Aktuell   
 Neues vom Amerikanischen Krebskongress (ASCO), Teil 2

Neue Therapiewege in der Diskussion
auf dem ASCO


Ein Höhepunkt des Kongresses ist die sogenannte "Best-of-Oncology-Session", in der am Ende des Kongresses die wichtigsten Neuerungen und die zukunftsträchtigen Therapien in Bezug auf vier unterschiedliche Tumorarten noch einmal präsentiert und diskutiert wurden. In diesem Jahr ging es dabei u.a. um das Mammakarzinom und hier insbesondere um die hormonellen Therapien. Die antihormonelle Therapie des Mammakarzinoms ist im Umbruch und gerade die Behandlungsmöglichkeiten für das hormonempfindliche Mammakarzinom haben sich rasch weiterentwickelt.

Nach wie vor ist Tamoxifen Standard der postoperativen Behandlung bei hormonsensiven Mammakarzinomen. Aber dieser Standard steht - insbesondere bei postmenopausalen Frauen - immer mehr auf dem Prüfstand, weil neue Daten deutliche Vorteile für Antiaromatasewirkstoffe wie Anastrozol, Letrozol und Aromasin zeigen.

Paul E. Goss vom Princess-Margret-Hospital Toronto, Kanada und Nancy Davidson vom John-Hopkins-Hospital Baltimore, USA gingen in ihrer Präsentation und Diskussion schwerpunktmäßig auf die drei großen randomisierten Phase-III-Studien, die für die Antiaromatasewirkstoffe durchgeführt werden, ein. Die erste Studie – ATAC – prüft an insgesamt 9.366 Frauen mit Brustkrebs in einer randomisierten Form den adjuvanten Einsatz von Anastrozol, Tamoxifen und die Kombination dieser beiden Substanzen über jeweils 5 Jahre. Bereits bei der Auswertung 2002 zeigte sich eine signifikante Überlegenheit von Anastrozol im krankheitsfreien Überleben gegenüber Tamoxifen und der Kombination. Zusätzlich waren Thromboserate und Endometriumveränderungen geringer, Osteoporose und Frakturen jedoch häufiger. Mittlerweile ist Anastrozol auch in Deutschland eingeschränkt zur adjuvanten Therapie zugelassen, wenn Gegenanzeigen wegen Thrombose und Endometriumveränderungen für Tamoxifen besteht. Der Vorteil von Anastrozol gegenüber Tamoxifen ist bei hormonrezptorpositiven Patienten, die keine axilläre Lymphknotenmetastasierung haben und keine adjuvante Chemotherapie erhielten, besonders deutlich.

Eine weitere diskutierte Studie, die MA-17, vergleicht die Gabe nach 5-jähriger adjuvanter Tamoxifentherapie von Letrozol für weitere 5 Jahre gegenüber einem Placebo an 5.987 Frauen. Nach einer Beobachtungszeit von 2 ½ Jahren zeigt sich ein signifikanter Vorteil im krankheitsfreien Überleben sowohl bei Frauen mit als auch ohne axillären Lymphknotenmetastasen.

In der 3. Studie, der IES 031 haben bereits 92 % der Patienten den vorgesehenen Studienzeitraum von 5 Jahren beendet, so dass hoch aussagekräftige Daten vorliegen. Der eine Teil der Patienten erhält wie üblich Tamoxifen über 5 Jahre, bei dem anderen Tiel wird ebenso mit Tamoxifen begonnen und nach 2 bis 3 Jahren auf Exemestan gewechselt, so dass der Gesamtbehandlungszeitraum auch 5 Jahre beträgt. Der Wechsel auf Aromasin zeigte einen Gewinn für alle Patientenuntergruppen, auch für die prognostisch ungünstigeren, die eine axilläre Lymphknotenmetastasierung aufwiesen, bzw. eine Chemotherapie vorher erhalten hatten. Das Risiko in der anderen Brust einen Tumor zu entwickeln wurde um 55% gesenkt, das Auftreten von Fernmetastasen um 34% und die Gefahr, dass die Erkrankung wieder auftritt um 32%. Das bedeutet für die Patientinnen längeres krankheitsfreies Überleben und deutlich seltener und weniger Metastasen. Auch das Nebenwirkungsmuster unterschied sich von Anastrozol und Letrozol und zeigte weniger negative Effekte auf den Knochenstoffwechsel sowie auf den Lipidstoffwechsel, so dass die Osteoporoseentwicklung und die Gefahr von Herz-/ Kreislauferkrankungen nicht erhöht wird.

Aufgrund der guten Verträglichkeit und besseren Wirksamkeit werden Antiaromatasewirkstoffe in Zukunft das Standardmedikament Tamoxifen in der Adjuvanz ablösen. Die drei verfügbaren Substanzen Anastrozol, Letrozol und Aromasin unterscheiden sich bezüglich der vorhandenen Datenlage und ihrem Nebenwirkungsprofil. Bei dem heutigen Kenntnisstand sollten Patientinnen, die vor der Behandlung mit Tamoxifen eine adjuvante Chemotherapie erhielten, bzw. zum Zeitpunkt der Operation einen Befall der axillären Lymphknoten aufwiesen, mit ihren Ärzten über die neuen Therapieoptionen diskutieren, um in individuellen Therapieentscheidungen die neuen Forschungsergebnisse der IES 031-Studie für sich schon zu nutzen, wobei das unterschiedliche Nebenwirkungsprofil der drei Aromatasehemmer besonders zu beachten ist.