Therapie & Forsch.   
 Darmkrebs
Größere Heilungschancen bei besserer Lebensqualität

Darmkrebserkrankungen nehmen aus unbekannten Gründen immer weiter zu. Jedes Jahr werden allein in Deutschland über 66.000 Menschen mit dieser Diagnose konfrontiert. Zwar kann bei 70 % der Patienten eine potenziell heilende Operation durchgeführt werden; rund die Hälfte der Patienten erleidet jedoch einen Rückfall. Das Rückfallrisiko kann jedoch verringert werden, wenn die Patienten direkt im Anschluss an die Operation eine Chemotherapie erhalten. Mit dieser so genannten adjuvanten Chemotherapie können eventuell noch im Körper vorhandene Krebszellen vernichtet werden.

Informierte Patienten haben bessere Chancen

Obwohl die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten die adjuvante Chemotherapie empfehlen, erhalten längst nicht alle Patienten diese Behandlung. Darum ist es für den Heilungsprozess wichtig, dass sich Betroffene über ihre Erkrankung und deren Behandlungsmöglichkeiten eingehend informieren. Zunächst sollten sie sich erkundigen, wo genau der Tumor sitzt – ob im Enddarm oder in vorderen Darmabschnitten. Die Erkrankung wird zudem in Stadien und Bösartigkeit eingeteilt und auf das Vorhandensein von Metastasen überprüft.

Vor allem die verschiedenen Krankheitsstadien sind entscheidend für die Wahl der Therapie. In den Stadien I und II ist der Tumor noch auf die Darmschleimhaut, die Darmmuskulatur oder direkt benachbartes Gewebe begrenzt. Die Prognose ist in diesen Stadien sehr gut. Im Stadium III sind bereits Lymphknoten befallen. Wenn Fernmetastasen vorhanden sind, spricht man vom Stadium IV.

Steht die Diagnose fest, ist ein Krankenhausaufenthalt unumgänglich, da die Operation bei der Behandlung von Darmkrebs nach wie vor die Schlüsselrolle spielt. Das Ziel des Eingriffs ist möglichst die komplette Entfernung des Tumors. Durch neue operative Techniken konnte die Rückfallquote in den vergangenen Jahren bereits deutlich gesenkt werden. Die Operation hat jedoch, unabhängig von der Qualität des Eingriffs, keinen Einfluss auf die Entstehung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) in anderen Organen. Deshalb müssen Patienten spätestens ab dem Stadium III, wenn der Tumor bereits die Muskulatur der Darmwand und auch benachbartes Gewebe sowie Lymphknoten erfasst hat, eine adjuvante Chemotherapie erhalten. So kann verhindert werden, dass der Tumor Metastasen in den Körper streut.

Als Therapie der Wahl galt hier lange Zeit eine intravenös verabreichte Chemotherapie mit den Wirkstoffen 5-Fluorouracil und Folinsäure (5-FU/FS). Mit Capecitabin hat nun kürzlich eine Chemotherapie in Tablettenform die Zulassung in Europa erhalten und kann nun zur adjuvanten Therapie von Patienten mit Darmkrebs im Stadium III nach der Operation eingesetzt werden.

Deutlicher Überlebensvorteil bei milderen Nebenwirkungen

Die Ergebnisse einer großen, weltweit durchgeführten Studie ergeben, dass die Tablette besser wirksam und besser verträglich ist als die intravenöse Chemotherapie. Die Studiendaten belegen, dass das Rückfallrisiko unter Gabe von Capecitabin im Vergleich zur intravenösen Chemotherapie mit 5-FU/FS reduziert wird.

Durch Capecitabin fallen die für eine Chemotherapie üblichen Nebenwirkungen wie Durchfall, Übelkeit und/oder Erbrechen deutlich milder aus als bei der intravenösen Form der Chemotherapie. Das liegt daran, dass die Tablette ihre volle Wirksamkeit erst in den Krebszellen entfaltet. Eine häufiger auftretende Nebenwirkung ist das Hand-Fuß-Syndrom.

Mehr Lebensqualität durch Chemotherapie in Tablettenform

Die orale Gabe von Capecitabin bringt auch mehr Lebensqualität für die Betroffenen. Patienten können die Therapie zu Hause durchführen. Das Krankenhaus bzw. die Praxis müssen sie unter einer Therapie mit Capecitabin im Durchschnitt nur achtmal gegenüber 30 Konsultationen unter einer intravenösen Chemotherapie mit 5-FU/FS aufsuchen. Das bedeutet, dass sie ihr Berufsleben, den Urlaub, Alltag und die Freizeit freier planen können.

Capecitabin wirkt wie ein trojanisches Pferd

Im Gegensatz zur bisher üblichen Infusion wirkt die Chemotherapie mit Capecitabin stärker "tumorselektiv", d. h. sie wirkt wie ein trojanisches Pferd. Als Vorform von 5-FU wird das Medikament durch ein Enzym aktiviert, das in Krebszellen in höherer Konzentration vorhanden ist als in gesunden Körperzellen. Dadurch wird eine größere Menge 5-FU genau dort erzeugt, wo es benötigt wird – in den Krebszellen. Gesunde Zellen werden eher geschont. Ähnlich wie die Griechen, die sich in einem hölzernen Pferd versteckten und Troja von Innen heraus angriffen, entfaltet Capecitabin seine volle Wirksamkeit erst in den Tumorzellen und bekämpft so wirksam deren Wachstum.