Schwerpunkt: Leukämien und Lymphome   
 Non-Hodgkin-Lymphome
Antikörpertherapie verlängert das Leben

Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland rund 15. 000 Menschen am Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) – Tendenz steigend. Dabei sind schätzungsweise 5. 000 vom schnell fortschreitenden aggressiven NHL betroffen. Unbehandelt führt es innerhalb weniger Monate zum Tod. Aber auch das langsam fortschreitende, indolente NHL verlief bisher nach acht bis zehn Jahren tödlich – auch wenn die Patienten mehrfach mit Chemotherapie behandelt wurden. Durch die Entwicklung eines vollkommen neuartigen Therapieansatzes zur Behandlung dieser Erkrankung kann inzwischen nicht nur das Leben vieler Patienten gerettet werden. Auch Alltag und Lebensqualität der Betroffenen werden spürbar verbessert.

Antikörpertherapie wirkt zielgenau Die Fortschritte bei der Ausarbeitung neuer Therapiekonzepte führte die Wissenschaftler zur Antikörpertherapie. Der im Labor hergestellte monoklonale Antikörper Rituximab ist der erste seiner Art, der sich ganz gezielt an Krebszellen anheften kann. Krebszellen tragen, ebenso wie gesunde Zellen, bestimmte Erkennungsmerkmale an ihrer Oberfläche (Antigene) .

Hierbei handelt es sich um Signale, gegen die das körpereigene Abwehrsystem gelenkt werden kann. In dem Fall schreiten die Abwehrzellen gegen die kranken Zellen ein. Krebszellen allerdings sind in der Lage, das Abwehrsystems des Körpers so zu täuschen, dass sie sich ungehindert im Körper weiter verbreiten können. Der Wirkstoff Rituximab, der den Patienten zusätzlich zur Chemotherapie verabreicht wird, kann dies verhindern. Indem er sich zielgerichtet an die Krebszellen bindet, markiert er sie und macht sie auf diese Weise für das Abwehrsystem erkennbar. Die Abwehrzellen des körpereigenen Immunsystems können die Tumorzellen nun gezielt angreifen und zerstören.

Klinische Studien belegen Wirksamkeit Bereits im Jahr 2003 wurden zwei große klinische Studien zur Behandlung von Patienten mit schleichend verlaufendem NHL veröffentlicht. Sie zeigten, dass die Antikörpertherapie die krankheitsfreie Zeit der Betroffenen erheblich verlängert. Das Ergebnis wurde durch eine dritte, Ende 2004 veröffentlichte Studie der Ostdeutschen Studiengruppe für Hämatologie und Onkologie (OSHO) , bestätigt. Ihr Ergebnis war beeindruckend: Bei der Hälfte aller Studienteilnehmer, die den Antikörper zusätzlich zur Chemotherapie erhielten, bildete sich der Tumor vollständig zurück. Zudem lebten diese Patienten länger ohne Krankheit als jene Patienten, die nur die klassische Chemotherapie erhalten hatten.
Antikörper Therapie

Die Wirksamkeit des Antikörpers bei der aggressiven Form der NHL ist für Betroffene über 60 Jahre seit mehreren Jahren bekannt.
Wie die Daten einer ebenfalls Ende 2004 präsentierten Studie belegen, bietet sie darüber hinaus jüngeren, also unter 60-jährigen Patienten den gleichen Nutzen: Zwei Jahre nach der Behandlung mit Rituximab zusätzlich zur Chemotherapie lebten noch 80 Prozent der Patienten ohne irgendwelche Krankheitszeichen – im Vergleich zu 61 Prozent der Patienten, die nur mit einer Chemotherapie behandelt worden waren.
Die Patienten können mit hoher Wahrscheinlichkeit als geheilt gelten, denn nach drei Jahren gelten Betroffene als geheilt. Diese positive Datenlage trug dazu bei, dass Rituximab in Kombination mit Chemotherapie bei Patienten mit aggressivem und indolentem NHL europaweit als Erstbehandlung für Lymphome zugelassen wurde. Aktuell hat der Antikörper nun ein weiterführendes Einsatzgebiet erschlossen, wie jetzt auf dem weltweit größten internationalen Krebsforschungs-Kongress in Orlando (USA) präsentierte Studiendaten bestätigen: Bekommen Patienten, bei denen die Krebserkrankung nach einer Anfangstherapie mit Rituximab plus Chemotherapie teilweise oder vollständig verschwunden ist, den Antikörper als so genannte Erhaltungstherapie, so verdoppelt sich ihre krankheitsfreie Zeit nahezu.

Ursache dafür ist, dass mit einer Erhaltungstherapie eventuell nach einer Anfangstherapie im Körper verbliebene Tumorzellen am Wachstum gehindert oder getötet werden können. Damit nimmt nicht nur die Lebensqualität der Lymphom-Patienten bedeutend zu – auch eine Rückkehr der Erkrankung wird unwahrscheinlicher. Basierend auf diesen Ergebnissen wird das Medikament nun in Kombination mit verschiedenen Chemotherapie geprüft. Auch die Anwendung beispielsweise bei der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) ist derzeit Gegenstand der Forschung. Es bleibt abzuwarten, ob der spezifische Wirkmechanismus von Rituximab auch hier die Erwartungen erfüllt.