Therapie & Forsch.   
 Kurative Strahlentherapie des Prostatakarzinoms
Resultate von IMRT (intensitätsmodulierte Radiotherapie) und konventioneller 3D-Bestrahlung

Dr. Wolfgang Oehler und Dipl. Ing. K.-J. Buth
Dr. Wolfgang Oehler und Dipl. Ing. K.-J. Buth, Klinik für Radioonkologie und
Strahlentherapie, Südharz-Krankenhaus Nordhausen gGmbH

Klinischer Hintergrund

In den letzten Jahren hat die Bedeutung der Bestrahlungsplanung und damit die Aufgabe der Medizinphysik ständig an Bedeutung gewonnen. Die Strahlentherapie des Prostatakarzinoms stellt heute eine Alternative zur Radikaloperation dar.

Eine kanadische Analyse hat sehr sorgfältig auf Grundlage der verfügbaren Literatur ihren aktuellen Stellenwert im englischsprachigen Raum bestimmt. Danach erhalten 32% der Gesamtgruppe aller Patienten mit Prostatakarzinom eine "frühe" Radiotherapie (bei Diagnosestellung), weitere 29% eine "späte" (bei Rezidiv oder Metastasen). Nur 38,8% aller Patienten werden im Rahmen ihrer Krankheit nicht bestrahlt. Für eine definierte Hochrisikogruppe (PSA > 20 ng/ml, Gleason Score 8, mindestens T 3 a) betragen die Quoten für frühe und späte Radiotherapie sogar 33,5% bzw. 45,5%. Nur 21 % der Patienten werden nicht bestrahlt. Neben der konformalen, dreidimensionalen Bestrahlung (3D-Bestrahlung) ist seit einiger Zeit die sogenannte intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) verfügbar.

Tabelle 1 Tabeelle 1: Biochemische Tumorkontrollquoten 3D-CRT gegenüber IMRT
am Memorial Sloan Kettering Cancer Center


Grafik 1 Grafik 1: Dosis-Wirkungs-Beziehungen in Bezug zum PSA-Wert vor Behandlung
Da Rektum und Harnblase unmittelbar der Prostata anliegen und erheblich strahlensensibler sind als der Tumor, muss die zu verabreichende Strahlendosis bei nicht angepasster Bestrahlungstechnik begrenzt bleiben. Auch Gefäss-Nervenbündel (seitlich und hinter der Drüse gelegen) und die Peniswurzel müssen zur Vermeidung von Impotenz in das onkologische Denken einbezogen werden.

Bei der 3D-konformalen Bestrahlung wird die Schonung des gesunden Gewebes durch Bestrahlung mit unterschiedlichen, vorher individuell geformten Feldern erreicht, Die Anpassung der Felder an den Tumor erfolgt dabei durch gegossene Bleiblöcke oder eine Viellamellenblende, in der Fachsprache Multi-Leaf-Kollimator (MLC) genannt (Abbildung 2).

Abbildung 2 Abbildung 2: Typische Dosisverteilung mit 3D-Bestrahlung (je wärmer die Farbe, desto höher die eingestrahlte Dosis)

Bei IMRT werden computergesteuert die Bleilamellen im Kopf des Gerätes während der Bestrahlung mit vorberechneter Geschwindigkeit über das Bestrahlungsfeld bewegt. Gleichzeitig wird die Menge an abgegebener Strahlung so gesteuert, dass Dosis-"Täler" (gesunde Gewebe) und Dosis-"Berge" (Tumor) entstehen. Dadurch wird eine noch präzisere Anpassung an den Tumor erreicht und gesundes Gewebe kann besser geschont werden. (Abbildung 3)

Abbildung 3 Abbildung 3: Bei der IMRT Bestrahlung ist es möglich, die Strahlendosis besser an den Tumor anzupassen, bei gleichzeitiger Schonung bogenförmiger Strukturen in unmittelbarer Nähe (Enddarm)

In den vergangenen Jahren haben Studien verschiedener Institute unabhängig voneinander nachgewiesen, dass die Resultate der Strahlentherapie eine enge Beziehung zur Dosis, also strikte Dosisabhängigkeit besitzen. Die Ergebnisse des New Yorker Memorial Sloan Kettering Hospitals haben am Parameter der biochemischen Tumorkontrolle (d.h. anhaltender sehr niedriger PSAWerte) eindrucksvoll belegt, dass eine Dosiserhöhung zu teilweise dramatischen Verbesserungen führte.

Von 1.100 Patienten, die mit einer Dosis von 68 Gy bestrahlt wurden, hatten 80% der Patienten, die einen PSA-Wert 0-10 ng/ml 3 Jahre nach der Therapie keinen Wiederanstieg des PSA-Wertes. Hingegen war bei Patienten, die eine IMRT-Bestrahlung erhielten, diese Quote mit 92% noch höher. Trotz der höheren Gesamtdosen dieser Gruppe waren die beobachteten Nebenwirkungen eher niedriger als bei 3D-konformaler Bestrahlung. Am wichtigsten war die Erkenntnis, das alle Prognosegruppen von der IMRT profitierten, insbesondere Patienten mit einer zuvor schlechten Prognose.

Aus den verfügbaren Daten lässt sich eine Dosis-WirkungsBeziehung herstellen, die in Grafik 1 dargestellt wird. Für die Patientengruppe mit einem initialen PSA-Wert zwischen 10-20 ng/ml ist eine besonders steile Kurve zu erkennen. Das bedeutet, das diese Patienten am meisten von einer Dosiserhöhung profitieren.

Mit der Einführung der intensitätsmodulierte Radiotherapie IMRT besitzt die Strahlentherapie einen sehr hoffnungsvollen Ansatz, von dem künftig verstärkt nicht nur Prostatakrebspatienten profitieren werden.