| Archiv |     Ausgabe 03/2002

Körper & Seele   
  Privatdozent Dr. med. Ulrich M. Carl, Diakoniekrankenhaus, Rotenburg/Wümme
Buchbesprechung "Krebs und Sexualität"

Zu Beginn der Krebserkrankung ist die Sexualität für Betroffene und ihre Partner eher von untergeordneter Bedeutung. Am Ende der Krebstherapie tauchen jedoch bei vielen Paaren wichtige Fragen und mögliche Probleme auf, für deren Beantwortung Offenheit sowie einfühlsame Gespräche zwischen Arzt, Betroffenen und möglicherweise einem Therapeuten erforderlich sind.

Häufig führt das Wohlgemeinte aber Unaus-
gesprochene jedoch zu Problemen zwischen Mann und Frau.
Ein Mann, der nach einer Brustkrebsoperation seiner Frau aufgrund der Schwere des Eingriffs und der Rücksichtnahme in Bezug auf das Eintreten von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sie vielleicht schonen will, kann bei seiner Partnerin den Eindruck erwecken, nun sexuell unattraktiv geworden zu sein.

Gleiches gilt für Patienten und ihre Partner nach einer Operation bei Darmkrebs (bei Anlage eines künstlichen Darmausganges = Stoma) oder Prostatakrebs. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen: Sexualität ist ein wichtiges Thema!

Auch werden Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit durch eine belastende Therapie und z.T. verstümmelnde Operationen verstärkt. Haarverlust nach Chemotherapie wird nur selten unproblematisch toleriert und auch die länger dauernde Strahlentherapie verhindert, ein normales Leben zu führen. Dies kann per se schon einen negativen Einfluss auf die Sexualität, Sexualverhalten und Begehrlichkeit nehmen. Hormon-Antihormon Therapien können das Sexualleben von Patienten beeinflussen, Libido sowie Sexualfunktion gestört werden.

Buchtitel Dieses Buch der Autoren Zettl und Hartlapp wurde auf 216 Seiten interessant illustriert. Es ist 2002 in der 2. Auflage im Weingärtner Verlag (Berlin) erschienen und kostet € 12,68. ISBN: 3-9804810-5-0
Es muss weiterhin unterschieden werden, ob der Tumor primär die Sexualorgane befallen hat oder nur in der Nähe der Sexualorgane liegt. Bei ersterem ist von schwereren Störungen auszugehen, die wie bei letzterem zusätzlich von therapiebedingten Störungen begleitet sein können.
Das symbolkräftige weibliche Mammakarzinom soll hier nur in soweit betrachtet werden, als dass es Aufgabe des Therapeuten ist, die betroffenen Frauen möglichst rasch wieder in einen normalen Lebensrhythmus zurückzuführen. Dazu gehört auch, dass Patientinnen ermuntert werden sollten, sich über sportliche Betätigung zu stabilisieren. Dazu gehören selbstverständlich auch Sauna- und evtl. auch Solarienbesuche.

Viele Fragen zur Sexualität mag der Patient in Gesprächen nicht formulieren. Erstaunlich ist, dass viele Patienten das Gesprächsangebot des Arztes regelmäßig aufgreifen. Dabei spielt das Patientenalter durchweg keine Rolle. Vieles wird am besten im Gespräch geklärt, das jedoch leicht den Rahmen der normalen Sprechstunde sprengt. So bietet das Buch von Zettl und Hartlapp beides, die Ergänzung des Gespräches, aber es bietet auch zurückhaltenden Patienten die Möglichkeit, sich mit Informationen zum Thema Krebs und Sexualität auseinander zu setzen. Sehr gefühlvoll wird auf verständliche Weise die Thematik bearbeitet. Die Problematik wird geordnet nach Tumorlokalisation unter verschiedenen Aspekten dargestellt. Weiterhin wird der Patient über medikamentöse und technische Hilfen aufgeklärt. Der Anhang weist Anschriften von Beratungsstellen aus. Eine Liste weiterführender Literatur rundet das Angebot ab. Das Buch sollte zur Pflichtlektüre der Tumortherapeuten gehören. Es ist in ersten Linie für betroffene Patienten und ihre Angehörigen bestimmt.
Die Autoren
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