Schwerpunkt: Anschluss-Rehamaßnahmen   
 Nachsorge bei Patienten nach Chemotherapie

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 350.000 Menschen neu an unterschiedlichen bösartigen Erkrankungen. Doch Dank der erheblichen Fortschritte der letzten Jahrzehnte auf den Gebieten der Chirurgie, der Strahlen- und der Chemotherapie, gelingt es heute, etwa 40% bis 50% der neu diagnostizierten Erkrankungen in langfristige Remissionen oder gar Heilungen zu überführen. Dadurch leben in Deutschland mehrere Millionen Menschen mit oder nach Krebs. Diese Remissionen oder Heilungen werden vom Patienten zu einem hohen Preis erkämpft.

Die allermeisten empfinden diese Behandlungen als sehr belastend. Krebs bedeutet Schmerz, Leid. Menschen werden aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen, und nicht zuletzt bedeutet Krebs auch Tod und die damit verbundenen Ängste. Patienten stellen nach überwundener und abgeschlossener Behandlung immer die bange Frage, wie sie nun ihr Leben gestalten sollen.

Die häufigste Antwort der Ärzte in dieser Situation lautet: "Leben Sie wie bisher !!!". Dies ist die schlimmste und schlechteste Antwort in einer solchen Situation. Denn so wie ich bisher lebte, habe ich ja Krebs bekommen! Es muss sich also an meinem Leben etwas ändern, damit mich das Schicksal nicht erneut trifft und dieser bittere Kelch mir fern bleibt. Ich, als Patient, habe Sorgen und möchte diese Sorgen teilen. Wer denn sonst als mein vertrauter Arzt könnte mir besser helfen, diese Sorgen oder Nachsorge zu tragen? Nach erfolgter Behandlung gibt es, mit wenigen Ausnahmen, keine Hinweise, dass durch straff, streng und blind erfolgten Routine-Untersuchungen mittels Röntgen, Blutuntersuchungen oder andere man einen Einfluss auf das Gesamtüberleben von Menschen hat, die eine Krebsbehandlung erlitten haben und entsprechend behandelt wurden. Das Mittragen und führen eines Nachsorgepasses belastet oft den Patienten und hat auf Krankheitsverläufe keinen Einfluss. Es macht also in der Regel wenig Sinn in kurzfristigen Abständen blind nach Tumormarkern oder Blutveränderungen zu jagen sowie Menschen einer Strahlenbelastung durch Röntgen auszusetzen. Viel wichtiger in der Nachsorge ist die Anteilnahme und die Fürsorge. Die einzige zuverlässige Information erreicht man durch den regelmäßigen Kontakt mit dem vertrauten Arzt, der anhand der erläuterten Angaben des Patienten die eine oder andere sinnvoll ergänzende Untersuchung veranlassen wird. Die wichtigere Frage der Nachsorge ist eher die der Rückkehr zu einem normalen Leben. Wie lerne ich mit meiner Krebsgeschichte zu leben, in der Familie, in meinem Beruf, in meinem Kulturkreis? Welche Möglichkeiten und Hilfen kann ich in Anspruch nehmen?

In einer solchen Situation muss man auf die herausragende Bedeutung einer professionellen Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation hinweisen. Physikalische Therapien wie Bewegung, Hydro- und Thermotherapien, Massageverfahren und Reflexzonenmassagen helfen, die ursprüngliche körperliche Leistungsfähigkeit wieder zu erlangen und können nur mit Hilfe entsprechender Anleitung durchgeführt werden. Kreativtherapien wie Maltherapie, Musik, Tanz und Ergotherapien erlauben es, die Sorgen zum Ausdruck zu bringen, um sie entsprechend zu bewältigen und aktiv die Gestaltung des eigenen Lebens wieder zu erlangen. Die erduldeten Therapien, insbesondere Chemotherapien, führen zu Appetit- und Geschmacksveränderungen, die eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten erfordern. Eine kalorienreiche Ernährung mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen sowie Vitaminen und Spurenelementen ist Bestandteil einer wohl verstandenen Nachsorge. Diese sollte reich an ungesättigten Fettsäuren sein. Frisches Obst und Gemüse sowie geringe Mengen an Alkohol gehören auch dazu. Der kulturelle und soziale Aspekt der Ernährung sollte mit berücksichtigt werden und in entsprechend festlichem Rahmen gepflegt werden. Diese Umstellungen sind wesentliche Aspekte der Nachsorge, da sie eine wichtige Rolle in der körperlichen, kulturellen und seelischen Anpassungen für die Patienten spielen, um ihren zukünftigen Lebensabschnitt neu zu gestalten. Psychoonkologische Techniken leisten dazu einen wichtigen Beitrag, indem sie sich dem kulturellen Hintergrund des Patienten anpassen. Diese Verfahren bestehen in der Regel aus Einzel- oder Gruppengespräch, aber auch Visualisation, Entspannung, Klangmeditation, Yoga, Qi-Gong, Tai-Chi und vielen anderen.

Der Patient in der Nachsorge erwartet zu Recht, dass die wissenschaftliche Medizin sich auf ihre humanistischen Leitvorstellungen besinnt. Das bedeutet mehr Herz, Gesinnung und auch Charakterbildung des Arztes, um ihn besser zu befähigen, das Einmalige in jedem Menschen wahrzunehmen. Keine Technik oder Leitlinie dieser Welt wird dies jemals ersetzen können.