Schwerpunkt: Supportivtherapie   
 Unterstützende (Supportive) Therapie

Unterstützende (Supportive) Therapie ist der Schwerpunkt der 5. Ausgabe der vorliegenden Zeitschrift. Was beinhaltet dieser Begriff im Allgemeinen und im Besonderen in der Krebsheilkunde (Onkologie)?

Schauen wir in einem modernen Fremdwörterlexikon nach, so finden wir diese Bezeichnung nicht. Schauen wir in der Fachliteratur zur Onkologie, so wird "supportive Therapie" häufig in Verbindung mit "palliativer Medizin oder auch Therapie" gebraucht oder mit "symptomorientierter Therapie" gleichgesetzt, obwohl diese Begriffe nicht dasselbe bedeuten und Abgrenzungen erforderlich sind.

Hilft uns ein Englisch-Lexikon weiter? Dort finden wir unter "support" die deutsche Übersetzung "unterstützen, stützen, (aufrecht) halten", aber auch "ertragen, erhalten, ernähren" und ähnliche Begriffe.

Wie unterscheiden sich die Begriffe "Supportiv- Therapie", "Palliativ-Medizin" und "Palliativ-Therapie", auch wenn sie doch so häufig gleichbedeutend im täglichen Sprachgebrauch gemeint sind?

"Palliativ-Medizin" ist die Behandlung, die in erster Linie krankheitsbedingte Symptome behandeln will, also Leiden lindern will, ohne die Grundkrankheit zu behandeln. Die "Supportiv-Therapie" hingegen hat zum Ziel, neben krankheitsbedingten Beschwerden in erster Linie die Therapie der Grundkrankheit zu unterstützen, um sie nutzbringend für Patienten optimal durchführen zu können. Neben dem Erhalt der Lebensqualität ist auch die Erhaltung des Lebens durch Bekämpfung der Krankheit Inhalt des ärztlichen Bemühens. "Supportiv-Therapie" ist eine Therapie, die eine angemessene Behandlung der Grundkrankheit ermöglichen, Nebenwirkungen der Therapie gegen die Grundkrankheit vermeiden soll.

Supportive Therapie Supportive Therapie
"Palliative Therapie" bedeutet hingegen das Bemühen, bei nicht heilbarer Erkrankung durch Behandlung der Grundkrankheit, Leiden durch die Krankheit zu lindern oder zu vermeiden und Leben zu erhalten, auch wenn die Krankheit nicht geheilt werden kann. Nahezu jede onkologische Therapie ist für Patienten belastend. Das aber, was ihm seitens des Therapeuten zugemutet werden muss bzw. darf, und das, was an Belastungen toleriert werden muss/soll oder sollte, orientiert sich am Therapieziel und an den möglichen Nebenwirkungen. Nebenwirkungen können akut, subakut oder chronisch sein. Darüber hinaus gibt es auch Spätfolgen. Akute Nebenwirkungen treten in der Regel innerhalb von wenigen Stunden bis maximal 3 Tagen auf, subakute Nebenwirkungen bis maximal 12 Wochen nach der Therapie. Chronische Nebenwirkungen treten im Verlauf einer Therapie nach Wochen oder Monaten auf und späte Reaktionen und Nebenwirkungen erst nach Jahren. Auch Risikofaktoren für Nebenwirkungen gilt es zu beachten. Ist beispielsweise bei einem jungen Patienten mit einer unheilbaren Erkrankung eine akute Nebenwirkung, die mit einer begleitenden Supportiv-Therapie nicht beeinflusst werden kann, kaum zumutbar, so ist ihm hingegen bei zuverlässig erreichbarer Heilung ein chronischer Spätschaden nicht zuzumuten, da dieser unter Umständen die Überlebenschancen beeinträchtigen könnte. Man darf den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreiben, ein gewisses Maß an unvermeidbaren Nebenwirkungen durch eine Therapie, die eine Heilung verspricht, muss aber vorübergehend zugemutet werden dürfen, wenn sie nicht vermeidbar ist.

