Patientenforum   
 Das Leben geht weiter – aber wie?
Soziale Aspekte einer Krebserkrankung

Dass Krebs eine lebensbedrohliche Krankheit ist, ist landläufig bekannt. Dass sie die Betroffenen in ihrer Lebensgestaltung erheblich einschränkt, scheint ebenfalls noch leicht nachvollziehbar. Dass die Erkrankung für viele auch handfeste materielle Probleme mit sich bringt, mag hingegen kaum jemand eingestehen. Krebs und Armut soll ein Thema sein? Doch nicht bei uns.

Aber genau das ist es. Leider, möchte man sagen. Und leider vor allem ein Thema, das Frauen angeht und betrifft, da Frauen am ehesten in sozial nicht abgesicherten Arbeitsverhältnissen stehen. Nehmen wir das alltägliche Beispiel einer Hausfrau und Mutter, die "nebenbei" als Reinigungskraft gerade so viel dazuverdient, dass die Familie einigermaßen über die Runden kommt. Nun hat sie Brustkrebs, wird mit Operation, Chemotherapie und Bestrahlung behandelt und kann nicht arbeiten. Da sie nicht sozialversicherungspflichtig tätig war, bekommt sie weder Krankengeld noch eine nennenswerte Erwerbsunfähigkeitsrente. Diese finanzielle Einbuße bürdet ihr zusätzlich zu ihrer Krankheit noch materielle Sorgen auf, die ihrer Gesundheit sicher nicht zuträglich sind. Selbstverständlich gibt es ebenso Männer, die sich mit diesen Problemen konfrontiert sehen, vornehmlich ältere Männer, die alleine leben und sich dann allzu oft auch noch scheuen – sei es aus Unwissenheit, sei es aus Scham – staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass die sozialrechtlichen Regelungen – wie etwa zu Zuzahlungen, Fahrtkosten, Rehabilitation – ständigen Änderungen unterworfen und vielfach so schwer verständlich sind, dass niemand weiß, welchen Antrag er wo stellen kann oder soll. So müssen die Betroffenen dann nicht nur um ihr Leben kämpfen sondern sich auch noch fragen, wie und wovon sie denn weiterleben sollen. Das ist weder menschenwürdig noch spricht es für uns als soziale Gemeinschaft.

Ob wir das nun gerne hören oder nicht – gesund werden hat bei uns durchaus etwas mit dem sozialen Status zu tun. Wenn selbst das Geld für eine Busfahrkarte fehlt, um den Angehörigen im Krankenhaus zu besuchen, ist schon gar kein Spielraum vorhanden, beispielsweise ergänzende Behandlungen zu bezahlen. Allzu oft verordnen Ärzte ihren onkologischen Patienten und – mit dem Hinweis, das müsse ihre Gesundheit ihnen einfach wert sein – aber genau diese – etwa zusätzliche Medikamente oder Aufbaupräparate. Das schlechte Gewissen, dass man nicht genug für sich tut und dann selber Schuld hat, wenn man wieder krank wird, ist ebenso abträglich wie die Demütigung, diese Notlage eingestehen zu müssen.

Auswege aus diesem Dilemma scheinen kaum in Sicht, denn zweifelsohne sind unsere sozialen Sicherungssysteme überlastet und überfordert und können die notwendige Hilfe nicht mehr leisten. Dennoch wäre schon einiges gewonnen, wenn die Alltagsrealität der Betroffenen in ihre Behandlung mit einbezogen und die Tatsache anerkannt würde, dass Krankheit und finanzielle Not Hand in Hand miteinander gehen können. Dieser Blick auf den ganzen Menschen in seinen Lebenszusammenhängen eröffnet neue Hilfsmöglichkeiten und Konzepte, die dann um so wirksamer sein können, da sie dort ansetzen, wo die Hilfe wirklich benötigt wird. Im Sinne aller Betroffenen bleibt zu hoffen, dass wir unsere Scheuklappen ablegen und uns dieser Blick so bald wie möglich gelingen möge, damit Krankheit und Armut irgendwann wirklich nicht mehr in einem Satz genannt werden müssen.

Die wichtigsten sozialrechtlichen Regelungen im Überblick:

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie alle Leistungen immer schriftlich beantragen, da Sie nur dann auf jeden Fall einen schriftlichen Bescheid bekommen, gegen den Sie im Zweifelsfall Widerspruch einlegen können. Auch Sachbearbeiter sind Menschen und als solche können sie sich irren – damit gehen Ihnen unter Umständen aber Ansprüche verloren.

Zudem sind alle diese Regelungen ständigen Änderungen unterworfen, so dass jegliche Auflistung nur eine vorläufige sein kann. Am besten ist es, sich Rat und Hilfe in einer sozialen Beratungsstelle zu holen und sich dort bei den Anträgen helfen zu lassen. Adressen von Beratungsstellen finden Sie im z. B. im Internet, häufig aber auch in Tageszeitungen, Gemeindeblättern oder Telefonbüchern.

Fahrtkosten:

Bei vorliegenden medizinischen Gründen – wie z. B. Chemotherapie und Bestrahlung - und ärztlicher Verordnung übernimmt die Krankenkasse die Fahrtkosten – allerdings nur nach vorheriger Genehmigung! Die Zuzahlung beträgt pro Fahrt 10%, mindestens 5 und höchstens 10 €, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Fahrtkosten. Diese Zuzahlungen fließen ebenfalls in den Zuzahlungshöchstbetrag mit ein.

