Schwerpunkt: Brustkrebs   
 Rehabilitation bei Brustkrebs

Akzeptanz einer onkologischen Rehabilitationsmaßnahme
Obwohl die Möglichkeit einer Anschlussheilbehandlung nach akut-medizinischer Tumortherapie grundsätzlich jeder Patientin offen steht, wird diese unterschiedlich häufig genutzt. Nach einer Tumorbehandlung ist die Akzeptanz eher niedrig,
wobei Brustkrebspatientinnen die Möglichkeit einer Anschluss-
heilbehandlung häufiger nutzen als Patienten mit anderen Tumorerkrankungen.


Rehabilitation nach Operation

Als Folge der Brustkrebsoperation können sich verschiedene Funktionseinschränkungen unterschiedlicher Ausprägung einstellen. Die Entfernung von Lymphknoten aus der Achselhöhle kann zu einer Einschränkung des Rückflusses von Lymphe aus dem betreffenden Arm führen, so dass sich ein Lymphödem ausbilden kann. Ein Lymphödem wird durch manuelle Lymphdrainagen behandelt. Bei einem leicht ausgeprägten Lymphödem sind Lymphdrainagen alleine meist ausreichend, um die eingelagerte Lymphflüssigkeit aus dem Arm zu mobilisieren und einer Ablagerung von Eiweißpartikeln im Gewebe, die ein Lymphödem chronifizieren, entgegenzuwirken. Stärker ausgeprägte Lymphödeme erfordern eine ausgeprägtere Behandlung mit intensiven manuellen Lymphdrainagen und anschließender Bandagierung und Strumpfversorgung. Durch Narbenzug kann die Beweglichkeit im betroffenen Schultergelenk eingeschränkt sein. Insbesondere bei größeren Brüsten kann sich der Verlust der Symmetrie auf die Haltemuskulatur auswirken, so dass muskuläre Dysbalancen entstehen können. Diese werden auch durch eine postoperativ eingenommene Schonhaltung gefördert. Als weitere Operationsfolge kann ein Taubheitsgefühl vorliegen, das auf die Verletzung sensibler Nerven zurückzuführen ist. Häufig ist dieses Taubheitsgefühl axillär und an der Innenseite des Oberarmes vorhanden. Die Auswirkungen der Operation führen sehr oft zu deutlichen Verspannungen der Schulter-Nacken-Muskulatur, die sich durch eine spezielle Massagetechnik (Marnitz-Massage) in der Regel wirksam behandeln lassen.

Therapie im Schwimmbad
Im Rahmen einer Schultergymnastik, die auf die speziellen Probleme nach axillärer Lymphknotenentfernung ausgerichtet ist,
lernen die Patientinnen einerseits Übungen um die Beweglichkeit der Schultergelenke zu verbessern bzw. zu erhalten, andererseits werden Übungen vermittelt, die durch Aktivierung der Muskelpumpe den Rückfluss der venösen und lymphatischen Flüssigkeit unterstützen. Sowohl aus kosmetischen Gründen als auch zur Verringerung der muskulären Dysbalancen durch operativ entstandene Asymmetrie kann eine Brustaufbauoperation genutzt werden, für die es unterschiedliche Verfahren gibt. Im Rahmen der Rehabilitation wird über die verschiedenen Methoden zum Brustaufbau informiert.

Bei Patientinnen nach erfolgtem Brustaufbau können hingegen eventuell vorhandene Probleme oder Funktionseinschränkungen behandelt werden:

Implantate können ein Spannungsgefühl verursachen, das man durch gymnastische Dehntechniken behandelt. Lappenplastiken haben mitunter größere Narben zur Folge die sich auf die Symmetrie des Haltungsapparates auswirken können.
Durch krankengymnastische Übungen können Fehlhaltungen, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen gezielt und effektiv vorgebeugt werden oder bereits vorhandene behandelt werden.

