Aktuell   
 Interview mit DEGRO-Präsident Prof. Zamboglou

Sehr geehrter Herr Prof. Zamboglou, wie steht es um die Entwicklung der Strahlentherapie in Deutschland?

Nun, die Bedeutung der Strahlentherapie nimmt innerhalb der Medizin – insbesondere bei der Behandlung von Tumorpatienten - immer mehr zu, denn wir Strahlentherapeuten verfügen über innovative und leistungsstarke Technologiemöglichkeiten die hochpräzise und sehr nebenwirkungsarm Behandlungsergebnisse erzielen können, die noch vor Jahren undenkbar erschienen. Auch nehmen die Patientenzahlen zu. Mit der zunehmenden Veralterung der bundesdeutschen Gesellschaft – im Jahre 2030 wird der Anteil der über 65 jährigen Bürgerinnen und Bürger von heute 15% auf dann 30% steigen, nimmt auch die Häufigkeit von Alterskrankheiten wie Krebs zu. Da ca. 60% aller Tumorpatienten eine Bestrahlung erhalten führt dies zu einer enormen Anstieg der zu behandelnden Patienten.


Woran liegt es denn, das es so lange dauert, bis Innovationen in Deutschland zur Anwendung kommen?

Leider sind diese Technologien sehr teuer. Zum einen existiert in Deutschland keine einheitliche Strukturplanung für die Bedarfsdeckung an modernen Bestrahlungsgeräten – den sogenannten Linearbeschleunigern. Während beispielsweise in den Niederlanden in Kürze 7,8 Beschleuniger pro Million Einwohner zur Verfügung stehen, in Dänemark 10,4 und in Großbritannien 6,8 sind es in Deutschland derzeit nur 5,5 solcher Geräte pro Million Einwohner. Es wäre sinnvoll diese Zentren aufzurüsten und auf den modernsten Stand der Technik zu bringen. Auch werden zwar innovative Behandlungsverfahren in Deutschland entwickelt und in alle Welt exportiert – doch ist ihr Einsatz hierzulande aus finanziellen Gründen nicht gesichert. Innovationen wie die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) werden in Deutschland nicht vergütet. Der zeitliche, apparative und personelle Aufwand ist jedoch wesentlich höher, als bei einer herkömmlichen dreidimensionalen Bestrahlungstechnik. Darum konnte das Verfahren bislang nur an wenigen Zentren für die Routine etabliert werden. Wir bedauern dies, denn IMRT wurde beispielsweise von deutschen Ärzten und Physikern mit entwickelt und bietet neben einer nachgewiesenen, verbesserten Behandlungsqualität für Patienten auch interessante wirtschaftliche Perspektiven. Im Ausland wurden inzwischen diese Innovationen zügig übernommen, entsprechend kommerzialisiert und in die klinische Routine überführt. Etwas Ähnliches ist in der medikamentösen Therapie undenkbar: Wenn die Wirksamkeit einer Substanz durch klinische Studien bewiesen wurde, müssen die Kassen die entsprechenden Kosten übernehmen. Zum anderen kommen bürokratische Gründe hinzu. Wir sind derzeit besorgt um die künftige Entwicklung der Strahlenforschung. Beispielsweise werden Lehrstühle für Strahlenbiologie und Strahlenphysik zunehmend aus Kostengründen geschlossen und talentierte junge Wissenschaftler wandern in andere Länder ab. Vorschriften und eine überholte Gesetzgebung erhöhen ferner die Bürokratie, steigern Kosten und verlängern vielfach Genehmigungsverfahren.

Was ist Ihre Forderung an die Politik und andere Verantwortliche in unserem Gesundheitswesen?

Lasst uns nachweisliche bürokratische Hemmnisse, die die Strahlenforschung erschweren, beseitigen. Die Strahlentherapie hat zwar am Anfang hohe Investitionskosten aber über die Jahre ist sie nicht nur effizient, sondern auch Kostengünstig.

Vielen Dank für das Interview!