Schwerpunkt: Leukämien und Lymphome   
 Die Behandlung beim Morbus Hodgkin

Die Therapie des Morbus Hodgkin bzw. der Lymphogranulomatose hat in den letzten 25 Jahren erhebliche Veränderungen erfahren.
Dies gilt sowohl für die Strahlentherapie, die heute mit Linearbeschleunigern homogene Großfelder bestrahlen kann als auch für die Hämato-Onkologie, die durch Einbringen verschiedener Kombinations-Chemotherapien in das Gesamtbehandlungskonzept die Überlebensraten in den letzten Jahren haben ansteigen lassen. Dies gilt für alle Stadien der Behandlung, wobei sogar weit fortgeschrittene Tumorstadien heute Überlebensraten von bis zu 80% - 85% aufweisen (Abb. 1).
Auch die Nebenwirkungen der Behandlung haben sich im Vergleich zu früheren Jahren vermindert.

Die überwiegend jungen Patienten stellen sich meistens beim Hausarzt mit einer schmerzfreien Lymphknotenschwellung vor, die in den meisten Fällen im Bereich des Halses oder der Schlüsselbeingruben lokalisiert sind.

Je nach Befall der Lymphknotenstationen wird die Krankheit in 4 Stadien eingeteilt (Abb. 2) , wobei die meisten aller Patienten nach Diagnosestellung einer Kombination aus mehreren Chemotherapiezyklen und einer anschließenden Bestrahlung unterzogen werden.

Abb. 1:
Überlebenskurven bei Morbus Hodgkin

Überlebenskurven für die 3 Prognosegruppen des Morbus Hodgkin. Ergebnisse der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe für die günstige Prognosegruppe I, die intermediäre Gruppe II sowie die ungünstige Gruppe III

Abb. 2: Klinische Ausbreitungsstadien bei Morbus Hodgkin (Ann-Arbor-Klassifikation 1971)
Stadium Befall
I Eine Lympknotenregion oder ein lokalisierter extralymphatischer Herd
II Zwei oder mehr Lymphknotenregionen gleichseitig vom Zwerchfell
III Lymphknotenregionen beiderseits des Zwerchfells, Milzbefall oder lokalisierte extralymphatische Herde beidseits des Zwerchfells
IV Disseminierter Organbefall


Abbildung des frontalen Großfeldes einer Mantelbestrahlung Abb. 3: Frontales Großfeld einer sog. Mantelbestrahlung beim Morbus Hodgkin
Die in früheren Jahren in den Stadien
I – III durchgeführte alleinige Bestrahlung in ausgedehnter Form, wobei nicht nur die befallenen Lymphknotenregionen, sondern
auch die benachbarten in das Bestrahlungsfeld einbezogen wurden (Abb. 3+4) , wird heute in vielen Fällen durch eine Kombination aus mehreren Zyklen Chemotherapie und einer Bestrahlung mit eingeschränkter Dosis und Feldgröße ersetzt. Für die frühen und mittleren Stadien wird heute eine mäßig aggressive Chemotherapie angeboten und die anschließende konsolidierende Bestrahlung wird meist nur im Bereich der befallenen Lymphknotenregion behandelt. Die Dosis beträgt ca. 30 Gy und ist nicht übermäßig hoch (im Vergleich: kurative Strahlentherapie beim Prostatakarzinom -> 72 Gy).

Abbildung des Isodosenplans der Mantelbestrahlung Abb. 4:
Isodosenplan für selbige Mantelbestrahlung unter Aussparung von Teilen der Lunge

Durch die Kombination der Strahlentherapie mit vorheriger Chemotherapie werden höhere Tumorrückbildungsraten beschrieben sowie auch eine verminderte Akut- und Spätnebenwirkungsrate. Die Behandlungsfortschritte in den letzten Jahrzehnten wurden des Weiteren auch durch die Behandlungsform in Studien verbessert, wobei es Studien für Erwachsene und Studien für Kinder gibt. Ziel der Studien war und ist es, größere Patientenzahlen zu gewinnen, die risiko-adaptiert, zentral gesteuert und kontrolliert eine bestimmte Behandlung erhalten, wobei die Therapieresultate und auch die Nebenwirkungen erfasst werden. Herauszuheben ist, dass durch deutsche Forschungsarbeiten – unter Leitung von Prof. Dr. Volker Diehl bei Erwachsenen und Prof. Dr. Günther Schellong bei Kindern – die Ergebnisse in der Behandlung des Morbus Hodgkin auf internationalem Niveau verbessert wurden.
Die Studienprotokolle wurden über die Jahre so optimiert, dass heute insbesondere bei Kindern die Überlebensraten kaum noch gesteigert werden können, so dass man sich in den letzten Jahren vermehrt darum gekümmert hat, Spätnebenwirkungen zu minimieren. Durch die Verringerung der Strahlenfeldgröße und der Strahlendosen werden heute Nebenwirkungen wie Arrhythmien, Herzinfarkte, Herzgefäßverkalkungen, Herzentzündungen und Herzbeutelergüsse sowie Schädigungen der Lunge mit Entzündungen und Vernarbungen so gut wie nicht mehr gesehen. Therapieversager treten bei Patienten im Frühstadium äußerst selten auf, bei fortgeschrittenen Tumoren erscheinen die Rezidive innerhalb der ersten 5 Jahre nach Therapieabschluss und werden entweder mit Chemotherapie, mit Bestrahlung oder mit Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzellgabe behandelt.

Trotz aller Erfolge – gerade in der Behandlung der Lymphogranulomatose – muss darauf hingewiesen werden, dass auch heute noch bei den ja meist jungen Patienten nach jahrelangem tumorfreien Verlauf sich in einigen Fällen Zweittumoren bilden können wie z. B. Non-Hodgkin-Lymphome, akute Leukämien oder andere solide Tumore, die auf die initiale Behandlung mit Chemotherapie und / oder Strahlen zurückzuführen sind. Das Gesamtrisiko, nach 10 Jahren nach Ende der Behandlung einen Tumor zu bekommen, liegt für den einzelnen Patienten bei etwa 2 – 3%. Es wird daher die Aufgabe der Zukunft sein, dieses Risiko durch entsprechende Veränderungen und Optimierungen des Gesamtbehandlungskonzeptes zu reduzieren.