Härtefond der Deutschen Krebshilfe:

Die Deutsche Krebshilfe gewährt Krebspatienten und ihren Familien eine einmalige, begrenzte finanzielle Unterstützung. Die Zuwendungen sind an Einkommensgrenzen gebunden, der Antrag sehr schnell und unbürokratisch zu stellen.

Anträge: Deutsche Krebshilfe e. V., 0228/729900 oder im Internet

Haushaltshilfe:

Wenn im Haushalt ein Kind lebt, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist, und keine im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen kann, wird eine Haushaltshilfe gewährt.

Außerdem gibt es noch individuelle Begründungen, bei denen eine Haushaltshilfe gewährt wird. Deshalb sollten Sie im Zweifelsfall auf jeden Fall mit Ihrer Krankenkasse oder dem Rentenversicherungsträger sprechen und einen entsprechenden Antrag stellen.

Krankengeld:

Leistung: 70% des regelmäßigen Bruttoentgelts, aber nicht mehr als 90% des Nettoentgelts

Anspruch: wegen derselben Erkrankung längstens für 78 Wochen innerhalb eines 3-Jahreszeitraums

Antrag: an die Krankenkasse

Pflegegeld:

Wird von der Pflegekasse bezahlt, wenn eine andauernde Pflegebedürftigkeit besteht. Die Voraussetzungen werden durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen geprüft. Oftmals wird eine erste Pflegeeinstufung noch im Krankenhaus vorgenommen. Pflegeleistungen können als Geldleistungen oder als Sachleistungen (Pflegeeinsätze über einen ambulanten Pflegedienst) in Anspruch genommen werden. Ratsam ist auf jeden Fall, sich bei einem ambulanten Pflegedienst (z. B. bei einer Sozialstation) beraten zu lassen. Bei Bedarf und Bedürftigkeit werden diese Leistungen durch den Sozialhilfeträger aufgestockt.


Rehabilitation:

Anschlussheilbehandlung:

Leistung: stationäre Rehabilitation im Anschluss an die Primärbehandlung (bei onkologischen PatientInnen innerhalb von 4-5 Wochen)

Antrag: Kostenträger ist die Rentenversicherung oder die Krankenkasse. Hier gilt aber der Grundsatz, dass der Antrag auf jeden Fall als gestellt gilt, egal bei welchem Kostenträger Sie ihn einreichen. Die Kostenträger sollen ihn im Zweifelsfalle weiterleiten und sie darüber informieren. Häufig wird der Antrag direkt vom Krankenhaus gestellt, ansonsten ist der letzte behandelnde Arzt (z. B. Strahlentherapeut) Ihr Ansprechpartner.

Nachsorge und Festigungskur:

Leistung: innerhalb des ersten Jahres nach Abschluss der Primärbehandlung wird üblicherweise eine Nachsorgekur bewilligt. Allerdings zeigt die Praxis, dass hier bereits Abstriche gemacht werden und diese Kur nicht mehr selbstverständlich gewährt wird. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, den Antrag mit dem behandelnden Arzt (Nachsorge) gut zu besprechen und die Notwendigkeit möglichst klar darzulegen. Bei einer Ablehnung sollten Sie sich überlegen, ob Sie Widerspruch einlegen.

Antrag: Kostenträger wie bei der AHB.

Rente wegen Erwerbsminderung:

Anspruch: bei einer länger anhaltenden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit, im Anschluss an das Krankengeld, zumeist befristet auf ca. zwei Jahre, danach wird neu geprüft.

Antrag: Kostenträger ist die Rentenversicherung, Anträge gibt es auch bei den Krankenkassen oder eventuell bei den Gemeinden.

Schwerbehindertenausweis:

Krebsbetroffene können beim Versorgungsamt/ dem Amt für Soziale Dienste die Anerkennung einer Schwerbehinderung beantragen, die in der Regel auch gewährt wird. Ab einem GdB (Grad der Behinderung) von 50% haben sie z. B. Anspruch auf Zusatzurlaub, einen erhöhten Kündigungsschutz und einen Steuerfreibetrag. Bei Eintrag von Merkzeichen – z. B. ein G (gehbehindert) kommen eventuell Preisnachlässe im öffentlichen Personenverkehr oder eine Reduzierung von Rundfunk- und Fernsehgebühren (Merkzeichen RF) hinzu.

Stufenweise Wiedereingliederung:

Leistung: Bei fortlaufender Krankengeldzahlung und bestehender Arbeitsunfähigkeit können Versicherte mit einer verringerten Arbeitszeit wieder in den Arbeitsprozess zurückkehren und die Stundenzahl allmählich steigern.

Antrag: Krankenkasse oder Rentenversicherungsträger

Übergangsgeld:

Wird vom Renteversicherungsträger während Leistungen zur Rehabilitation statt Krankengeld bezahlt

Zuzahlungen/Befreiung von Zuzahlung:

Auf Antrag können Sie von der Zuzahlung für Medikamente etc befreit werden, wenn sie ihre Belastungshöchstgrenze erreicht haben. Diese Grenze beträgt 2% des Bruttoeinkommens, bei schwerwiegend chronisch Kranken 1%. Wichtig zu wissen ist hier, dass sie diesen Antrag auch im Nachhinein für das bereits abgelaufene Kalenderjahr stellen können. Sie erhalten dann alle zu viel geleisteten Zuzahlungen erstattet. Mit Beginn eines neuen Kalenderjahres müssen Sie ihre Zuzahlung erneut bis zur Belastungsgrenze leisten. Ganz wesentlich ist daher, alle Belege sorgfältig aufzubewahren – wie etwa die Quittungen der Praxisgebühr, der Apotheke, für Fahrtkosten etc.

Antrag: Krankenkasse