Therapie & Forschung   
 Hormonbehandlung - ein Risiko?
Brustkrebs und Hormonersatztherapie

Oft stellt sich eine Verunsicherung auf Seiten von Arzt und Patientin ein, wenn es im Rahmen der Aufklärung über die Hormonersatztherapie um folgende Fragen geht:
Ich habe jahrelang wegen Osteoporose Hormone genommen. Jetzt habe ich Brustkrebs. Besteht da ein Zusammenhang?

Die Gabe von Hormonen zur Behandlung der als sehr störend empfundenen Beschwerden der Wechseljahre (Hormonersatztherapie) bei Patientinnen nach erlittener Brustkrebserkrankung wird von den meisten Medizinern sehr kritisch gesehen.
Zahlreiche Befunde deuten darauf hin, dass Hormone (Östrogen bzw. Progesteron) bei der Entstehung und beim Wachstum von Brustkrebszellen eine wichtige Rolle spielen. Das heißt, diese Zellen wachsen hormonabhängig. Dafür brauchen sie Hormonrezeptoren. Hormonrezeptoren sind Eiweißkörper der Krebszelle, an die sich die Hormone anlagern können. Nach dem Schlüssel-Schloss Prinzip passt das Hormon genau zu einem bestimmten Rezeptor. Die Anlagerung des Hormons an den Rezeptor löst eine Reaktion in der Zelle aus. So kann z.B. eine Krebszelle zur Teilung angeregt werden.

PD Dr. med. C. M. Schlotter PD Dr. med. C. M. Schlotter,
Frauenklinik Brustzentrum Ibbenbüren
Dass Östrogene zur Linderung klimakterischer Beschwerden beitragen, dürfte unbestritten sein. Zum Beispiel treten Hitzewallungen, Schlaflosigkeit und Stimmungsschwankungen bei Hormoneinnahme deutlich abgemilderter auf. Östrogene haben auch einen positiven Effekt auf den Knochenstoffwechsel. Das Osteoporoserisiko wird vermindert, Knochenbrüche treten seltener auf. Man spricht im Allgemeinen von einer Erhöhung der Lebensqualität unter Einnahme von Hormonen. Die Hormonersatztherapie hat jedoch auch Nachteile. Es kommt häufig zu einer Gewichtszunahme. Das Thromboserisiko ist ebenfalls erhöht. Einer großen Studie zufolge (Nurses Health Study) würde es bei Hormonersatztherapie bei 100.000 Frauen fünf zusätzlich auftretende Thromboembolien geben.Ein weiterer Nachteil ist die geringfügige Steigerung des Brustkrebsrisikos.


Wie hoch ist die Steigerung des Brustkrebsrisikos
durch Hormonersatztherapie?


Zu dieser Frage gibt es Ergebnisse aus zwei großen Untersuchungen. Die oben schon erwähnte Nurses Health Study beschreibt ein erhöhtes Risiko für Patientinnen, die länger als fünf Jahre Hormone nehmen. Liegt die Einnahmedauer unter fünf Jahren, so zeigt sich keine bedeutende Risikoerhöhung. In einer großen Nachuntersuchung (hier wurden die Daten von Patientinnen aus 51 verschiedenen Untersuchungen zusammen aus gewertet) konnte gezeigt werden, dass nach wenigstens fünfjähriger Ersatztherapie mit Hormonen zwei zusätzliche Tumoren pro 1.000 Patientinnen (2/1000) auftraten. Nahmen die Patientinnen über zehn Jahre Hormone ein, so kam es zu sechs zusätzlichen Erkrankungen pro tausend Patientinnen (6/1000), nach fünf zehnjähriger Einnahme waren es zwölf zusätzliche Patientinnen (12/1000). Die hormonelle Ersatztherapie scheint also das Erkrankungsrisiko zumindest nach längerer Hormoneinnahmedauer zu erhöhen. Nach Absetzen der Therapie nimmt das Risiko wieder ab.

Darf man nach Brustkrebs noch Hormone nehmen?

Nach den allgemeinen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Brusttumorerkrankungen 2002 sollte eine Hormonersatztherapie nach Brustkrebs nur streng nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung und ausführlicher Aufklärung durchgeführt werden. Wenn sie unbedingt nötig ist, sollte sie möglichst niedrig dosiert und so kurz wie möglich erfolgen.

Sowohl bei Brustkrebspatientinnen mit hormonrezeptorpositiven Krebszellen als auch für solche mit negativen Hormonrezeptor lassen sich zurzeit auf Grund fehlender wissenschaftlicher Untersuchungen keine eindeutigen Aussagen zum Risiko bezüglich Wieder auftreten der Erkrankung oder Sterblichkeit machen.