Schwerpunkt: Darmkrebs   
 Interview mit Professor Dr. Adler

Welche Arten von Darmkrebs gibt es?

Es werden drei Arten von Darmkrebs unterschieden:
 1. Tumoren im Dünndarm
 2. Tumoren im Dickdarm- (Kolonkarzinom) und
 3. Enddarmkrebs (Rektumkarzinom)

Die weitaus häufigste Darmkrebsart sind die Erkrankungen des Enddarms, die man durch inzwischen gute Präventions- und Vorsorgemaßnahmen zu reduzieren versucht.

Was sollte jeder Bürger wissen, wenn es um Darmkrebsprävention und Früherkennung geht?

Es gibt sehr viele Untersuchungen, die zeigen, durch welche Ernährung und welches Verhalten man Krebs vermeiden kann. Mit großer Sicherheit trägt eine hohe körperliche Aktivität und ein niedriger "Body-Mass-Index" also die Vermeidung von Übergewicht dazu bei, das Risiko einer Erkrankung zu senken. Das gilt auch wenn man sich ballaststoffreich ernährt. Ob durch den vermehrten Verzehr von Fischspeisen das Krebsrisiko sinkt ist nicht belegt, hingegen gilt als belegt, dass Menschen die einen erhöhten Konsum an rotem Fleisch haben, auch ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben.

Dann wird sehr viel diskutiert, ob Mikronährstoffe und Medikamente wie Folsäure, Selen, Betakarotin, Vitamin C, etc. zur Reduzierung des Darmkrebsrisikos eingenommen werden sollen.

Es gibt keine gesicherten Daten, dass die Einnahme zusätzlicher Mikronährstoffe bzw. Zusatzsubstanzen zur Ernährung das Auftreten des Dickdarmkarzinoms verhindern. Es gibt zwar immer wieder Hinweise aber leider liegen bisher keine gesicherten Daten vor.

Kann man durch die Einnahme von Medikamenten (z.B. Aspirin, entzündungshemmende Medikamente) in der Prävention das Auftreten des Dickdarmkrebses verhindern?

Es gibt einige Studien die das zeigen, aber letzten Endes kann man daraus keine Empfehlungen für die Einnahme solcher Medikamente ableiten.

Die Häufigkeit an Adenomen und dem Darmkrebs zu erkranken steigt ab dem 50. Lebensjahr deutlich an. Was kann und sollte jeder tun?

Jeder sollte sich persönlich darum kümmern. In Sachen Vorsorge sind wir in den letzten Jahren in Deutschland ein bedeutendes Stück weiter gekommen. Dies ist deswegen so wichtig, da ab dem 50. Lebensjahr das Darmkrebsrisiko erhöht ist. In den bisher durchgeführten Vorsorgeprogrammen hat man bei ca. 30 % der über 55 Jährigen Adenome gefunden, aus denen sich später Formen des Darmkrebses entwickeln können. Ab dem 50. Lebensjahr hat jeder Bürger inzwischen einen Anspruch darauf, regelmäßig an den Darmkrebsvorsorgeprogrammen teilzunehmen. Leider lässt das Bewusstsein zur Teilnahme an diesen Programmen noch zu wünschen übrig.

Wie sieht das Vorsorgeprogramm aus?

Angeboten und von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird zwischen dem 50. und 55. Lebensjahr ein Stuhlbluttest (Hämoccult-Test) und ab dem 56. Lebensjahr eine Darmspiegelung, die sogenannte Koloskopie.

Durch den Hämoccult-Test kann man die Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs zu sterben um 23% senken, mit Hilfe der kompletten Dickdarmspiegelung kann man die Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs zu sterben um 90% senken.

Modell eines Darmabschnittes Begehbares Modell eines Darm-
abschnittes zur Veranschaulichung von Darmkrebs
Viele Menschen nehmen ja an der Koloskopie nicht teil, weil sie glauben, sie sei schmerzhaft. Stimmt das?

Eine Koloskopie soll und darf nicht schmerzhaft sein. Wichtig ist, dass die Patienten gut vorbereitet sind, das heißt, der Darm muss wirklich ganz sauber sein.

Die Mehrzahl der Patienten, die heute koloskopiert werden sagen ganz klar, das Schlimmste sei eigentlich die Vorbereitung, da man 3 Liter eines Abführmittels zur Darmentleerung trinken muss und viele Patienten den Geschmack der Trinklösung, das Völlegefühl und den damit verbundenen häufigen Stuhlgang als eher unangenehm empfinden. Die Untersuchung wird überwiegend so durchgeführt, dass der Patient zumeist schläft. Viele wollen jedoch wach bleiben und dann kann man ihnen, wenn z.B. der Querdarm sehr durchhängt oder wenn der untere Teil des Enddarms sehr fixiert ist, ein Mittel zur Schmerzlinderung verabreichen.

Wenn Sie an die Therapie denken, was hat sich in den lezten Jahren getan?

Schauen wir einmal zurück in das Jahr 1957: Damals konnten unter der Therapie der besten unterstützenden Hilfe Patienten mit einem metastasierten Dickdarmkarzinom noch 5 Monate leben. Seit dem Einsatz von 5-FU (Fluorouracil) und mit der Entwicklung weiterer Medikamente konnte das Überleben dieser Patienten ständig verlängert werden. Inzwischen haben Patienten mit genau dieser Diagnose eine Lebenserwartung von mehr als 20 Monaten. Und dabei scheint das Potential der zielgerichteten Therapien noch lange nicht ausgeschöpft.

Mit zwei neuen Medikamentenwirkstoffen, kann erstmals zielgerichtet gegen den Tumor vorgegangen werden, man spricht daher in der Fachsprache von Targeted Therapien. Zum einen haben wir jetzt das Anti-Angiogenese Präparat Bevacizumab, das gegen die Gefäßneubildung des Tumors gerichtet ist und den neuen Antikörper Cetuximab, der auf die Begrenzung des Tumorwachstums abzielt.

Doppelt Target Therapien können womöglich noch mehr erreichen als die bisherigen Therapieansätze. An dieser Stelle wird derzeit mächtig geforscht. (Lesen Sie hierzu die Artikel auf den Seiten 11 und 14)

Welchen Stellenwert hat die Operation in der Therapie des Darmkrebses?

Die Operation ist gerade bei Tumoren, die sich noch in einem frühen Stadium befinden, die Therapie der Wahl. Mit ihr lassen sich ca. 70% aller Tumoren Wirksam bekämpfen und Patienten können vollständig geheilt werden. Aber wohl gesagt in einem frühen Stadium und gerade deshalb sollte jeder ab 50 Jahren an den Vorsorgeprogrammen teilnehmen und auf Körpersignale besonders achten.

Wie sieht es bei fortgeschrittenen Tumoren aus?

Ist der Tumor bereits metastasiert, ist es unser Ziel das Tumorleiden zu einer chronischen Erkrankung zu machen, das heißt bei guter Lebensqualität möglichst lange Überlebenszeit. Gerade die neuen Medikamentenwirkstoffe stellen hier wirklich hoffnungsvolle Instrumente dar. Man kann aber z.B. auch einzelne Metastasen des Kolonkarzinoms in der Lunge oder der Leber sehr gut operieren. Wir kommen daher unserem Ziel immer näher, mit noch wirksameren und intelligenteren Waffen im Kampf gegen den Darmkrebs das Leben unserer erkrankten Patienten zu verlängern.

Vielen Dank für das Interview.