Therapie & Forsch.   
 Der Wächterlymphknoten beim malignen Melanom

Das Melanom, der "schwarze Hautkrebs", ist ein bösartiger Tumor, der von den pigmentbildenden Zellen der Haut ausgeht. Das Melanom hat eine Häufigkeit von 14 Neuerkrankungen pro Jahr pro 100. 000 Einwohner in Mitteleuropa. Bemerkenswerterweise steigt jährliche Rate der Neuerkrankungen kontinuierlich an. Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass der sorglose Umgang der Menschen mit UV-Strahlen der Sonne und von Sonnenbanken dafür verantwortlich ist.

Für das Überleben des Patienten ist die Früherkennung von großer Bedeutung. In frühen Stadien ist der Tumor auf seinen Entstehungsort begrenzt und kann somit durch eine operative Entfernung mit Sicherheitsabstand gut behandelt werden. Liegen bereits Metastasen vor, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient an der Erkrankung stirbt, deutlich gesteigert. Im Falle einer Metastasierung sind für den Patienten sehr aufwendige und nebenwirkungsreiche Therapien, wie zum Beispiel die Chemotherapie notwendig. Es ist somit ausgesprochen wichtig für den Patienten zu erfahren, ob in seinem Fall bereits eine Metastasierung eingesetzt hat. Mit Hilfe von Röntgen und Ultraschalluntersuchungen können größere Metastasen gut entdeckt werden. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass diese Untersuchungen kleine Metastasen, so genannte Mikrometastasen, nicht erkennen.

Es ist bekannt, dass über 95% der Metastasen sich in den Lymphknoten manifestieren, welche das Gewebewasser, die so genannte Lymphe aus dem Tumorgebiet drainieren. Um genauere Kenntnisse zu erhalten, ob bereits Metastasen vorliegen und um etwaige Metastasen früh operativ zu entfernen, hat man bis vor wenigen Jahren sämtliche Lymphknoten des Abstromgebietes operativ entfernt. Lag zum Beispiel ein Melanom am linken Arm vor, so wurden alle Lymphknoten der linken Achselhöhle operativ entnommen und mikroskopisch aufgearbeitet. Diese Operation war für die Patienten stark belastend. Da bei einer solchen Operation oftmals über 20 Lymphknoten entfernt wurden, kam es in Folge oft zu Abflussstörungen des Gewebewassers im Arm, ein sogenanntes Lymphödem entstand, welches die Patienten stark beeinträchtigte.

Obwohl diese Operation nur bei Patienten durchgeführt wurde, die aufgrund der Eindringtiefe ihres Melanoms ein erhöhtes Metastasierungsrisiko aufwiesen, hat sich gezeigt, dass ein Großteil (80%) der Patienten keine Metastasen in den Lymphknoten hatten und somit nicht von dieser nebenwirkungsreichen Operation profitierten. Um dieses Dilemma zu beseitigen, wurde Mitte der 90er Jahre die selektive Entnahme des einen, für den Entstehungsort des Hauttumors repräsentativen Lymphknotens, des sogenannten Wächterlymphknotens (im Englischen Sentinel node) eingeführt.

Mikrometastasen eines Melanoms Mit Hilfe des Mikroskops lassen sich Mikro-metastasen eines Melanoms im Lymphknoten nachweisen. Hierzu wird eine immunhistologische Färbung mit Antikörpern gegen Zellbestandteile der Tumorzellen durchgeführt. Die Tumorzellen stellen sich rot da, die blauen Zellen entsprechen dem ortstypischen Lymphdrüsengewebe.
Für diese neue Methode macht man sich das Prinzip zunutze, dass die Lymphe aus dem Tumorgebiet über die Lymphbahnen zu einem speziellen Lymphknoten transportiert wird und dass Tumorzellen, die sich über die Lymphe ausbreiten, in eben diesem Lymphknoten hängen bleiben und Mikrometastasen bilden. Große Zentren, die sich wie unsere Klinik auf die Behandlung von Patienten mit Tumoren der Haut spezialisiert sind, haben in den vergangenen Jahren viel Erfahrung gesammelt den entscheidenden Wächterlymphknoten zu identifizieren und durch einen kleinen operativen Eingriff zu entnehmen.
Es hat sich bewährt eine radioaktive Substanz (99m-Technetium) in die Umgebung des Melanoms zu spritzen und dann mit einer speziellen Messsonde den Lymphknoten zu identifizieren, welcher die stärkste Anreicherung mit dieser Substanz aufweist. Dieser Lymphknoten wird dann durch einen kleinen Eingriff entfernt und detailliert mit dem Mikroskop untersucht. Für den Patienten ist es wichtig zu wissen, dass die radioaktive Markerlösung nur eine geringe Strahlenbelastung darstellt, welche nach kurzer Zeit erloschen ist. Derartige Substanzen werden schon seit vielen Jahren in anderen Bereichen der Medizin eingesetzt und haben sich als sehr nebenwirkungsarm herausgestellt. Die Operation selbst beschränkt sich ja auf die Entnahme nur eines Lymphknotens. Der Lymphabfluss kann anschließend über die verbliebenen Knoten erfolgen. Das gefürchtete Lymphödem entsteht nur in Ausnahmefällen.

Ebenso wie wir empfehlen auch die deutschen Leitlinien zur Therapie des Melanoms die Entnahme des Wächterlymphknotens bei Melanomen ab 1 mm Eindringtiefe. Interessanterweise wird in diesen Leitlinien ausdrücklich vermerkt, dass eine sichere Erkennung des Wächterlymphknotens und die sichere mikroskopische Untersuchung des Lymphknotens nur großen Zentren gelingt, welche eine ausreichende Erfahrung mit dieser Methode haben.

In modernen Kliniken arbeiten Dermatologen zusammen mit Chirurgen, Anästhesisten, internistische Onkologen, Dermatopathologen und Psychologen. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist eine optimale stadiengerechte Behandlung der Tumorpatienten gewährleistet. Dementsprechend führen wir seit mehr als 6 Jahren Operationen des Wächterlymphknotens durch. Wir haben diese Methode inzwischen bei mehr als 900 Patienten erfolgreich angewendet. Unserer Erfahrung nach ist die Wächterlymphknoten-Operation eine echte Bereicherung in der Behandlung von Melanompatienten.
Die Operation, die in der Regel in örtlicher Betäubung durchgeführt wird, ist sehr gut verträglich. Wir konnten in über 80% der Patienten einen gesunden Wächterlymphknoten nachweisen und somit den Patienten über die gute Prognose seiner Erkrankung aufklären. Eine aufwendige radikale Lymphknotenoperation konnte man so diesen Patienten ersparen. Auf der anderen Seite wurde bei einem Teil der Patienten eine Mikrometastase im Lymphknoten erkannt und konnte so frühzeitig entfernt werden. Entsprechend der Interdisziplinarität unserer Klinik konnten wir diesen Patienten eine stadiengerechte Therapie anbieten.
Hierzu gehört für uns nicht nur die operative Behandlung. Hinzu kommen Konzepte, die versuchen, durch immunstimulierende Maßnahmen das Auftreten von neuen Metastasen zu senken und auch eine Betreuung durch unseren Psychologen, der den Patienten hilft mit ihrer Erkrankung zu leben.