| Archiv |     Ausgabe 02/2002

Therapie & Forsch.   
 Dipl.-Phys. Werner Stahl
3-dimensionale-konformale Bestrahlung -
Technik und Vorteile für den Patienten


Der Einsatz von hochenergetischen Strahlen ist neben der chirurgischen Tumorentfernung und der Chemotherapie eine bedeutende Methode der Krebsbehandlung in der Medizin. Radioaktive oder auch künstlich erzeugte durchdringende Strahlen sind in der Lage Krebsgewebe zu zerstören. Das zerstörte Gewebe baut der Körper selbstständig ab. Die Strahlentherapie hat in den letzten Jahren einige wesentliche Fortschritte erzielt. Durch verbesserte Technik ist sie heute in der Lage, das krebsbefallene Gewebe gleichmäßiger mit der notwendigen Strahlendosis zu versorgen und gesundem Gewebe besseren Strahlenschutz zu gewähren.

Technik des Bestrahlungsgerätes
Die heutige Strahlentherapieabteilung ist mit hochtechnisierten Elektronenlinearbeschleunigern ausgestattet. Sie bieten dem Strahlentherapeuten hochenergetische Röntgenstrahlen (elektromagnetische Wellenstrahlung) im Energiebereich von 4 bis 15 Millionen Volt (MV) und schnelle Elektronen (Teilchenstrahlung) zwischen 6 und 21 Millionen Elektronenvolt (MeV) zur Nutzung in der Tiefentherapie frei wählbar an.
Eine ausgeklügelte Elektronenoptik sorgt per Strahlumlenkung und -filterung für eine präzise Energiekontrolle. Spezielle Ausgleichskörper bewirken, dass ein therapeutisch sinnvoll nutzbarer Photonen- bzw. Elektronenstrahl am Patienten zur Anwendung kommt. Das komplizierte Feldblendensystem ermöglicht mit unabhängig voneinander verfahrbaren Metallblöcken, Viellamellen-Blenden und verschiedenen Strahlmodifikatoren, dass die gewählte Strahlendosis das Tumorvolumen im Patienten homogen erfasst.

Behandlungsvorbereitung am Linearbeschleuniger
Behandlungsvorbereitung am Linearbeschleuniger
Foto: Varian Medical Systems International AG
Grundlage der Bestrahlungsplanung
Eine moderne Strahlentherapieabteilung verfügt heute über Rechnersysteme, mit deren Hilfe individuelle dreidimensionale Bestrahlungspläne als Vorbereitung der praktischen Radiotherapie angefertigt werden können.
Als Basis zur Erstellung des physikalischen Teils der Bestrahlungsplanung sind vom Medizinphysiker die messtechnisch ermittelten Strahldaten aller zur Verfügung stehenden Therapieanlagen in die Planungsrechner übernommen worden. Das Bestrahlungsplanungssystem stellt aus diesen Daten einen "Simulationsstrahl" her.

Die zu bestrahlende Körperregion jedes Patienten wird mit einem Computertomographen (CT) "scheibchen-
weise" erfasst, indem Röntgenschnittbilder der interessierenden Körperregion angefertigt werden. Jedes dieser Bilder zeigt maßstabsgetreu die Körperumrisse, die Größe und Lage des Tumors und aller relevanten Organe.
Der "Simulationsstrahl" wird auf den aus CT-Bil-dern aufgebauten "virtuellen" Patientenkörper projiziert und mit seinen Streu- und Schwächungsprozessen an den verschiedenen Geweben durch den menschlichen Körper hindurch verfolgt.
Die geplante Energiedeponierung im durchstrahlten Körper ergibt letztendlich die vom Strahlentherapeuten gewünschte Energiedosis zur Zerstörung des Krebsgewebes.

Elektrolinearbeschleuniger in transparenter Ansicht
Elektrolinearbeschleuniger in transparenter Ansicht
Foto: Varian Medical Systems International AG
Der Strahlentherapeut zeichnet auf jedem dieser CT-Bilder unter Kenntnis aller diagnostischen Ergebnisse das Planungszielvolumen (Tumor + Sicher-
heitssaum) und die strahlenempfindlichen Organstrukturen ein.
Aus diesen Konturen erstellt der Rechner Volumengebilde der Tumorregion und der inneren Organe in der Nachbarschaft des Tumors, die so in dreidimensionaler Darstellung aus verschiedenen Blickrichtungen betrachtet werden können. Das führt dazu, dass man im "Strahlblick" in den Patientenkörper hineinschaut.
Dem Strahlentherapeuten zeigt sich das Ergebnis der Planung in Form von Strahlintensitätslinien (Isodosen) zur Beurteilung der Strahlenbelastung des therapeutischen Zieles und der übrigen Organe in beliebigen Schnittbildern des Patientenkörpers.


Praxis der individuellen dreidimensionalen
konformierenden Bestrahlungsplanung am Beispiel eines Lungentumors

Je nach Art, Lage und Ausdehnung des Tumors werden beim Lungenkrebs zwei bis drei Bestrahlungsfelder in einer bewährten Winkelanordnung auf den Körper projiziert. Der Planungsrechner berechnet die sich summierende Energiedosis und stellt die Bereiche gleicher Strahlungsintensität auf jedem CT-Bild dar.
Mit Hilfe dieser Isodosenpläne lassen sich die Bestrahlungsfelder optimal an die zu bestrahlenden und die zu schonenden Gewebe in ihrer Energie, Richtungsanordnung und Form dem individuellen Tumorgeschehen anpassen. Die Tumordosis und die Lungen- und Rückenmarkbelastung werden so simulativ abgewogen und schon im Vorfeld der Strahlenbehandlung optimiert.

Im Idealfall der Mehr-Felder-Anordnung treffen sich alle zueinander angewinkelten Photonenstrahlen in einem Punkt, dem Isozentrum.
In der Bestrahlungsplanung werden Strahlanpassungen vorgenommenen, die eine Gleichmäßigkeit der Strahlintensität zwischen -5% und +7% im Zielvolumen bewirken. Um dieses Ziel zu erreichen, werden von der Medizinischen Physik individuell angefertigte Strahlerzubehöre in der Planung entworfen und angefertigt.

Der große Nutzen der mit erheblichem technischen und personellen Aufwand durchgeführten konformalen 3-D-Strahlenbehandlung liegt für den Patienten in der optimierten Dosisverabreichung. Die gesunden Körperregionen werden mit der optimierten Strahlkonformierung besser als früher aus dem Behandlungsstrahl ausgespart. Die Verträglichkeit dieser Therapieform steigt und die Nebenwirkungen werden verringert.


Computertomographie-Bild und dreidimensionale,<br>transparente Körperrekonstruktionen für die Therapieplanung
Computertomographie-Bild und dreidimensionale,
transparente Körperrekonstruktionen für die Therapieplanung
Foto: Paracelsus- Strahlenkllinik Osnabrück