| Archiv |     Ausgabe 03/2002

Therapie & Forsch.   
 
Prof. Dr. med H.-J. Biersack - Universitätsklinikum Bonn
Die Bedeutung der Positronen -Emissions-Tomographie (PET) für die onkologische Diagnostik

Seit etwa 80 Jahren ist bekannt, dass bösartige Tumoren auf Grund ihres schnellen Wachstums und dem damit verbundenen erhöhten Stoffwechsel auch einen gesteigerten Zuckerbedarf haben.
Dieser Zucker (Glukose) dient zur Deckung des Energieverbrauchs.

Als Radiodiagnostikum bei der PET wird daher ein spezieller, radioaktiv markierter Zucker (Fluor-18 Deoxyglucose) eingesetzt, um Tumoren auf Grund ihres erhöhten Zuckerstoffwechsels nachzuweisen.



Untersuchungsablauf

Da ein "Zuckerhunger" des Tumors Voraussetzung für eine ausreichende Glukoseaufnahme notwendig ist, muss die Untersuchung nach etwa 12-stündigem Fasten durchgeführt werden. Dann erfolgt die Injektion des radioaktiven Testpräparates. Nach einer Anreicherungszeit von etwa 40 Minuten können die Aufnahmen begonnen werden. In der onkologischen Diagnostik wird in der Regel eine Ganzkörperuntersuchung zumindest vom Becken bis zum Kopf erforderlich. Bei bestimmten Tumoren (Hautkrebs) kann auch die Untersuchung der Beine mit entsprechend längerer Untersuchungsdauer notwendig werden. Die Untersuchungszeit für eine Ganzkörperaufnahme erfordert etwa 45 - 60 Minuten. Bei Untersuchungen des Beckens (urologische und gynäkologischen Tumoren, Darmkrebs) wird vielfach die Gabe eines harntreibenden Medikaments erforderlich, um den Harntrakt frei zu spülen. Auch ist häufig das Legen eines Blasenkatheters notwendig, um entsprechende Radioaktivität zu entfernen. Fehldiagnosen ergeben sich manchmal auch durch Radioaktivitätsanreicherungen im Stuhl; insbesondere nach endoskopischen Untersuchungen des Darms kommt es infolge einer Reizung der Darmschleimhaut zu Aktivitätsanreicherungen. so dass die Untersuchung frühestens 1 Woche nach einer solchen Untersuchung durchzuführen ist.

Häufigste Ursache für eine Fehldiagnose sind entzündliche Erkrankungen, da auch hier auf Grund des erhöhten Stoffwechsels eine erhöhte Zuckeraufnahme beobachtet wird. Gerade in solchen Fällen ist eine Zusammenschau aller Befunde notwendig, um im Dialog mit den zuweisenden Ärzten solche entzündlichen Veränderung auszuschließen. Trotz aller Bemühungen gelingt jedoch manchmal eine Unterscheidung entzündlicher Veränderungen von einem bösartigem Tumor nicht.
Eine weitere Ursache von Fehldiagnosen kann eine vorausgegangene Chemotherapie sein: In solchen Fällen ist häufig eine Aktivierung des Knochenmarks zu beobachten. Die daraus resultierende erhöhte Radioaktivitätsaufnahme im Skelettsystem darf nicht mit einem Tumorbefall verwechselt werden.


Untersuchungsbefunde

Bösartige Tumoren sind - wie oben erwähnt - durch eine erhöhte Radioaktivitätsaufnahme gekennzeichnet. Mit Hilfe der Ganzkörpertechnik gelingt es, durch die PET nicht nur den Primärtumor, sondern auch seine Metastasen zu erfassen. Die PET ist somit ein orientierendes Verfahren, um alle Tumorlokalisationen bildlich darzustellen. Eine nähere Einordnung ist dann ggf. durch Computer-Tomographie (CT) oder Magnet-Resonanz Tomographie (MRT) bzw. Ultraschall möglich. Zudem führt die Fülle der Informationen einer solchen Untersuchung dazu, dass diskret ausgeprägte krankhafte Befunde zunächst übersehen werden. Die PET dient daher auch dazu, verdächtige Regionen einzugrenzen und damit die Diagnostik mit anderen bildgebenden Verfahren zu präzisieren. Die Diagnostik bösartig veränderter Lymphknoten beruht bei Einsatz von CT , MRT und Ultraschall darauf, dass beispielsweise Vergrößerungen des Lymphknotens erfasst werden. In normal großen Lymphknoten kann daher mit diesem Verfahren ein malignes Wachstum nicht ausgeschlossen werden. Somit bedeutet der Nachweis eines vergrößerten Lymphknotens "Krebsverdacht", während der normal große Lymphknoten als unauffällig angesehen wird.