Rehabilitation nach Bestrahlung

Nach einer brusterhaltenden Operation ist eine anschließende Bestrahlung der Restbrust vorgesehen, um das Risiko eines Lokalrezidivs zu senken. Nach Entfernung der gesamten Brust ist die Bestrahlung nicht in jedem Fall angezeigt, sondern nur bei bestimmten Risikokonstellationen. Meist stellt sich in unterschiedlichem Ausmaß eine Strahlendermatitis ein, das heißt eine entzündliche Reaktion der im Bestrahlungsfeld gelegenen Haut. Als Folge tritt eine unterschiedlich starke Rötung bzw. Dunkelverfärbung der Haut verbunden mit Überwärmung und Austrocknung der Haut, auf. Teilweise schilfert die Haut ab, selten kommt es zu Blasenbildung. In den meisten Fällen lässt sich jedoch die Strahlendermatitis gut und schnell mit geeigneten Pflegelotionen behandeln. Die Bestrahlung kann auch allgemeine Beeinträchtigungen zur Folge haben, die unter dem Begriff radiogenes Erschöpfungssyndrom zusammengefasst werden können. Abgeschlagenheit, Müdigkeit und eine leichte Erschöpfbarkeit können sich einstellen. Gezielte Bewegungstherapien können die Dauer dieser Erschöpfungszustände reduzieren.

Rehabilitation nach Chemotherapie

Bei der Chemotherapie ist, je nach Substanz mit unterschiedlich starken Nebenwirkungen zu rechnen. Unmittelbare Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Durchfälle, Blutbildveränderungen etc. , erfordern ggf. eine Begleitmedikation, die diese Nebenwirkungen abmildern. Chemotherapien haben aber auch häufig protrahierte Beeinträchtigungen zur Folge. Haarausfall muss bei den meisten Therapieregimen, die heute in der Behandlung des Brustkrebses Standard sind, in Kauf genommen werden. Diese Zeit kann durch Tragen einer Perücke überbrückt werden. Als Folge der Chemotherapie kann sich eine länger anhaltende Anämie einstellen, die Mitursache für eine nicht selten auftretende tiefgreifende Erschöpfung ist.

Aber auch unabhängig von Anämien können Erschöpfungssyndrome auftreten, die auch als Fatigue-Syndrom bezeichnet werden. Das Fatigue-Syndrom gilt als eine der am weitesten verbreiteten tumortherapiebedingten Beeinträchtigungen, insbesondere nach Chemotherapie und Bestrahlung. Chemotherapien können zu protrahierten Gelenksbeschwerden führen. Nicht selten treten diese erst nach Ende der Chemotherapie auf. Betroffen sind häufig die Hand- und Fingergelenke mit Steifigkeit und Bewegungsschmerz, aber auch Beschwerden in den Hüft- und Kniegelenken sind durchaus typisch. Chemotherapien führen in den meisten Fällen zur Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit und der Merkfähigkeit. Die Ausprägung dieser Beeinträchtigungen ist individuell sehr variabel. Eine weitere Nebenwirkung, die oft erst verzögert auftritt, oft sogar erst nach Beendigung der Chemotherapie, ist die Polyneuropathie, die typischerweise bei bestimmten Substanzen auftritt, wie z. B. nach Verwendung von Taxanen, die in der Therapie des Mammakarzinoms immer häufiger eingesetzt werden. Betroffen sind meist die Nerven der Füße und Hände. Beeinträchtigungen zeigen sich in Form von Taubheitsgefühl und Missempfindungen. Es können aber auch muskuläre Schwächen bei Befall der motorischen Nerven resultieren.

Rehabilitation bei antihormoneller Therapie

Bei positivem Hormonrezeptorstatus wird eine antihormonelle Behandlung durchgeführt. Standard ist die Behandlung mit dem Hormonrezeptorantagonisten Tamoxifen. Unter bestimmten Vorraussetzungen werden Substanzen eingesetzt, die die Östrogenbildung blockieren (Aromatasehemmer). Sehr häufig resultieren aus der antihormonellen Behandlung klimakterische Beschwerden mit Hitzewallungen und Schweißausbrüchen unterschiedlicher Ausprägung. Gelegentlich kommt es auch zu depressiven Verstimmungen, die bei starker Ausprägung einen Substanzwechsel erforderlich machen können. Klimakterische Beschwerden können teilweise durch pflanzliche Präparate abgemildert werden.

