| Archiv |     Ausgabe 02/2002

Aktuell   
 Prof. Dr. med. Joachim H. Hartlapp
Highlights vom 38. Amerikanischen Krebskongress
ASCO American Society Clinical Oncology


In der Zeit vom 18. bis zum 21. Mai 2002 fand in Orlando/Florida der weltgrößte Krebskongress ASCO statt. Mehr als 20.000 Krebsforscher aus aller Welt nahmen in diesem Jahr teil. Von 3.038 angenommenen wissenschaftlichen Beiträgen wurden 1.811 in Form von Vorträgen und Postern präsentiert und diskutiert. Auf einige wichtige Highlights vom ASCO lohnt es sich an dieser Stelle ausdrücklich hinzuweisen:

Ersttherapie bei Patienten mit CML (chronisch-myeloischer Leukämie)
Prof. Dr. B. J. Druker von der Oregon University, berichtete von einer kontrollierten Studie, an der in einer sehr kurzen Zeit (von Juni 2000 bis Januar 2001) 1.106 Patienten teilnahmen. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Studienteilnehmer in zwei Therapiegruppen eingeteilt. Dabei wurde ein neues Präparat mit dem Wirkstoff Imatimib verglichen mit der Interferongabe in Kombination mit dem Chemotherapeutikum Cytarabin.
Der Wirkstoff Imatimib ist ein spezifischer Hemmstoff der BCR-ABL-Thyrosinkinase und wurde in Tablettenform gegeben und Cytarabin jeweils über 10 Tage mit Interferon unter die Haut gespritzt. Es folgte eine Wiederholung in monatlichen Abständen. Dabei betrug die mittlere Studiendauer in der Imatimibgruppe lediglich 6,5 Monate gegenüber 8,3 Monaten im Interferonarm.
Nach 6 Monaten betrug die komplette Rückbildungsrate der Blutbildveränderungen in der Imatimibgruppe 63%, im Interferonarm 40%. Eine zytogenetisch bestätigte komplette Rückbildung wurde beim Imatimibarm mit 10% erreicht, im Interferonarm dagegen nur mit 2%. Dies ist ein statistisch hoch bedeutsamer Unterschied.
Ein Fortschreiten der Erkankung kam im Imatimibarm bei 8 Patienten, entsprechend 1,4% und in der Interferongruppe bei 57 Patienten, entsprechend 10,3% vor. Nebenwirkungen bei den Blutzellen traten ebenfalls in der Gruppe der mit dem Wirkstoff Imatimib behandelten Patienten deutlich geringer auf. Wegen Nebenwirkungen wurde das Medikament mit dem Wirkstoff Imatimib weniger als 1%, Interferon jedoch in 19% der Behandlungen abgebrochen.
Diese äußerst deutliche Überlegenheit von Imatimib auch in der Ersttherapie der chronisch-myeloischen Leukämie gegenüber einer als Standardtherapie anzusehenden Interferonkombination mit Cytarabin, sowohl in der Wirksamkeit als auch in der Nebenwirkungsrate, eröffnet viel besser wirksame und verträglichere Therapien und sollte allen neu diagnostizierten Patienten angeboten werden, die nicht in kontrollierten Studien behandelt werden.




Fortgeschrittener Nicht-Kleinzelliger-Lungenkrebs

Der Beitrag von R. C. Lilienborn aus Chicago befasste sich mit der Frage, ob eine Kombinationstherapie einer Einzeltherapie bei fortgeschrittenem kleinzelligen Lungenkrebs überlegen ist. In den 90er Jahren hatte sich die Überlegenheit einer Chemotherapie gegenüber einer optimal unterstützenden Therapie in Bezug auf Lebensqualität und Überlebenszeit herausgestellt. Verglichen wurde Carboplatin gegenüber der Kombination eines Medikamentes mit dem Wirkstoff Paclitaxel und Carboplatin. Im Zeitraum von Oktober 1997 bis Januar 2001 wurden 584 Patienten in die Studie aufgenommen, 158 Patienten waren über 70 Jahre alt. Die Nebenwirkungen waren in der Kombinationstherapie erheblich höher, die Rückbildungsrate mit 30% gegenüber 16% jedoch fast doppelt so hoch. Auch die mittlere Überlebenszeit fiel mit 8,5 Monaten im Kombinationsarm deutlich günstiger als im Paclitaxelarm mit 6,5 Monaten aus. Auch wenn eine alleinige Therapie mit dem Wirkstoff Paclitaxel beim fortgeschrittenen Lungenkrebs in Deutschland weniger gebräuchlich ist, zeigt dieses Studien-ergebnis, dass eine Kombinations-Chemotherapie gegenüber einer Einzeltherapie bezüglich Überlebenszeit und Lebensqualität günstiger ist und zwar trotz höherer Nebenwirkungsrate. Dies zwar auf bescheidenem Niveau, für Betroffene jedoch ein wichtiger Zugewinn an Lebenszeit.

Pharmaforschung
Die Pharmaforschung hat neue besser wirksame
Medikamente in der Krebstherapie entwickelt
(Foto: Amgen GmbH)


Prostatakrebs

Mit der Frage der zeitlichen Abstände zwischen Abklärungsuntersuchungen beim Prostatakrebs in Abhängigkeit mit den PSA-Werten befasste sich ein weiterer interessanter Beitrag. So reicht eine Kontrolluntersuchung des PSA nach 5 Jahren, falls der Basiswert unter 1 ng/ml liegt. Nach 2 Jahren sollte sie durchgeführt werden, wenn der PSA-Spiegel zwischen 1 und 2 ng/ml liegt. Die Berücksichtigung dieser Studie erlaubt eine Reduzierung der Kontrolluntersuchungen bei einer Gesamtzahl von 27.683 Männern auf die Hälfte und erspart emotionale Belastungen sowie enorme Kosten. Jeder Mann mit Prostataproblemen sollte seinen PSA–Wert kennen.

Brustkrebs nach den Wechseljahren mit Lymphknotenmetastasen

K. S. Albain von der Loyola Universität Chicago präsentierte die Ergebnisse einer Langzeitstudie mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 8,5 Jahren bei 1.477 Frauen nach den Wechseljahren mit Lymphknotenmetastasen in den Achselhöhlen und positivem Hormonrezeptorstatus, die eine adjuvante Chemo- bzw. Hormontherapie entweder parallel oder in Folge erhielten. Ergebnis: Im Vergleich zur gleichzeitigen Anwendung, ermöglicht eine Hormontherapie nach Abschluss der Chemotherapie ein krankheitsfreies Überleben von 67% gegenüber 62% bei gleichzeitiger Anwendung. Diese Erkenntnisse sollten ab sofort allen betroffenen Frauen zu Gute kommen.