Therapie & Forsch.   
 Chemotherapie in Tablettenform bei Brustkrebs

Brustkrebs ist mit ca. 25% die häufigste bösartige Erkrankung bei Frauen. An Brustkrebs erkrankt durchschnittlich jede neunte Frau. Die Behandlung wird in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung festgelegt. Die Säulen der Behandlung sind Operation, Strahlentherapie, Medikamente. Neben der primären Erkrankung kann es auch zum erneuten Auftreten von Brustkrebs in Form von Absiedlungen (Metastasen) kommen. Die lokale Erkrankung der Brust ist dann zur systemischen Erkrankung des ganzen Körpers geworden, eine Heilung in einem solchen Zustand ist leider nicht mehr möglich. Hormontherapien, Chemotherapien und monoklonale Antikörper können helfen, mit der Krankheit zu leben. Die Ansprechraten von Chemotherapien (Rückgang und Stabilisierung) liegen zwischen 20% bis 30%. Das bedeutet aber nicht, dass das Leben keinen Sinn mehr hat und nicht mehr lebenswert ist. Auch bei bereits mehrfach mit Chemotherapie vorbehandelten Patientinnen können ermutigende Ergebnisse erzielt werden. Die Ziele der Therapie haben sich dann geändert. Im Vordergrund steht hohe Lebensqualität bei möglichst geringen Nebenwirkungen. Weiterhin soll die Zeit ohne belastende Therapiemaßnahmen möglicht lang ausgedehnt werden. Was kann getan werden, um diese Therapieziele zu erreichen? Meist sind systemische Therapien notwendig. Konnte im Brustknoten oder in den Metastasen ein Vorliegen von Hormonrezeptoren nachgewiesen werden, ist eine sogenannte Hormontherapie möglich. Bei negativem Hormonrezeptorstatus oder aber bei einem schnell gewünschten Therapieeffekt durch ausgeprägte tumorbedingte Beschwerden bzw. bei Versagen einer solchen Hormontherapie ist eine systemische Chemotherapie notwendig. Diese kann als Infusionstherapie z.B. alle 3 Wochen oder wöchentlich gegeben werden. Darüber hinaus stehen Chemotherapiemedikamente zur Verfügung, die als Tabletten einzunehmen sind. Eine bewährte Substanz in der Behandlung des Brustkrebses ist hier u.a. das Capecitabin, das durch einen besonderen Wirkmechanismus erst im Körper und dort besonders im Tumorgewebe aktiviert wird.

Welche Vorteile hat die Patientin von einer solchen Therapie?

Da gibt es einige aufzuzählen. Die Umwandlung findet verstärkt im Tumorgewebe statt, was diese Therapie sehr zielgerichtet macht.

Das wiederholte Legen der Infusionsnadeln fällt weg. Und jeder mit "schlechten Venen" weiß, wie schwierig und belastend es manchmal ist, bis der Zugang zur Vene richtig und sicher liegt. Mehrfaches Punktieren ist häufig notwendig.

Die orale Capecitabin-Therapie wird zu Hause in der vertrauten Umgebung durchgeführt. Dazu werden über 14 Tage morgens und abends nach dem Essen die Tabletten eingenommen. Die Dosis wird individuell nach Größe und Körpergewicht berechnet. Nach den 2 Wochen Tabletteneinnahme erfolgt eine 7-tägige Pause.

Meist kann auf die wöchentlich übliche Blutbildkontrolle bei ordnungsgemäßen Blutwerten ganz verzichtet werden. Der Abstand für Laborkontrollen kann bis zu 3 Wochen gestreckt werden. Aber auch noch längere Abstände sind nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt möglich. Das macht längere Reisen wieder zu einem Lebensbestandteil.

Noch ein ganz großer Vorteil - die Haare bleiben!!! Ein richtiger Haarausfall, der eine Perücke notwendig macht, ist eine absolute Seltenheit.

Übelkeit und Erbrechen treten moderat auf. Und auch wenn es dazu kommt, stellt dies ein mit üblichen Maßnahmen beherrschbares Problem dar.

Einige Dinge muss man aber besonders beachten, da es sonst zu einer deutlichen Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens kommen kann. An erster Stelle steht eine ganz typische Nebenwirkung - das sogenannte Hand-Fuß-Syndrom. In einer milden nicht beeinträchtigenden Ausprägung kann man es bei fast jeder Patientin sehen. Am Anfang löst sich meist die Hornhaut an den Füßen, was oft positiv von den Patientinnen angesehen wird. Sollte es jedoch zu einer deutlichen Rötung/ Schwellung der Handflächen und Fußsohlen kommen, muss die Einnahme gestoppt und der behandelnde Arzt kontaktiert werden. Denn es können dann auch Blasen an Händen und Füßen entstehen.

Die zweite wichtige Nebenwirkung sind Durchfälle. Oft ändert sich der Stuhlgang nur geringfügig, was z.B. bei Patientinnen, die unter massiver Verstopfung leiden, eher positiv bemerkt wird. Aber auch hier treten - wenn auch selten - ausgeprägte Formen mit mehrmaligen dünnflüssigen Stühlen auf. In einem solchen Falle ist die Tabletteneinnahme sofort zu unterbrechen und der Arzt zu kontaktieren.

Ebenfalls eine substanztypische Nebenwirkung ist eine Entzündung im Bereich der Schleimhäute und besonders im Mund (Mukositis). Hierfür gelten auch die oben genannten Maßnahmen mit Unterbrechung der Tabletteneinnahme.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die Nebenwirkungen zu beherrschen. Das ist zum einen ein Einnahmestop in Form von Unterbrechung während der 14-tägigen Einnahme oder eine Verlängerung der einnahmefreien Zeit z.B. um 1 Woche und zum zweiten die individuelle Anpassung der Dosis. Jeder Mensch ist individuell in der Lage, das Medikament über enzymatische Vorgänge zu aktivieren. Diejenigen, die das besonders schnell können, haben dann schnell zu hohe Wirkspiegel und entwickeln Nebenwirkungen. Deshalb ist nicht die maximale sondern die optimal wirksame und verträgliche Dosis entscheidend.

Abschließend kann man festhalten, dass eine Chemotherapie in Tablettenform mit Capecitabin zu den wirksamsten Therapien in der Behandlung des metatasierten Mammacarzinoms gehört. Auch für Kombinationen mit anderen Chemotherapeutika ist Capecitabin gut geeignet. Neben diesem neuen Chemotherapeutikum stehen aber auch andere Substanzen und Kombinationen von Zytostatika zum oralen Einsatz bei Brustkrebs zur Verfügung, die, insbesondere beim wenig aggressiven Brustkrebs eingesetzt und in der Regel gut vertragen werden können. Sprechen Sie mit Ihrem Onkologen über diese Möglichkeiten.