Therapie & Forsch.   
 Strahlentherapie bei Brustkrebs
In welcher Situation muss wie behandelt werden

Die Behandlung des Mammakarzinoms hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Dies gilt sowohl für die Operation als auch für die Chemo- und Strahlentherapie. Erwiesen ist, dass eine brusterhaltende Behandlung mit anschließender Strahlentherapie einer Radikaloperation mit Entfernung der Brust bezüglich der Überlebenschance gleichwertig ist. Eine brusterhaltende Operation wird heute üblicherweise durchgeführt, wenn der Tumor kleiner als 4-5 cm ist in Abhängigkeit von der Größe der Brust und der Lokalisation des Tumors. In dieser Situation wird grundsätzlich eine anschließende Strahlentherapie durchgeführt (unabhängig von einer zusätzlichen Hormon- und/ oder Chemotherapie).

Die Bestrahlung selber erfolgt heute am besten an einem Linearbeschleuniger 3-D-konformal, was bedeutet, dass die Bestrahlungsplanung in drei Ebenen durchgeführt wird. Hierdurch kommt es zu einer besseren Schonung des gesunden Gewebes. Die Bestrahlungsdosis beträgt ca. 50 Gy und wird tagtäglich fraktioniert in Einzelportionen von 1,8 Gy bis 2 Gy homogen in die Restbrust eingestrahlt. Dies bedeutet eine Bestrahlungszeit von 5 bis 6 Wochen.

In manchen Fällen wird anschließend das Tumorbett, also der Bereich des ehemaligen Tumors, mit einer zusätzlichen Dosis aufgesättigt (Boost), und zwar in den Fällen, in denen der Tumor trotz Nachresektion nicht komplett entfernt werden konnte, wenn der Tumor besonders bösartig oder die operative Entfernung sehr eingeschränkt war. Auch bei jüngeren Patientinnen (unter 50 Jahren) soll nach neuesten Erkenntnissen eine höhere Dosis bessere Ergebnisse bringen.

Eine Mitbestrahlung der Achselhöhle ist nach heutigem Dafürhalten erforderlich, wenn keine ausreichende Anzahl von Lymphknoten (in der Regel 10) während der Operation entfernt wurde. Eine Ausnahme besteht im Falle einer sogenannten Sentinel-Lymphknoten-Operation, bei der durch einen erfahrenen Operateur lediglich der oder die "Wächter-Lymphknoten" entfernt wurden.

Ebenfalls mitbestrahlt wird die Achselhöhle, wenn ein ausgedehnterer Lymphknotenbefall vorliegt und / oder der Tumor in den Lymphknoten bereits durch die Kapsel in das umgebende Gewebe eingebrochen ist.

Linearbeschleuniger Moderner Linearbeschleuniger, der heute in der Strahlentherapie
am häufigsten eingesetzt wird.
Ob im Einzelfall eine Mitbestrahlung der Achselhöhle erforderlich ist, sollte im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz zwischen den beteiligten Ärzten diskutiert und mit der Patientin zusammen festgelegt werden.

Eine Mitbestrahlung der sogenannten parasternalen Lymphknoten, das sind die Lymphknoten innerhalb des Brustkorbs im Mittelfell auf der Seite der betroffenen Brust, erfolgt nicht regelmäßig. Dieser Bereich muss mitbestrahlt werden, wenn ein Lymphknotenbefall nachgewiesen ist.

Ansonsten ist die Indikation in dieser Region nicht eindeutig klar, da zu wenig und zum Teil widersprüchliche Ergebnisse aus den bisherigen klinischen Studien vorliegen.

Des Weiteren wird durch die Bestrahlung dieser Region ein Teil des Herzens notgedrungen mitbestrahlt, was insbesondere bei gleichzeitiger Gabe von bestimmten Chemotherapie-Substanzen zu einer erhöhten Nebenwirkungsrate führen kann. Dies wird zurzeit noch untersucht.

Bei fortgeschrittenen Tumoren muss auch heute noch in vielen Fällen die Brust entfernt werden.

Eine anschließende Bestrahlung erfolgt nur bei größeren Tumoren (5 cm Größe oder mehr) oder wenn der Tumor in Nachbarstrukturen der Brustdrüse, wie z. B. Haut- oder Brustwand eingewachsen ist.

Des Weiteren erfolgt auch nach radikaler Operation eine Nachbestrahlung, wenn in der Achselhöhle 4 oder mehr Lymphknoten vom Tumor befallen waren. Selbstverständlich muss auch bei kleinen Tumoren immer nachbestrahlt werden, wenn der Krebs nicht komplett entfernt werden konnte, in vielen Fällen wird auch nachbestrahlt, wenn der Tumor sich an mehreren Stellen in der Brust gleichzeitig gebildet hatte.

Die Technik der Strahlentherapie nach radikaler Operation entspricht derjenigen bei brusterhaltender Therapie.

Durch Nachbestrahlung bei Patientinnen, die brusterhaltend operiert wurden und bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren nach Radikaloperation wird das Risiko der erneuten Tumorentwicklung in der Restbrust oder im Bereich der Brustwand deutlich gesenkt und in vielen Fällen das Gesamtüberleben der Patientinnen verbessert. Wird auf die Nachbestrahlung nach konservativer Operation verzichtet, besteht eine Tumorneubildungswahrscheinlichkeit (Rezidivrate) von bis zu 40%. Durch die Strahlentherapie reduziert sich das Risiko auf 4% bis 9%.

Bei Patientinnen, die radikal operiert und anschließend nachbestrahlt wurden, findet sich eine mittlere Senkung des Rezidivrisikos von 26,3% auf 9,3%.