Fortschritte in der Therapie von Knochenmetastasen

Prof. Dr. Lüftner, Dr. Overkamp, Prof. Dr. Diel

Krebsmagazin – Ausgabe
Februar 2012

Skelettbezogene Komplikationen mit gravierenden Folgen

Bei Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen verursachen Knochenmetastasen häufig schwerwiegende Komplikationen, die in ihrer Gesamtheit als SRE bezeichnet werden. Die klinischen Symptome dieser SRE zeigen sich in pathologischen Frakturen, starken Schmerzen, sowie Rückenmarkskompressionen, die auch bis zur Querschnittslähmung führen können. Oft sind Bestrahlungen, aufwändige Operationen und medikamentöse Therapien nötig.  „Zudem bedeuten die Knochenkomplikationen für die Betroffenen starke Schmerzen bis hin zum Mobilitätsverlust, was häufig mit erheblichen Einbußen der Lebensqualität einhergeht – sowohl für den Patienten selbst als auch für das familiäre Umfeld“, betonte Lüftner. Bei Patienten mit Knochenmetastasen und SRE besteht somit ein großer Bedarf für eine effektive

Häufigkeit von Knochenmetastasen
Krebsart: Häufigkeit in %
Brustkrebs 65-75
Prostatakrebs 65-75
Lungenkrebs 30-40
Harnblasenkrebs 40
Melanom 14-15
Nierenkrebs 20-25
Schilddrüsenkrebs 60
*Quelle: Coleman RE. CancerTreatRev. 2001;27:165-176.

Supportivtherapie. Denosumab: Mehr Lebensqualität für Patienten – zusätzliche 8,2 Monate länger ohne SRE. Mit Denosumab wurde ein neues und wirksames Mittel zur Behandlung zugelassen, das exakt auf die Bedürfnisse von Patienten mit Knochenmetastasen und SRE abgestimmt ist. Die Marktzulassung von DENOSUMAB beruht auf drei Head-to-Head Studien der Phase 3 mit insgesamt mehr als 5.700 Patienten, in denen die Wirksamkeit von Denosumab (120 mg q4w) gegenüber Zoledronsäure hinsichtlich der Verzögerung von SRE untersucht wurde. Eine integrierte Analyse aus den drei Zulassungsstudien belegt die

Überlegenheit des neuen Wirkansatzes bei mehr als 50 soliden Tumoren. „SRE traten in den Studien unter Denosumab nicht nur später, sondern insgesamt auch seltener auf: So war das Risiko eines ersten oder nachfolgenden SRE unter Denosumab um 18% im Vergleich zu Zoledronsäure verringert“, betonte Diel. Die Wirkung von Denosumab zeigte sich in den Studien konsistent über alle SRE-Typen und solide Tumoren hinweg. Fast zwei Monate verzögerte Schmerzprogression mit DENOSUMAB SRE haben für die Patienten meist erhebliche Schmerzen zur Folge. Auch hier bringt eine Denosumab -Behandlung entscheidende Vorteile, wie die integrierte Analyse zeigte: „Für die Betroffenen, die durch die starken Schmerzen in der Regel einen gravierenden Einschnitt in die Lebensqualität erfahren, bedeutet das eine enorme Erleichterung“, so Overkamp. In Folge der besseren Schmerzreduktion und -palliation mussten bei einer Therapie mit Denosumab auch weniger Patienten von geringeren Analgetika- Dosen auf starke Opioide umgestellt werden.

Niedrige „Number Needed to Treat“ belegt ärztlichen Therapieerfolg.
Der gute Therapieerfolg von Denosumab zeigt sich zudem durch die so genannte „Number Needed to Treat“ oder „NNT“. Sie beschreibt, wie viele Patienten mit Denosumab im Vergleich zu Zoledronsäure behandelt werden müssen, um ein zusätzliches SRE (erste und folgende) zu verhindern. Häufig erfolgt dieser Vergleich gegen Placebo, im Fall von Denosumab wurde gegen die bisherige Standardtherapie verglichen. Für Denosumab ergibt sich eine „Number needed to Treat“, die bei Patienten mit Prostatakarzinom bei 5 lag, bei anderen soliden Tumoren bei 6,5 und bei Mammakarzinom-Patienten bei 7. Das bedeutet, dass der Nutzen von Denosumab schon bei der Behandlung relativ weniger Patienten zum Tragen kommt.

Günstiges Verträglichkeitsprofil und praktische Anwendung.
Auch für den behandelnden Arzt und die Patienten hat Denosumab noch weitere Vorteile: „Akute-Phase-Reaktionen traten unter Denosumab im Vergleich zu Zoledronsäure um 57% weniger auf“, erläuterte Overkamp. Der Antikörper wird alle 4 Wochen in einer Dosis von 120 mg durch die subkutane Anwendung rasch und einfach verabreicht. Denosumab wird nicht über die Niere ausgeschieden, daher kann auf eine Dosisanpassung bei verminderter Nierenfunktion verzichtet werden. Denosumab stellt damit eine maßgebliche Erleichterung für Arzt und Patient dar. Insgesamt betrachtet war die Anzahl unerwünschter sowie schwerwiegender unerwünschter Ereignisse in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar. Kieferosteonekrosen (ONJ) traten insgesamt in niedriger Inzidenz (1-2% der Patienten) und mit keinem statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Studienarmen auf. Unter Denosumab wurde häufiger eine Hypokalzämie beobachtet, die aber nicht symptomatisch oder mit klinischen Folgen verbunden war. Gesamtüberleben und die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung waren in den Behandlungsgruppen in allen drei Studien vergleichbar. „Denosumab wird dementsprechend als gut verträglich bewertet und bietet zudem den Vorteil einer einfacheren subkutanen Anwendung im Gegensatz zur intravenösen Gabe von Zoledronsäure“, schloss Overkamp die Bewertung ab.

Positive Studienergebnisse zur Prävention von Knochenmetastasen mit Denosumab.
Ergebnisse von weiteren noch laufenden Studien belegen, dass das Potential von Denosumab mit 120 mg im onkologischen Bereich noch lange nicht ausgeschöpft scheint. So zeigt die Phase 3-Studie „147“, dass das knochenmetastasenfreie Überleben bei Männern mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom, das sich noch nicht auf den Knochen ausgebreitet hat, um 4,2 Monate verlängert werden konnte. Zudem ist eine Phase 3-Studie in der Rekrutierungsphase, bei der es um eine adjuvante Behandlung bei Frauen mit frühem Hochrisiko-Mammakarzinom geht.

Prof. Dr. Diana Lüftner, Klinik für Onkologie und Hämatologie, Charité Campus Mitte, Universitätsmedizin Berlin, Humboldt-Universität;
Prof. Dr. Ingo Diel, Vorsitzender der Deutschen Osteoonkologischen Gesellschaft und Leiter der Schwerpunktpraxis für gynäkologische Onkologie in Mannheim;
Dr. Friedrich Overkamp, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), Onkologische Schwerpunktpraxis in Recklinghausen.

„Wir gehen davon aus, dass dieser Wirkstoff noch einiges an Potenzial bietet“, fassten Diel und Overkamp in einem gemeinsamen Ausblick zusammen. „Zusätzliche Studien werden die weiteren Möglichkeiten von Denosumab im onkologischen Bereich aufzeigen“, so die Experten.

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