PET-Bild
Krebszellen sichtbar gemacht Im PET-Bild wird der Tumorbefall (dunkel) linke Achsel sowie der Leber deutlich.
Demgegenüber erlaubt die PET über den vermehrten Zuckerstoffwechsel auch den Nachweis von bösartigem Gewebe in normal großen Lymphknoten, während auf der anderen Seite verdächtige, vergrößerte Lymphknoten bei negativem Befund der PET als gutartig eingestuft werden. Im Hinblick auf die Wahl des therapeutischen Vorgehens ist die PET daher von erheblicher Bedeutung: Lässt sich lediglich im Bereich des Primärtumors ein pathologischer Befund erheben und ein bösartiges Geschehen in Lymphknoten oder anderen Organen ausschließen, so bietet sich in erster Linie ein operatives Vorgehen an. Bei Nachweis von Lokal- oder Fernmetastasen müssen dann natürlich weitere Verfahren wie Strahlentherapie und Chemotherapie eingesetzt werden. Natürlich können die genannten Verfahren unabhängig vom Nachweis von Metastasen vielfach auch eingesetzt werden, um ein Wiederaufkeimen des Tumors zu verhindern, da natürlich Mikrometastasen mit keinem bildgebenden Verfahren nachzuweisen sind.

Bestrahlungsplanung

Bei vielen Tumoren, bei denen eine Strahlentherapie vorgesehen ist, muss eine genaue Eingrenzung des Bestrahlungsfeldes vorgenommen werden. Gerade bei Lungentumoren ist zu vermeiden, dass zuviel gesundes Gewebe im Rahmen dieser Therapie geschädigt wird. Die PET erlaubt es nun, sekundäre Veränderungen vom eigentlichen Tumorgeschehen abzugrenzen. Mit dem Verfahren ist es daher möglich, ein Bestrahlungsfeld so eng wie möglich zu bestimmen.


Verlaufskontrolle

Nach der Behandlung eines Tumors ist natürlich Kontrolle in engen Abständen erforderlich. Hier werden meistens Tumormarker, Sonographie und das Thorax Röntgenbild eingesetzt. Wenn nun ein Tumormarkeranstieg zu beobachten ist, so muss eine Lokalisierung der Metastasen erfolgen.


Ergebnisse der PET

Je nach Tumorart erlaubt die PET den Nachweis der Primärgeschwulst und ihrer Metastasen mit über 90 % iger Sicherheit. Vergleichende Studien mit CT und MR sowie Sonographie haben gezeigt, dass die besten Resultate durch eine Kombination mehrerer Verfahren zu erzielen sind. Die PET dient insgesamt der näheren Eingrenzung eines Krankheitsgeschehens, wobei dann je nach Bedarf noch weitere bildgebende Verfahren einzusetzen sind. Einen hohen Stellenwert hat die PET heute beim malignen Melanom, bei Lymphomen, bei Kopf Hals-Tumoren und beim Darmkrebs. Die Differentialdiagnose des Lungenrundherdes (Lungenkrebs) lässt sich mit der PET in 90 - 95 % stellen, beim Nachweis eines Befalls im Mittelfell ist die PET der CT überlegen. Das Verfahren erlaubt es daher, auf unnötige operative Eingriffe zu verzichten.

Fazit

Die PET stellt ein unbelastendes Verfahren dar, welches es in einem Arbeitsgang erlaubt, Krebsgeschwüre im gesamten Körper aufzuspüren. Eine weitere Abklärung der Befunde muss dann ggf. durch andere bildgebende Verfahren erfolgen. Die Strahlenbelastung liegt im Bereich der natürlich vorkommenden Strahlung. Die Treffsicherheit liegt je nach Tumorart über 90 %. Leider wird die Untersuchung derzeit im ambulanten Bereich von der gesetzlichen Krankenversicherung ganz überwiegend nicht vergütet. Allerdings stehen Budgets für den stationären Aufenthalt sowie auch für prä- und poststationäre Untersuchungen zur Verfügung.