Therapie & Forsch.   
 Brustkrebs heute
Neue Möglichkeiten mit intensitätsmodulierter Radiotherapie (IMRT)


Zum Problem

Unverändert ist der Brustkrebs die häufigste Tumorerkrankung der Frau. Auch junge Frauen, beginnend in der Altersgruppe der 25-30jährigen, können schon betroffen sein. Veränderungen der Behandlungsgrundsätze in den letzten Jahrzehnten haben erheblich zur Verunsicherung beigetragen. Verstümmelnde Operationen sind aber heutzutage eher die Ausnahme. So können immerhin 70% aller neuerkrankten Frauen (mit Tumoren bis zu einer Tumorgrösse von 4 cm) brusterhaltend operiert werden, wenn die eingeschränkte Operation = lokale Tumorentfernung durch die Strahlenbehandlung ergänzt wird.

Die damit erreichten Dauerheilungen sind identisch zu den Resultaten des radikalen operativen Vorgehens. Allerdings bestehen vor der Strahlentherapie aus unterschiedlichen Gründen
z.T. noch erhebliche Ängste.



Wann ist die postoperative Strahlenbehandlung notwendig ?
  • Nach brusterhaltender Operation: immer (zwingend notwendiger Bestandteil des Therapieplans)

  • Nach Radikaloperation (sog."Mastektomie"): Unverzichtbar bei Tumoren über 3 cm Größe, bei direktem Einwachsen in Haut, Lymph- und Blutgefäße oder Brustwand, wenn mehrere einzelne Tumorknoten ("multizentrisches Wachstum") vorliegen oder der Chirurg den Tumor nur knapp im Gesunden entfernen konnte ("positive Schnittränder"), aber auch, wenn mehr als 3 der entfernten Lymphknoten vom Tumor befallen waren.

    Sinnvoll ("Fakultativ") bei jungen Frauen (unter 35 Jahre),aggressivem Tumorcharakter (G3), brustbein- oder mamillennahem Tumorsitz, fehlender Hormonempfindlichkeit, Befall von 1 bis 3 der entfernten Lymphknoten.

Was wird bestrahlt und welche Organe müssen geschont werden ?

Kann das zu bestrahlende Gebiet bei kleinen Tumoren allein auf die Brustdrüse begrenzt werden, bieten sich einfache Bestrahlungstechniken (sogenannte "Zange") an. Die Brust wird dabei von schrägen Bestrahlungsfeldern erfasst, die sehr strahlenempfindliche Lunge kann geschont werden. Müssen die Lymphknotenstationen hinter dem Brustbein (gelb) und in der Achselhöhle (olivgrün) mitbestrahlt werden,resultiert ein bogenförmiges Bestrahlungsgebiet. Hier bieten herkömmliche Bestrahlungstechniken oftmals unzureichende Möglichkeiten zur Schonung von Lunge, Herz und Herzkranzgefäßen. Mit der Neueinführung der intensitätsmodulierten Radiotherapie (IMRT) in die klinische Praxis wird dieses Problem weitgehend gelöst.


Therapieprinzip von IMRT (intensitätsmodulierte Radiotherapie)

Abbildung: Südharzkrankenhaus Nordhausen
Das zu bestrahlende Gebiet (Zielvolumen) wird in viele kleine "Planquadrate" zerlegt. Die Strahlungsmenge kann dabei mit Hilfe von beweglichen Bleilamellen konzentriert (Brustdrüse und Lymphabfluss) oder "verdünnt" (kürzere Öffnungszeit des Lamellenfensters) werden. Zusätzlich wird durch Modulation der Strahlung (Auf-und Abschwellen der Leistung des Linearbeschleunigers)eine weitere Dosisverstärkung im Tumor erreicht.


Vorteile

Es sind erhebliche Dosisreduzierungen für gesunde Organe wie z.B. die Lunge in unmittelbarer Tumornähe möglich, die Strahlung wird an die Brustwand in jeder Richtung "maßgeschneidert" angepasst. Lymphknotenregionen in der Achselhöhle, hinter dem Brustbein, aber auch in der Schlüsselbeingrube können lückenlos – homogen – mitbestrahlt werden.


Vorbereitung

Die Patientin (oftmals nach der Operation noch mit erheblichen Beweglichkeitseinschränkungen im Schultergelenk) liegt entspannt auf dem Bestrahlungstisch. Unbequeme Lagerungen können endlich vermieden werden, weil auch in der Körperlängsachse eine optimale Dosisanpassung erreicht wird.

Nach dem Bestrahlungsplanungs-CT (eine diagnostische Computertomografie ist wegen fehlender Hautmarkierungen nicht verwendbar), können alle weiteren Schritte der Vorbereitung (individuelle Dosisanpassung an die jeweilige anatomische Situation) am Computer durchgeführt werden. Auf den Körper der Patientin wird dann der Hauptstrahl der Bestrahlungsfelder übertragen und dieser "Zentralstrahl" so dokumentiert, dass während der Bestrahlungsserie ständige Genauigkeitskontrollen problemlos möglich sind.


Durchführung

Mehraufwand bei IMRT betrifft vor allem die genaue Festlegung von Tumor und Lymphknoten in jedem CT-Schnitt durch Ärzte und die erheblich höhere Anforderungen an die Lagerungsgenauigkeit der Patientin für die Medizinisch-Technische Assistentin. Medizinphysiker haben bei IMRT-Bestrahlungen eigenständige Verantwortung und sind integraler Bestandteil der Klinikorganisation.

Für die Patientin unterscheidet sich die tägliche Durchführung nicht von herkömmlicher Behandlung mit konventionellen Techniken. Der Datentransfer zur Kontrolle der komplexen IMRT-Techniken erfolgt ohne spürbare Verlängerung der Gesamtbehandlungszeit von etwa 15-20 Minuten. Die reine Bestrahlungszeit ist im Vergleich zur Dauer von täglicher Lagerung und Lagerungskontrolle deutlich geringer. Das verbindliche Therapieregime der Bestrahlungsserie bleibt unverändert: 50 Gy für Brustdrüse und Lymphabfluss, üblicherweise in 25 Einzelbestrahlungen, ergänzt durch eine ergänzende Bestrahlung des Tumorbetts. Dieser sogenannte Boost (10 Gy in 5 Fraktionen) reduziert noch einmal die Wahrscheinlichkeit der Wiedererkrankung.

Ausblick

Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation erzielt heute bei frühen Tumorstadien gleiche Heilungsquoten (~90% 5-Jahresheilungen) wie Radikaloperation, die nur noch bei fortgeschrittenen Tumoren durchgeführt wird.
Eine starke Rötung der Haut ist heute eher ein seltenes Ereignis,bleibende entstellende Hautveränderungen sind praktisch ausgeschlossen.
Mit der Einführung von IMRT-Techniken ist es möglich, Risikoorgane in unmittelbarer Nähe der Brustdrüse noch besser zu schonen und das ausgedehnte Lymphabflussgebiet lückenlos mit behandeln zu können.