Hingegen ist eine akute und subakute Nebenwirkung bei einem älteren Menschen, der keine Heilungs- oder langfristige Überlebenschance hat, kaum zumutbar, wenn sie durch eine geeignete Supportiv-Therapie nicht beherrscht werden kann, während in dieser Situation eine späte, chronische Nebenwirkung keine Bedeutung für die Wahl der Therapie zur Bekämpfung der Grundkrankheit und die Wahl der Supportiv-Therapien hat. Ihm wird man als Alternative zu einer maximalen Supportiv-Therapie eventuell sogar die Beendigung einer Therapie gegen die eigentliche Grunderkrankung nahelegen müssen, während einem jungen Patienten bei entsprechenden Nebenwirkungen die maximale SupportivTherapie geboten werden muss, die unter Umständen sogar erst die konsequente Therapie gegen die Grundkrankheit und das langfristige Überleben ermöglicht.

Die Tumortherapie verlangt ein ständiges Abwägen des Für und Wider und das verlangt von einem Arzt, der Patienten in ihrer kritischen Situation begleitet, eine große Erfahrung im Umgang mit den jeweiligen Erkrankungen, deren Therapie sowie den unter Umständen notwendigen Begleittherapien.

Darüber hinaus verlangt dies aber auch eine Kooperationsbereitschaft zwischen verschiedenen medizinischen Disziplinen wie Berufsgruppen, die im gemeinsamen Konzept mit dem Patienten für den Patienten versuchen, das Optimale zu erreichen. Supportiv-Therapie ist keine eigenständige Disziplin. Sie gehört im Wesentlichen zum Rüstzeug eines jeden onkologisch besonders qualifizierten Arztes, der aber zugleich die nötige Kooperationsbereitschaft besitzen muss, weil es interdisziplinäre Probleme zu lösen gibt. Kooperation mit anderen Berufsgruppen und anderen Disziplinen ist also eine Grundvoraussetzung für eine angemessene onkologische Behandlung, die neben einem realistisch erreichbaren Therapieziel auch die Lebensqualität und die Symptomkontrolle zu beachten hat.

Einige wesentliche Aspekte der Supportiv-Therapie werden in dem vorliegenden Heft behandelt: Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Chemo- und Strahlentherapie, Fieber, Antibiotika- und Antimykotika- Therapie sowie Anämie (Blutarmut).

In das Konzept der supportivtherapeutischen Möglichkeiten versuchen sich leider auch immer wieder alternative Therapieformen einzureihen, die jeden Nachweis für eine Wirkung schuldig geblieben sind. Als verantwortungsbewusster Arzt gilt es nicht nur, dem Patienten eine Behandlung zu bieten, sondern ihn auch vor unbegründeten therapeutischen Aktivitäten zu schützen; denn eine gar nicht mal so junge Erfahrung sagt, dass Patienten ein durchaus mögliches Ziel nicht erreichen, weil sie zu viele Medikamente im guten Glauben auf eine positive Wirkung einnehmen, denn nicht jedes Medikament verträgt sich mit einem anderen.

Eine Behinderung der Wirkung der Therapie gegen die Grundkrankheit droht durchaus, wenn man unbegründbar zu viele Medikament gleichzeitig einnimmt. Derartige Wechselwirkungen sind gar nicht selten, leider aber meisten nicht bekannt. Aus diesem Grunde gilt es, dass man sich bei der Behandlung der Grundkrankheit möglichst auf Medikamente mit gesicherter Wirkung und kalkulierbarem Risiko stützen sollte und einen unbegründeten Pragmatismus zu allen Seiten hin vermeiden muss, um das Ziel nicht zu verfehlen. Die nötige Sicherheit in jedem Behandlungskonzept bedeutet allerdings, dass nicht nur Ärzte optimal miteinander kommunizieren, die verschiedene Medikamente bei ein und demselben Patienten verordnen, sondern auch, dass der Patient seinen betreuenden Ärzten gegenüber offenlegt, welche Begleitmedikamente er regelmäßig einnimmt.

Es ist eine banal erscheinende Empfehlung, jeden Patienten aufzufordern, die Lasche der Verpackung seiner Medikamente in seinem Portemonnaie bei sich zu tragen, auf der Rückseite die Dosierung der eingenommenen Medikamente zu vermerken, um bei entsprechenden Fragen der betreuenden Ärzte gezielt Auskunft geben zu können, welche Medikamente er wann nimmt. Es fällt dann dem Arzt leichter, die optimale Therapie in Begleitung einer Therapie gegen die Grundkrankheit durchzuführen, ohne für Betroffene die Risiken zu erhöhen.