Schwerpunkt: Darmkrebs   
 Familiäre Krebserkrankungen

Bösartige Tumore des Dickdarms machen in Deutschland mit ca. 57.000 Neuerkrankungen pro Jahr etwa 1/3 aller Krebserkrankungen aus. Bei der Entstehung spielen Ernährung und Lebensgewohnheiten eine große Rolle. Bis zu 15% aller Dickdarmtumore treten auf Grund einer erblichen Veranlagung familiär gehäuft auf. Auch in diesen Familien entsteht praktisch immer eine gutartige Vorstufe (Polyp), die im Rahmen von Vorsorge und Früherkennung frühzeitig entdeckt werden kann. Wenn in Ihrer Familie eine Häufung von Krebserkrankungen aufgetreten ist, sollten Sie die Chance einer Beratung nutzen! Am Beispiel des familiären Dickdarmkrebses geben wir Ihnen hier einige Informationen und Ratschläge.

Wie entsteht Dickdarmkrebs?

Dickdarmkrebs entsteht nicht von heute auf morgen, sondern in einem schrittweisen Prozess, der meist schleichend und unbemerkt abläuft. Erbliche wie nicht erbliche Formen des Darmkrebses entstehen aus einer anfangs gutartigen Wucherung der Darmschleimhaut, einem Polypen. Bei der häufigsten Form des erblichen Darmkrebses, dem sogenannten "Lynch-Syndrom" oder "HNPCC" (hereditäres nicht-polypöses colorektales Karzinom) treten Polypen häufiger auf als in der Normalbevölkerung und sie entstehen in einem jüngeren Lebensalter. Ein Warnzeichen für Darmpolypen oder Darmkrebs ist das Auftreten von Blut im Stuhl, das mit einfachen Tests nachgewiesen werden kann. Auch Änderungen der Stuhlgewohnheiten können ein Hinweis für das Vorliegen eines Problems sein.

Wie kann man einen erblichen von einem nicht-erblichen Darmkrebs unterscheiden?

Der Schlüssel liegt in der Familiengeschichte. Wenn hier mehrere Personen an Krebs erkrankt sind, dann liegt der Verdacht einer Erblichkeit nahe. Bei einer familiären Häufung von Darmkrebs ist es durchaus so, dass auch andere Organe betroffen sein können. Hier ist an erster Stelle der Gebärmutterkrebs zu nennen (Endometriumkarzinom) sowie bösartige Tumoren des Dünndarms oder auch Tumoren der ableitenden Harnwege (Harnleiter, Blase).

Der Verdacht ist noch wahrscheinlicher, wenn die Krebserkrankung bei manchen Familienmitgliedern in einem auffallend frühen Alter aufgetreten ist. Häufig sind Patienten, die familiär belastet sind jünger als die typische Altersgruppe für Darmkrebs (>60 Jahre). Weitere ebenfalls gehäufte Krebserkrankungen wie Hautkrebs, Eierstockkrebs, Gallenblasenkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs u.a können ebenfalls gehäuft auftreten.

Was tun, wenn der Verdacht auf familiären Darmkrebs vorliegt?

Man sollte eines der speziell eingerichteten Zentren für "Familiären Darmkrebs" der Deutschen Krebshilfe aufsuchen. Kontaktadressen finden Sie unter www.hnpcc.de

In einem ersten Gespräch erfolgt nach der Anamneseerhebung und Aufstellung eines Stammbaums die Risikoeinschätzung. Ratsuchende Patienten werden über Möglichkeiten und Grenzen molekulargenetischer Erkenntnisse, die seit 1992 durch rasche Fortschritte stets im Wandel sind, in einem ausführlichen Beratungsgespräch informiert. In Düsseldorf führen wir die Beratung auf Wunsch auch gerne als Familienberatung durch, d.h. unter Einbeziehung des engeren Familienkreises.

Wie kann HNPCC durch eine molekulargenetische Diagnostik festgestellt werden?

Seit wenigen Jahren besteht die Möglichkeit, molekulargenetische Untersuchungen an Tumormaterial durchzuführen. Leider ist es heute immer noch so, dass die meisten Familien mit familiärem Darmkrebs dann erkannt werden, wenn ein auffallend junger Patient an Krebs erkrankt. Man kann dann auch im Nachhinein in Tumorgewebe spezielle Untersuchungen durchführen, die einen Hinweis auf die Erblichkeit des Tumors ergeben (Mikrosatelliteninstabilität, Immunhistochemie). Diese Veränderung ist sichtbarer Ausdruck bestimmter Mutationen von Genen, die bei der Reparatur unserer Erbanlagen eine große Rolle spielen. Heute kennt man insgesamt fünf Gene, die zu HNPCC führen können, wenn sie eine Veränderung aufweisen. Zum Nachweis dieser Mutationen ist eine Blutabnahme und Aufschlüsselung eben dieser Gene erforderlich.

