Brustkrebs bei Männern – Neues Selbsthilfenetzwerk hilft Betroffenen

Krebsmagazin – Ausgabe November 2010
Prof. Dr. Bernhard Wörmann,  Leitlinienbeauftragter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, Onkologe, Bremen

„Egal, wohin wir uns nach der Diagnose Brustkrebs wenden, wir Männer sind mit dieser Krankheit eigentlich nie am richtigen Ort“ – das ist die bittere Erkenntnis von Peter J., bei dem vor drei Jahren Brustkrebs diagnostiziert wurde. Er wandte sich an die Frauenselbsthilfe nach Krebs (FSH), die ein bundesweites Netzwerk für Männer mit Brustkrebs initiiert und dabei von der Deutschen Krebshilfe unterstützt wird. „Zurzeit gibt es keine Selbsthilfeorganisation, die sich dieser Patientengruppe annimmt“, erläutert Brigitte Overbeck-Schulte, Bundesvorsitzende der FSH. Aber gerade Männer befänden sich nach der Diagnose Brustkrebs häufig in einer psychologisch äußerst schwierigen Situation. Die Tatsache, dass sie von einer typischen Frauenkrankheit betroffen seien, die zudem die Gefahr einer genetischen Veranlagung in sich berge und somit eventuell auch Familienangehörige beträfe, bedeute eine zusätzliche enorme psychische Belastung. „Hier sind die Angebote der Selbsthilfe – psychosoziale Unterstützung und der Erfahrungsaustausch mit Gleichbetroffenen – sehr wichtig“, so Overbeck-Schulte. Prinzipiell sind die Heilungschancen von Männern mit Brustkrebs nicht schlechter als die der betroffenen Frauen. Doch die Sterberate bei Männern ist in den vergangenen 25 Jahren im Gegensatz zu der bei Frauen nicht gesunken. Grund dafür: Brustkrebs wird bei Männern häufig zu spät entdeckt, da es kein Früherkennungsprogramm gibt, viele Betroffene aus Scham die Symptome einer Brusterkrankung nicht wahrhaben wollen und die zuständigen Fachärzte – in der Regel Gynäkologen – nicht ihre Ansprechpartner sind. Ist die Diagnose dann gestellt, haben Männer deutlich mehr Probleme als Frauen. „Der Wissensstand bezieht sich auf Studien mit sehr geringer Fallzahl, wie das bei seltenen Erkrankungen häufig der Fall ist“, erklärt Professor Dr. Bernhard Wörmann, zuständig für Leitlinien bei der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie und onkologisch tätig in einer Schwerpunktpraxis in Bremen. Diagnostik und Therapie lehnen sich daher in vielen Aspekten an die Erkenntnisse zur Behandlung von Brustkrebs bei Frauen. Es gibt jedoch relevante Unterschiede im biologischen Verhalten der Tumoren, die bei der Betreuung von Männern zu berücksichtigen sind.“

Brustkrebs bei Männern – Was ist anders?
Der Brustkrebs des Mannes weist einige Besonderheiten auf, die ihn vom Brustkrebs der Frau unterscheiden. So spielt die erbliche Komponente eine wesentlich größere Rolle als bei Frauen, bei denen nur 3 bis 5 Prozent eine Vorbelastung haben. Bei den Männern gibt es vor allem zwei Risikogruppen:

• BRCA2 Mutationen:
Sie machen etwa 10 Prozent der Männer mit Brustkrebs aus. In den betroffenen Familien erkranken Männer und Frauen.

• Klinefelter Syndrom:
Die meisten dieser Männer haben ein zusätzliches X Chromosom und einen veränderten Hormonhaushalt. Das Risiko für Brustkrebs ist 20- bis 50-fach höher als bei anderen Männern. Auch der Brustkrebs selbst zeigt eine Reihe von Unterschieden. Für die Behandlung besonders wichtig ist, dass fast alle Krebszellen beim Brustkrebs der Männer Hormonrezeptoren für Östrogen haben. Dagegen ist ein weiterer Rezeptor, HER2, bei weniger als 10 Prozent der Patienten nachweisbar. Gen- Analysen haben zudem über 1.000 Unterschiede gegenüber dem Brustkrebs der Frauen entdeckt.

Wie wird Brustkrebs bei Männern behandelt?
Die Behandlung erfolgt multimodal und risikorientiert. Multimodal bedeutet, dass die fünf wirksamen Behandlungsmethoden kombiniert werden: Operation, Bestrahlung, Hormontherapie, Chemotherapie, Antikörpertherapie. Jedes dieser Behandlungsprinzipien hat seinen eigenen Stellenwert – aber auch seine eigenen Nebenwirkungen. Vor allem die Hormontherapie ist für die Männer sehr belastend. Aber auch die Chemotherapie muss sorgfältig ausgewählt werden, da viele der Patienten altersbedingt weitere Krankheiten haben. Risikoadaptiert bedeutet, dass sich die Intensität der Behandlung nach dem Rückfallrisiko richtet. Bei Patienten mit einem sehr kleinen Tumor ohne Hinweise auf Metastasen ist möglicherweise eine Operation mit oder ohne anschließender Hormontherapie ausreichend, während bei Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Tumor mit Lymphknotenmetastasen neben der Operation auch die Bestrahlung, die Hormontherapie und die Chemotherapie empfohlen werden. Neben der medizinischen Versorgung spielt bei dieser Patientengruppe auch die psychosoziale Betreuung eine wichtige Rolle, da Männer sich nach der Diagnose häufig in einer psychologisch äußerst schwierigen Situation befinden. Angebote der Selbsthilfe sind hier zur Unterstützung der Betroffenen hilfreich und wichtig, damit die Patienten in die Lage versetzt werden, aktiv ihren Gesundungsprozess mitzugestalten.

Prognose
Die Prognose ist stadienabhängig. Nach den Daten des SEER Register der USA haben Männer mit Brustkrebs im Stadium I ein Rückfallrisiko innerhalb von 10 Jahren von etwa 7 Prozent während es im Stadium III bei über 50 Prozent liegt.

Leitlinien
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie hat eine ärztliche Leitlinie für die Betreuung von Männern mit Brustkrebs erarbeitet, www.dgho.de/onkopedia. Eine patientengerechte Version dieser Leitlinie ist seit Oktober 2010 unter www.dgho.de/informationen/ leitlinien/mein-onkopedia veröffentlicht.

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