die Blutbahnen einzudringen. Das konnten die Wissenschaftler an Experimenten mit Tumorzellen und Blutgefäßzellen in der Kulturschale direkt mitverfolgen.

Um herauszufinden, ob sich auch bei Brustkrebspatientinnen ein Zusammenhang zwischen Endosialin und der Ausbreitung der Erkrankung beobachten lässt, untersuchte das Forscherteam Tumor-Gewebeproben von 334 Patientinnen. Beim Abgleich mit den klinischen Verläufen stellten die Wissenschaftler fest: Je höher die Endosialin-Spiegel in den Tumor-Blutgefäßen war, desto stärker hatte der Krebs gestreut. Auch die Überlebenszeit stand im Zusammenhang mit der Menge des von den Perizyten produzierten Endosialins.

“Wir wissen noch nicht, warum und wann Perizyten plötzlich damit beginnen, große Mengen Endosialin zu produzieren. Und wir wissen auch noch nicht, wie das Molekül den Krebszellen tatsächlich dabei hilft, die Blutgefäße zu entern. Das werden die kommenden Schritte unserer Forschung sein”, sagt Courtney König, die Erstautorin der Arbeit.

Studienleiter Hellmut Augustin ergänzt: “Es lohnt sich zu prüfen, ob sich Endosialin als Biomarker eignet, der das Risiko der Metastasierung anzeigt: Wird in der Tumorgewebeprobe einer Brustkrebspatientin viel Endosialin gefunden, so könnte das bedeuten, dass der Tumor bereits gestreut hat. Darüber hinaus werden zukünftige Arbeiten zeigen, ob ein Wirkstoff gegen Endosialin die Metastasierung bremsen kann.”

Literaturhinweise:
Carmen Viski, Courtney König, Magdalena Kijewska, Carolin Mogler, Clare M. Isacke, and Hellmut G. Augustin: Endosialin-expressing Pericytes Promote Metastatic Dissemination.
Cancer research 2016, DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-16-0932

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

Blasenkrebs: Strahlentherapie als Alternative zur Radikaloperation beim muskelinvasiven Blasenkrebs

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Eine Strahlentherapie ist bei Patienten mit einem muskelinvasiven Blasenkrebs eine Alternative zur kompletten operativen Entfernung der Harnblase. Dadurch bleiben Patienten die Folgen einer Radikaloperation wie beispielsweise ein künstlicher Harnausgang erspart. Eine organerhaltende Operation in Kombination mit einer Radiochemotherapie wird jetzt auch von der führenden amerikanischen Krebsgesellschaft (ASCO) empfohlen, die damit einer Leitlinie europäischer Urologen folgt. Die schonende Therapie komme hierzulande noch viel zu selten zum Einsatz, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) im Juni 2016.

In Deutschland erkranken jährlich knapp 16 000 Menschen an Blasenkrebs. Bei drei Vierteln der Patienten beschränkt sich der Tumor auf die Schleimhaut. Diese Frühfälle haben gute Heilungsaussichten, denn diese Tumoren können fast immer durch eine Operation über die Harnröhre, eine transurethrale Resektion, entfernt werden. Dabei wird der Tumor mithilfe einer Elektroschlinge abgetragen. Ist der Tumor größer und bereits in die Blasenwand eingedrungen, ist die gängige Behandlung hingegen wesentlich invasiver: In der Regel entfernen die Ärzte die gesamte Blase, was die Lebensqualität der Patienten deutlich beeinträchtigt – denn es müssen dann entweder eine Ersatzblase oder ein künstlicher Harnausgang angelegt werden. „Blasenkrebs gehört zu den strahlenempfindlichen Tumoren, sodass ein Verzicht auf eine Radikaloperation möglich ist“, sagt Professor Dr. med Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Kiel und Mitglied im DEGRO-Vorstand. „Diese alternative Möglichkeit, den Tumor organerhaltend zu operieren und dann zu bestrahlen, wird in Deutschland leider noch viel zu selten genutzt“, ergänzt Professor Dunst. Er vermutet, dass Ärzte und Patienten unbegründete Ängste gegenüber der Strahlentherapie haben.

Organerhaltende Operationen sind bei anderen Krebserkrankungen wie etwa bei Brustkrebs, Kehlkopfkrebs oder Prostatakrebs seit Längerem üblich. Professor Dunst ist überzeugt, dass die organerhaltende Behandlung in Kombination mit Bestrahlung auch beim Blasenkrebs gleich gute Ergebnisse erzielt wie die radikale Operation. „Zwar sind beide Verfahren bisher nicht in sogenannten randomisierten Studien direkt miteinander verglichen worden. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass die Radikaloperation besser sein könnte“, so der Experte. Um die Strahlenwirkung bei großen Tumoren zu verbessern, kombinieren die Ärzte die Behandlung mit einer schwachen Chemotherapie. Professor Dunst: „Bei der Radiochemotherapie wird dazu meistens am Beginn und am Ende der Bestrahlung für einige Tage ein Medikament per Infusion verabreicht.“ Der DEGRO-Experte ist überzeugt, dass durch diese Behandlung auf eine Radikaloperation verzichtet werden kann.

Dieser Tage hat die American Society of Clinical Oncology (ASCO) die Empfehlungen der European Association of Urology übernommen und dabei ausdrücklich die organerhaltende Behandlung als eine wichtige Möglichkeit hervorgehoben, über die Patienten als Alternative zur Radikaloperation mit Blasenverlust informiert werden sollten, berichtet Professor Dr. med. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim. „Die American Society of Clinical Oncology ist weltweit die einflussreichste Krebsgesellschaft, und wir hoffen, dass deren Empfehlungen auch die Ärzte in Deutschland überzeugt“, sagt DEGRO-Pressesprecher Wenz. „Durch die Kombination von organerhaltender Operation plus Radiochemotherapie können drei von vier Patienten ihre eigene Blase mit normaler Blasenfunktion behalten“, so Professor Wenz.

Die moderne Strahlentherapie ist sehr schonend und effektiv. Sie dauert bei Blasenkrebs etwa sechs Wochen. Es wird jeden Tag an allen Werktagen bestrahlt. Pro Tag dauert eine Bestrahlungssitzung etwa zehn Minuten. Die Therapie ist ambulant möglich. In der Klinik werden die Patienten in der Regel nur behandelt, wenn sie gleichzeitig eine Chemotherapie erhalten.

Auch die Verträglichkeit der Strahlentherapie ist heutzutage sehr gut. Gegen Ende der Therapie treten zwar oft vorübergehende leichte Blasen- und Darmreizungen auf. „Schwerwiegende Komplikationen sind aber selten“, versichert Professor Dunst: „Deshalb ist die Strahlentherapie gerade auch bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko die beste Therapie.“

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO)

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