Therapie während der Rehabilitation

Beim Fatigue-Syndrom werden bewegungstherapeutische und gruppenkrankengymnastische Anwendungen eingesetzt, mit denen eine stufenweise Steigerung der Belastbarkeit erreicht werden kann. Gelenkbeschwerden lassen sich ebenfalls durch Krankengymnastik positiv beeinflussen, wobei Wasseranwendungen
in der Regel sehr effektiv sind. Insbesondere die Kombination verschiedener krankengymnastischer - und bewegungstherapeutischer Ansätze führt zu einem deutlichen Therapieeffekt. Zur Besserung von Konzentrationsdefiziten und Gedächtnisstörungen stehen spezielle Computer programme zur Verfügung, mit denen individuell im Rahmen eines Hirnleistungstrainings gearbeitet werden kann und die meist als sehr effektiv empfunden werden. Eine Polyneuropathie bessert sich schneller durch Stimulationstherapien der betroffenen Nerven. Die Nervenregeneration wird beschleunigt durch Reizstromstimulationen, thermische Stimulationen im Wechselbad sowie taktile Stimulationen im Rahmen einer physiotherapeutischen Sensibilitätsgymnastik. Eine wesentliche therapeutische Rolle spielen natürlich ergotherapeutische Behandlungen zur Verbesserung der Sensibilität und der feinmotorischen Funktionen.

Psychoonkologie in der Rehabilitation bei Mammakarzinom

Mit der Diagnose "Brustkrebs" finden sich die Patientinnen vor einer völlig neuen Situation, die gekennzeichnet ist durch eine massive Verunsicherung und Ängste angesichts der Erkrankung. Die bisherige Zukunftsplanung wird oftmals völlig in Frage gestellt und die Patientinnen belastet die Unsicherheit, wie es im privaten und gegebenenfalls auch beruflichen Bereich weitergehen soll.

Die Konfrontation mit einer Tumordiagnose ist ein Schockerlebnis, das in vielen Fällen fachlich-kompetente Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung erfordert. Die psychoonkologische Unterstützung im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme hat das Ziel, die Autonomie, das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl zu stärken und den Patientinnen im Umgang mit Ängsten Strategien zu vermitteln und ihnen mehr Sicherheit für ein adäquates Verhalten im sozialen Umfeld zu geben. Die Patientinnen werden in der Verarbeitung emotionaler Belastungen unterstützt. Wichtig ist oft Hilfestellung dahingehend, abgewehrte oder vermiedene Gefühle wahrnehmen und ausdrücken können. Die Patientinnen erfahren, dass Gefühle, die zugelassen werden, auch wieder vergehen. Im Umgang mit Ängsten werden die Patientinnen ermutigt über diese Ängste zu sprechen. Sie erfahren Unterstützung bei der Mobilisierung persönlicher Ressourcen und Stärken. Sehr starke psychische Belastungen können durch die Veränderungen des Körperbildes entstehen. Die körperlichen Veränderungen können Libidoverlust und Schamgefühle induzieren mit Beeinträchtigungen der Sexualität und Belastung der Partnerschaft. Die psychologische Unterstützung kann helfen, Veränderungen des Körperbildes anzunehmen, Schamgefühle abzubauen und das Selbstwertgefühl wieder zu steigern. Gegebenenfalls kann eine psychologische Beratung auch unter Einbeziehung des Partners als Paarberatung durchgeführt werden.

Rehabilitationsergebnis

In verschiedenen Studien wurde die Effektivität der onkologischen Rehabilitation bei Mammakarzinom evaluiert. Die Patientinnen profitieren eindeutig von einer onkologischen Rehabilitationsmaßnahme. Diese bewirkt: eine Besserung der physischen Parameter, eine Besserung der psychosozialen Parameter und der Lebensqualitätsparameter, eine Besserung der sozialmedizinischen Parameter und einen anhaltenden Effekt über die Rehabilitation hinaus.