Therapie & Forsch.   
 Schach dem Hirntumor
Die intraoperative Navigation in der Neurochirurgie

Einleitung

Die Verdachtsdiagnose "Hirntumor" bedeutet den Beginn eines sorgenvollen Prozesses, dessen Ausgang zunächst ungewiss ist. Keinesfalls bedeutet die Diagnose Hirntumor immer gleich "Krebs". Es kann sich um gutartige, langsam wachsende Grad-I und Grad-II-Tumoren oder um bösartige, sehr schnell wachsende Grad-III und Grad-IV-Tumoren handeln. Das Wort "Tumor" allein bedeutet zunächst einmal nur Raumforderung, also ein Prozess, der für sich allein Raum beansprucht und dadurch das Gehirn oder Hirnnerven innerhalb des Schädelknochens verdrängt und somit zu Ausfällen führt. Über die Bösartigkeit oder Gutartigkeit sagt das Wort nichts aus. Innerhalb des Schädels können auch gutartige Tumoren durch ihre Lage eine biologische Bösartigkeit darstellen.

Der Verdacht "Hirntumor" wird nach dem Auftreten bestimmter Krankheitserscheinungen (Symptome) durch die bildgebende Diagnostik (Computertomographie, Kernspintomographie) weiter abgeklärt. Die Symptome sind von der Lage des Hirntumor abhängig. Es können Krampfanfälle sein, Kopfschmerzen, Wesensoder Persönlichkeitsveränderungen, Ausfälle auf Seiten der Gefühlsempfindungen oder der Kraftentwicklung, Störungen der Denkabläufe, Sprachstörungen, Gangstörungen, Schluckstörungen, Heiserkeit, Gesichtsschmerzen, Sehstörungen. Der etwaige bösartige oder gutartige Charakter dieses Hirntumors kann nur durch eine feingewebliche Untersuchung nach Gewebegewinnung, also nach einer Operation, bestimmt werden.

Häufigkeit

Im Vergleich mit Tumoren außerhalb des Nervensystems spielen die Hirntumoren zahlenmäßig eine untergeordnete Rolle. Das Krebsregister Niedersachsen beispielsweise nennt allein 12 häufigere Tumorarten ohne auf Hirntumoren, weder gutartige noch bösartige, überhaupt einzugehen. Statistisch gesehen bekommen 8 von 100 000 Einwohner (0,008%) einen Hirntumor. Hinzu kommt eine unterschiedliche Häufigkeit bestimmter Hirntumoren in den einzelnen Altersgruppen. Leider kann es auch zu Hirntumoren – sogenannten Hirnmetastasen – kommen, wenn ein Tumor außerhalb des zentralen Nervensystems behandelt werden musste. Bei etwa 12 bis 30% der Patienten mit einem Krebsleiden außerhalb des zentralen Nervensystems treten Hirnmetastasen auf.

Entscheidung und Vorbereitung zur Operation

Der Hirntumor muss genauestens mittels Computertomographie und/oder Kernspintomographie lokalisiert sein, um die Operationsstrategie festlegen zu können. Insbesondere muss aber das Gespräch zwischen Patient und Neurochirurg über die Operation ohne Hektik und Zeitdruck geführt werden. Die Indikation zur Operation und die möglichen Komplikationen dieser speziellen Operation, ggf. alternative Methoden sind zu diskutieren. Die Frage ist zu beantworten, ob eine stereotaktischgeführte Probe-Biopsie in örtlicher Betäubung die Artdiagnose des Tumors liefern kann, besonders bei Tumoren in heiklen oder tiefen Hirnarealen oder bei Verdacht auf Tumoren, die sich sehr gut bestrahlen lassen (Germinom) oder bei denen in erster Linie eine Chemotherapie durchgeführt werden muss (Lymphom). Bei den meisten Patienten kann aber durch die Operation in Allgemeinnarkose der Tumor ganz oder teilweise entfernt werden. Das Ziel der Operation ist neben der Bestimmung der Artdiagnose des Tumors eine Verkleinerung des Tumorvolumens und damit eine Reduktion des Druckes innerhalb des Schädels oder eine Entlastung von Hirnnerven , wie z.B. eine Dekompression des Sehnervens bei Hypophysentumoren. Am günstigsten ist natürlich die vollständige Entfernung des Tumors.