Gibt es spezielle Früherkennungsmaßnahmen?

Die Krebserkrankungen, die in HNPCC-Familien gehäuft auftreten, sind oft heilbar, wenn sie rechtzeitig erkannt werden. Deshalb ist eine regelmäßige Vorsorge ratsam. Es hat sich bewährt,
  • dass Sie und Ihre Familienangehörigen die Thematik mit dem behandelnden Arzt ausführlich besprechen, um die Erkrankung besser verstehen zu können.
  • dass Jugendliche ab dem 15. – 18. Lebensjahr durch ein spezielles Beratungsgespräch ebenfalls mit der Problematik vertraut gemacht werden, damit eine erste Auseinandersetzung mit der Thematik vor den erforderlichen Untersuchungen erfolgen kann.
  • Sollte in Ihrer Familie eine HNPCC-Diagnose erstellt werden, so sollten bei Ihnen und Ihren Familienangehörigen regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt werden. Diese umfassen, beginnend ab dem 25. Lebensjahr, eine 1-2 jährige Dickdarmspiegelung. Auch wenn eine komplette Dickdarmspiegelung unangenehm ist, sollte ihr wegen der Genauigkeit der Untersuchungsmethode und der Möglichkeit einer Gewebeentnahme der Vorzug gegenüber einer Röntgenkontrastuntersuchung gegeben werden.
  • Frauen aus HNPCC-Familien sollten unbedingt eine erweiterte frauenärztliche Untersuchung in Anspruch nehmen. Dabei ist wegen der Genauigkeit eine Ultraschalluntersuchung durch die Scheide empfehlenswert. Eine jährliche Bestimmung der entsprechenden
    Tumormarker (Ca 12-5 und Ca 15-3) ist ebenfalls anzuraten.
  • Bei Frauen und Männern ist eine jährliche Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes anzustreben. Dadurch können Veränderungen der Oberbauchorgane wie Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Nieren gut beurteilt und frühzeitig erkannt werden.
  • Angehörige, bei denen keine Veränderung im Erbgut nachweisbar ist, besitzen kein erhöhtes Darmkrebsrisiko gegenüber der Normalbevölkerung.


Oft wird die Frage gestellt, ob so viele Untersuchungen wirklich erforderlich sind. Bei Früherkennung ist Darmkrebs heilbar, deshalb sollte man nicht erst auf das Auftreten von Beschwerden warten! Seit 3 Jahren stehen im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Verbundprojektes "Familiärer Darmkrebs" bundesweit 6 Zentren zur Verfügung, in denen die molekulargenetische Untersuchung und humangenetische Beratung kostenlos angeboten wird (www.hnpcc.de). In Düsseldorf besteht eine enge Kooperation zwischen der Humangenetik, Pathologie, Chirurgie, Psychologie, Gastroenterologie, Urologie, Dermatologie, Gynäkologie und Pädiatrie (www.darmchirurgie-ukd.de) .

Möglichkeiten der Beratung!

Um allen im Zusammenhang mit einer molekulargenetischen HNPCC-Diagnostik eventuell auftretenden Fragen möglichst gerecht zu werden und Ihnen jeweils kompetente Ansprechpartner zu bieten, sind die Untersuchungen an unserem Zentrum in ein gemeinsames Beratungskonzept eingebettet. Allen Untersuchungen geht in unserem Zentrum eine ausführliche klinische und ggf. humangenetische Beratung voraus. Um zu helfen, eventuelle psychische Belastungen besser zu bewältigen, besteht das Angebot einer psychologischen Betreuung. Um zu klären, ob eine genetische Untersuchung in Ihrer Familie sinnvoll wäre, muss zunächst ein Familienstammbaum erstellt werden. Sollte eine molekulargenetische Untersuchung aussichtsreich erscheinen, so ist zunächst nur die Blutabnahme bei einem erkrankten Familienmitglied erforderlich. Wird dann eine krankheitsverursachende Mutation gefunden, könnte die Blutuntersuchung der anverwandten Personen in Angriff genommen werden. Wir werden Sie in einem ausführlichen Beratungsgespräch über das Ergebnis der Untersuchung aufklären. Dabei wird auch erörtert, welche Früherkennungsmaßnahmen für Sie sinnvoll sind. Unser Koordinationssekretariat steht für Fragen von Patienten und Ärzten zur Verfügung: Tel. 0211/8117406, täglich von 8.00 bis 14.00 Uhr. Ebenso können Informationen über die Homepage im Internet auch zu den anderen, von der Krebshilfe geförderten Zentren, unter:
www.krebshilfe.de, www.hnpcc.de, www.hnpcc.net

abgerufen werden.