Therapie & Forsch.   
 
Ernährungsmöglichkeiten über eine eine enterale Ernährungssonde nach Speiseröhren- oder Magenoperation

Zu Beginn ein paar allgemeine Informationen zum Thema Mangelernährung bei Tumorpatienten:

Bei ca. 50-80% der Tumorpatienten besteht schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Fehlernährung. Für die Ausprägung der Kachexie (schwere Form der Abmagerung) spielt neben der Tumorausdehnung, der Nahrungszufuhr und dem Stoffwechselstatus besonders der Tumortyp eine entscheidende Rolle.

So wird in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass es bei 87% der Tumoren im Magen-Darm-Trakt zu massiven Gewichtsverlusten kommt. Demgegenüber liegt die Rate bei Patienten mit Dickdarmtumoren oder bei Befall der Lunge oder Prostata nur bei 44-64%. Bei den hämatologischen Tumoren oder bei Brustkrebsbefall kommt es statistisch gesehen nur bei 10% der Patienten zu einem Gewichtsverlust.



Ursachen der Mangelernährung:
  • Erhöhter Energie- und Nährstoffverbrauch: durch den Tumor selber, durch die aggressive Therapie, den eventuell auftretenden Komplikationen, wie Fieber oder sogar Sepsis (Blutvergiftung), kommt es üblicherweise zu einem Energie- und Nährstoffverbrauch.
  • Schlechte Nahrungsverwertung: Gerade im Magen-Darm-Trakt kann es durch den Tumor, Metastasen oder durch die Therapie zu Stoffwechselveränderungen kommen.
  • Verminderte Nahrungsaufnahme: Viele Patienten berichten über eine Veränderung des Geschmacksempfindens, ein vermindertes Hungergefühl, das sich bis zur absoluten Appetitlosigkeit steigern kann. Gerade bei begleitender Übelkeit oder auch bei Erbrechen ist das Problem offensichtlich. Nicht zu unterschätzen sind die Auswirkungen von Angst und Schmerzen.
Bei vielen onkologischen Erkrankungen wird die Mangelernährung zum begrenzenden Faktor. So verbessert eine ausgewogene Ernährung statistisch die Lebensqualität, den Ernährungszustand, wie auch unter Umständen die Wirksamkeit der chemotherapeutischen Maßnahmen. In der Ausgabe 02/2003 des Krebsmagazins werden von Dr. med. Neu (S. 20) allgemeine Ernährungsempfehlungen nach Magenentfernung gegeben.

Ernährung über Ernährungssonden:

Patientin mit Nährstoffpumpe Patientin mit Nährstoffpumpe
Foto: B. Braun Petzold GmbH
Ist eine ausreichende Ernährung über den Mund nicht sicherzustellen, wird eventuell vorübergehend eine Nasensonde bei den Patienten gelegt. Dies wird wegen des Fremdkörpergefühls im Nasen-Rachenraum und aus optischen Gesichtspunkten jedoch eher schlecht toleriert. Ein Alternative dazu ist die sogenannte PEG (Perkutane Endoskopisch kontrollierte Gastrostomie). Hierbei wird eine Sonde in örtlicher Betäubung direkt von der Bauchdecke in den Magen gelegt. Das Sondenende kann sowohl im Magen, wie auch im Duodenum (Zwölffingerdarm) oder im Jejunum (weiterer Dünndarmabschnitt) platziert sein. Üblicherweise wird eine PEG in den Magen gelegt, wenn das Problem in erster Linie durch eine Schluckstörung hervorgerufen wurde.