Abbildung 1 Abb. 1: Dreidimensionale Darstellung des Kopfes mit Markierungen
Komplikationen wie Lähmungen, Sprachstörungen oder Schwindel etc. sind abhängig von der Tumorlokalisation und damit auch vom operativen Zugang und daher nicht in allgemeiner Art und Weise zu besprechen. Der Patient muss die Notwendigkeit des Eingriffes verstehen und um die erforderlichen Maßnahmen und um die möglichen Komplikationen wissen.

Operation

Nicht jeder Hirntumor muss mit Hilfe der Neuronavigation operiert werden. Es gibt aber viele Vorteile bei tief liegenden Tumoren, diese mit der Neuronavigation zu entfernen. Dafür ist ein Computertomogramm oder ein Kernspintomogramm mit entsprechender Markierungen auf dem Schädel erforderlich. Es kann dann ein dreidimensionales Bild des Patientenkopfes erstellt werden (Abb. 1).

Abbildung 2 Abb. 2: Kleine Hirnmetastase
Im Operationssaal wird eine Kamera die Position des Kopfes mit den aufgebrachten Markierungen im Raum erkennen und mit dem des zuvor erstellten dreidimensionalen Kopf wird während der Operation die Lokalisation des Instrumentes in Bezug auf den Kopf, respektive in Bezug auf den Tumor bestimmt. So kann während der Operation jederzeit der Operationsweg erkannt und natürlich ggf. korrigiert werden, damit das Ziel, der Tumor, erreicht werden kann. Sogar kleinste Tumoren lassen sich so entdecken, ohne dass das Gehirn unnötig durch die Operationsinstrumente geschädigt wird (Abb. 2).

Eine besondere Hilfe stellt die Neuronavigation bei der Operation von Hirntumor-Rezidiven (Wiederauftreten des Tumors an gleicher Stelle), insbesondere von HypophysenTumor-Rezidiven, dar. Durch die Ausbildung von Narbengewebe ist die normale Anatomie nicht mehr erkennbar, so dass die Navigation die Orientierung bei der transnasalen, d.h. durch die Nase durchgeführten Operation, sichert (Abb. 3).

Abbildung 3 Abb. 3: Dreidimensionale Darstellung des Kopfes mit Markierungen
Die Kombination der Neuronavigation mit der intraoperativen Ultraschallsonde erlaubt die Kontrolle einer Tumorresektion. Es wird dabei das voroperative Tumorbild mit dem aktuellen Ultraschallbild verglichen.

Nach der Operation

Der Operationserfolg wird mitbestimmt durch die erfolgreiche, aufwendige nachoperative Versorgung des Patienten auf der Intensivstation. Unterstützung der Beatmung, Lungenpflege, Infusionstherapie, Kontrolle der Ein- und Ausfuhr, Kontrolle der Elektrolyte sowie die Kontrolle der Bewusstseinslage sind Aufgaben, die von einem höchst motivierten Mitarbeiterstab bewältigt werden müssen. In der Aufwachphase wird das kooperative Verhalten des Patienten, die Kontrolle der Hirnfunktionen, der Motorik und der Orientierung wichtig. In der Regel wird der an einem Hirntumor operierte Patient am Tag nach der Operation von der Intensivstation auf die Normalpflegestation verlegt werden können.

Die weitere Betreuung des Patienten ist abhängig von der neuropathologischen Diagnose, insbesondere ob eine weitere Behandlung, Strahlentherapie, Chemotherapie erforderlich ist. Dieses erfolgt nach Absprache mit den Fachspezialisten der Strahlenmedizin und der Onkologie.

Zusammenfassung

Die Operationsindikation stellt der Neurochirurg. Die Artdiagnose eines Tumors ist auf Grund der bildgebenden Diagnostik nicht gesichert. Die Prognose, also das weitere Schicksal nach Hirntumor-Diagnostik und Operation ist abhängig von der Artdiagnose des Tumors und der Möglichkeiten seiner Entfernung. Die Neuronavigation stellt eine entscheidende Verbesserung der operativen Möglichkeiten dar.

Lassen Sie beim Auftreten verdächtiger Symptome und somit bei Verdacht auf einen Hirntumor dieses immer beim Neurologen oder Neurochirurgen abklären und drängen Sie auf eine bildgebende Diagnostik. Eine frühe Diagnose verbessert die Therapiechancen.