Therapie & Forsch.   
 Bisphosphonate zur Vorbeugung von Knochenmetastasen

Neue Studienergebnisse zeigen, dass das Bisphosphonat Clodronsäure bei Frauen mit Brustkrebs ohne Metastasen das Risiko für die Entstehung von Knochentochtergeschwülsten reduzieren kann. Der folgende Artikel soll einen Überblick über das allgemeine Wirkprinzip der Bisphosphonate, ihren Einsatz in der Tumortherapie und die aktuellen Studienergebnisse vermitteln.

Wirkmechanismus und Nebenwirkungen der Bisphosphonate

Bisphosphonate wurden ursprünglich als "Weichmacher" für das Wasser zur Verhinderung von Kalkablagerungen in Röhren entwickelt und untersucht. Das mit den Bisphosphonaten verwandte Pyrophosphat wird heute noch Zahnpasten zur Vermeidung von Zahnstein beigemischt. Seit etwa 30 Jahren werden die Substanzen in der Medizin genutzt. Insbesondere bei der Osteoporose (Knochenerweichung) und bei Knochenmetastasen entfalten Bisphosphonate ihre Wirksamkeit, indem sie den Knochen vor weiterer Zerstörung schützen. Die Wirkung besteht darin, dass Bisphosphonate nach Tabletteneinnahme oder Infusion an den Knochen angelagert werden. Knochenabbauende Zellen, Osteoklasten genannt, nehmen die Medikamente auf und werden nachhaltig in ihrer Aktivität gehemmt. Heute weiß man, dass der Wirkmechanismus durch Apoptose vermittelt wird, das heißt, die Bisphosphonate verursachen ein Absterben der Osteoklasten. Durch diese Wirkung wird das Skelett geschützt und damit die Komplikationen der Knochenzerstörung wie Knochenschmerzen und -brüche reduziert. Gleichzeitig wird die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren aus dem Knochen behindert, die wiederum einen stimulierenden Effekt auf das Tumorwachstum haben können. Durch die Verhinderung der Komplikationen von Knochenmetastasen verbessern diese Substanzen erheblich die Lebensqualität der betroffenen Patienten. Die Nebenwirkungen der Bisphosphonate sind, verglichen mit anderen Medikamenten, die in der Onkologie genutzt werden, außerordentlich gering. Gelegentlich gibt es etwas vermehrt Durchfälle und sehr selten Magenschmerzen. Bei der Infusion von Bisphosphonaten sind grippeähnliche Symptome mit Gelenkschmerzen bekannt und bei zu hoher Konzentration und zu schneller Infusion kann die Niere geschädigt werden. Auch kann es zu einer Verringerung des Blutcalciumspiegels kommen, so dass hier regelmäßige Kontrollen angezeigt sind.

Antitumorale Eigenschaften von Bisphosphonaten

Seit langem wird darüber diskutiert, ob Bisphosphonate auch einen direkten Effekt auf Tumorzellen besitzen. Und in der Tat gibt es zahlreiche Studien an Zellkulturen, die den zelltötenden Effekt auf bösartige Gewebe nachweisen können. Ob sich die dabei genutzten Dosierungen allerdings auf den Menschen übertragen lassen, steht völlig offen. Weitaus vielversprechender ist ein neuer Therapieansatz mit Bisphosphonaten, der zum Ziel hat, die Interaktion zwischen Tumorzelle und Knochen bzw. Knochenmark frühzeitig zu stören.
Seit vielen Jahren gibt es verschiedene Tiermodelle, in denen gezeigt werden konnte, dass eine experimentelle Herabregulierung des Knochenstoffwechsels mit Bisphosphonaten und anschließender Tumorzellinjektion zu einem reduzierten Auftreten späterer Knochenmetastasen führt. Umgekehrt führt eine Aktivierung des Knochenstoffwechsels zu vermehrter Metastasenbildung. Ein experimenteller Behandlungsansatz, der zum ersten Mal nicht das Ziel der direkten Bekämpfung der Tumorzelle sieht, sondern in der Verschlechterung der Wachstumsbedingungen im metastatischen Zielorgan.

Vorbeugung einer tumortherapieverursachten Knochenerweichung

Die tumortherapieverursachte Knochenerweichung ist eine typische Langzeitkomplikation der Behandlung des Brustkrebses, die der onkologisch tätige Arzt bei seiner Arbeit zu bedenken hat. Gekennzeichnet ist diese Folge der Tumortherapie durch einen Knochenmasseverlust mit daraus resultierend möglichen Knochenbrüchen. Da immer mehr Patientinnen mit Brustkrebs geheilt werden, viele auch schon im prämenopausalen Alter, also im Alter, wenn es noch zu Regelblutungen kommt, erkranken, ist die Vermeidung einer Knochenerweichung eine extrem wichtige Aufgabe für den Therapeuten. Ursachen der durch die Tumortherapie verursachten Knochenerweichung sind direkte Einflüsse der Chemotherapie auf den Knochen und auf das funktionelle Eierstockgewebe. Weitaus häufiger liegt die Ursache aber auch in der Verabreichung von so genannten Anti-Hormonen, deren Ziel die Hemmung der Hormonbildung ist. Studien, die den Gebrauch nach der Operation von Aromatasehemmstoffen (Substanzen, die die Umwandlung von Hormonvorstufen in das aktive Hormon hemmen) untersucht haben, zeigen klar und deutlich, dass die Effektivitätssteigerung durch eine Zunahme von Knochenbrüchen und Skelett-/Gelenkbeschwerden belastet ist. Die Kombination von diesen so genannten Anti-Hormonen mit Bisphosphonaten, die den Knochenmasseverlust verhindern können, bietet sich nicht nur an, sondern erscheint fast zwingend.

Bisphosphonate in der Onkologie sind zwar nachweislich wirksam gegen eine Knochenerweichung, haben aber keine Zulassung dafür. Es besteht derzeit noch ein großer Bedarf an Studien, um die Kombination einer Hormontherapie mit Bisphosphonaten zu erforschen. Da Bisphosphonate, ob in die Vene gespritzt oder in Tablettenform verabreicht, nur wenig Nebenwirkungen verursachen, sind sie bestens für den vorbeugenden Einsatz in der Onkologie geeignet, das betrifft sowohl den Einsatz zur Verhinderung von Knochenmetastasen als auch gegen die durch die Tumortherapie verursachte Knochenerweichung.

Metastasenverteilung  Metastasenverteilung
Schädel40%
Halswirbelsäule25%
Schlüsselbein/Schulterblatt10%
Oberarm15%
Rippen60%
Brustwirbelsäule70%
Lendenwirbelsäule70%
Becken70%
Oberschenkel45%