Kommt es aber zum Beispiel zu Nahrungsverträglichkeitsstörungen oder zu Erbrechen, so ist eine Sondenlage im Dünndarm häufig für die Patienten komfortabler. Da im Dünndarm immer eine Peristaltik nach vorne ist, brauchen sich diese Patienten häufig nicht mehr mit Übelkeit oder Erbrechen plagen. Eine weitere Alternative ist die chirurgisch angelegte FKJ (Feinkatheterjejunostomie), oder Intestofix. Hierbei wird in der Regel eine Sonde in den Leerdarm (an den Zwölffingerdarm anschließend) platziert und an der Bauchdecke mit einem Faden fixiert. Über diese Sonden kann dann eine ausgewogene und ausreichende Ernährung sichergestellt werden. So werden von vielen Herstellern sogenannte Standardnahrungen angeboten, die alle Nährstoffe enthalten, die der Körper benötigt (Kohlenhydrate, Fette Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Man spricht auch von ausbilanzierten Diäten, da sie auf den Bedarf des menschlichen Körpers berechnet sind. Parallel dazu werden aber auch "Spezialnahrungen" angeboten, die zum Beispiel auf veränderte Stoffwechselverhältnisse Rücksicht nehmen. Hierunter fallen Nahrungen für Diabetiker, hochkalorische Nahrungen (konzentrierte Nährstoffmenge), leicht verdauliche Nahrungen ( z.B. Verwendung von MCT-Fetten), eiweißreiche Sondennahrung, Oligopeptiddiäten und viele andere Produkte, die eine besondere Zusammensetzung beinhalten. Wichtig ist, dass bei der Berechnung des Bedarfs einer Sondenkost auf die individuellen Faktoren des Erkrankten Rücksicht genommen wird (Kalorienverbrauch, Eiweißbedarf, Flüssigkeitsbedarf, Stoffwechselveränderungen, Verträglichkeitsstörungen etc.).

Für viele Patienten ist die Möglichkeit der Ernährung über eine PEG bei vorhandenen Schluckstörungen eine wesentliche Erleichterung. So können Patienten das essen und trinken, was ihnen vielleicht besonders gut schmeckt und können auch auf der anderen Seite ihren Ernährungszustand halten (oder vielleicht verbessern), indem sie sich über die Sonde parallel die notwendigen Nährstoffe zuführen. Der emotionale Druck "ich muss jetzt aber etwas essen" wird wesentlich herabgesetzt.

Die Verabreichung der Sondenkost kann je nach Lage der Sonde und der Verträglichkeit über eine Spritze per Bolus, per Schwerkraft oder mittels einer Steuerung über eine Ernährungspumpe geregelt werden. Wird die Bolusverabreichung gut vom Patienten vertragen, ist er mit dieser Möglichkeit sicherlich weitestgehend unabhängig (lediglich Spritze und Sondenkost und Spülflüssigkeit erforderlich). Bei der Verabreichung per Schwerkraft wird über eine Rollenklemme an einem Schlauchsystem, das an einem Infusionsständer hängt. Die Flussgeschwindigkeit gesteuert. Bei der Verabreichung über eine Ernährungspumpe kann die Flussgeschwindigkeit genau eingestellt werden. Hierbei ist es möglich, auch die Pumpe auf einem niedrigeren Niveau als die PEG selber zu platzieren, da durch den Pumpmechanismus automatisch die Flüssigkeit in den Bauch gepumpt wird. Hier möchte ich auf die Möglichkeit von Tischständern (unauffälliger und handlicher), oder auch auf die Möglichkeit von mobilen Systemen hinweisen. So kann gerade für mobile Patienten eine Ernährung sichergestellt werden, ohne dass sie an einen festen Ort gebunden sind. Die Erfahrungen, die wir als spezialisiertes Sanitätshaus für den Bereich der künstlichen Ernährung gemacht haben ist, dass man mit dem Patienten gemeinsam die verschiedenen Möglichkeiten besprechen sollte. Es muss sichergestellt werden, dass er das für ihn optimale Produkt, die entsprechende Versorgung inklusive eines kompetenten Ansprechpartners zur Verfügung steht.

Ziel der Ernährungsbehandlung

Der Erhalt bzw. das Erreichen eines adäquaten Ernährungszustandes und damit auch eine Stärkung des Immunsystems sollte sicherlich an erster Stelle genannt werden. Gleichzeitig hängt damit aber auch die Steigerung der physischen und der psychischen Verfassung zusammen. Bei einem guten Ernährungszustand wird in der Regel auch eine verbesserte Therapietoleranz erreicht. Alles zusammen führt zu einer verbesserten Lebensqualität.