Schwerpunkt: Prostatakrebs   
 Prostatakrebs
Radikale Prostatektomie und Hormontherapie

Die radikale Prostatektomie ist nach wie vor das sicherste Verfahren, ein auf die Prostata beschränktes Karzinom vollständig zu entfernen. Jedoch sind mit diesem Verfahren mögliche Nebenwirkungen verbunden, die den Vorteil einer Tumorfreiheit relativieren.

Bei diesem Eingriff werden die gesamte Prostata und die anhängenden Samenblasen entfernt. Das erfordert das Absetzen der Prostata an der Blase und an der Harnröhre. Blase und Harnröhre werden dann wieder mit einer Naht verbunden. Aus der anatomischen Lage der Prostata ergeben sich die beiden Hauptkompli-
kationsmöglichkeiten dieser Operation:
  1. Verletzung des Schließmuskels mit postoperativ unterschiedlich stark ausgeprägter Inkontinenz (3-30%)
  2. Durchtrennung der für die Erektion notwendigen Nervenstränge, welche direkt entlang der Prostata verlaufen. Dies resultiert in einer erektilen Dysfunktion (Impotenz).
Die Fortschritte im Verständnis der anatomischen Zusammenhänge und die Verbesserung der technischen Möglichkeiten haben in den letzten 10 Jahren zu einer Reduzierung der operativ bedingten Nebenwirkungen geführt, jedoch bleibt dies ein technisch anspruchsvoller Eingriff.

Die Lage der Prostata


Der mit Abstand am häufigsten gewählte operative Zugang ist der retropubische Zugang, bei dem vom Nabel bis zur Symphyse ein Längsschnitt erfolgt. Eine seltenere gewählte Variante ist ein Dammschnitt. Beide Verfahren gelten als gleichwertig, was die Tumorkontrolle betrifft. Vorteil des retropubischen Zugangs ist der Zugang zum Lymphsystem der Prostata, falls eine Lymphknotenentfernung sinnvoll ist. Eine weitere Variante ist die sog. "Schlüsselloch-Technik" (laparoskopische Prostataentfernung), bei der mit speziellen Instrumenten über 5 Mini-Inzisionen der Eingriff vorgenommen wird. Diese Methode ist für eine endgültige Beurteilung ihrer Wertigkeit noch zu "jung", könnte aber in trainierter Hand in Zukunft eine Alternative zu den offenen Operationen sein.

Die radikale Prostatektomie führt zu exzellenten Tumorkontrollraten, wenn die Indikation vom Behandler korrekt gestellt wurde. Das heißt: Tumorfreiheit, das Ziel einer Tumor-
therapie, wird in nahezu allen Fällen erreicht, bei denen der Tumor die Prostatakapsel
nicht durchbrochen oder der Tumor nicht bereits metastasiert hat. Die Selektion des Tumors (Stadium, PSA, Gleason) und des Patienten (Alter, Begleiterkrankungen) entscheiden über den Erfolg. Mit dem Patienten müssen vor einer Therapieentscheidung die Vor- und Nachteile der Operation im Vergleich zu anderen lokalen Therapien (Brachytherapie, externe Strahlentherapie) besprochen werden.

Hormontherapie bei Prostatakrebs

Die Hormontherapie beim Prostatakarzinom basiert auf der Erkenntnis, dass das männliche Keimdrüsenhormon Testosteron ein Wachstumsstimulans für Prostatakarzinomzellen darstellt. Der Entzug des Testosterons führt – begrenzt für eine gewisse Zeit – zu einem Untergang von Tumorzellen bzw. einer deutlichen Verzögerung ihres Wachstums.

Da eine Hormontherapie nicht zu einer Heilung führt, kommt diese Form der Therapie hauptsächlich bei (zu spät diagnostizierten) fortgeschrittenen Tumoren mit bereits erfolgter Metastasierung zum Einsatz. Die Hormontherapie ist aber auch indiziert bei denjenigen Patienten, bei denen eine lokale Therapie (Operation, Strahlentherapie) versagt und im Verlaufe der Tumornachsorge ein Tumorprogress festgestellt wird. Ein drittes Indikationsgebiet sind Patienten mit einer lokalen Therapie, bei denen jedoch aufgrund der diagnostisch erhobenen Befunde (PSA, Gleason Score, etc.) ein hohes Progressionsrisiko besteht. Bei diesen Patienten wartet man nicht auf den Nachweis des Progresses (z.B. PSA-Anstieg nach radikaler Prostatektomie), sondern beginnt mit einer adjuvanten Hormontherapie direkt nach der lokalen Therapiemaßnahme. Diese Form der Hormontherapie ist in der Regel zeitlich limitiert (z.B. 2 Jahre).

Eine Hormontherapie beim Prostatakarzinom kann auf unterschiedliche Weise vorgenommen werden. Die historisch erste Methode des Testosteronentzuges war die operative Kastration, die Entfernung beider Hoden. Diese Operation ist zwischenzeitlich weitgehend verlassen und durch die sog. medikamentöse Kastration ersetzt. Dabei werden Depot-Medikamente (halten für 3 Monate) unter die Haut injiziert, die die Produktion von Testosteron im Hoden stoppen. In beiden Fällen steht dem Organismus kein Testosteron mehr zur Verfügung. Dies ist zwar an der Tumorzelle erwünscht, hat jedoch für andere Organsysteme erhebliche Nebenwirkungen (Impotenz, Osteoporose, Muskelschwund, Hitzewallungen, psych. Veränderungen) zur Folge.

Diese Nebenwirkungen können vermieden bzw. reduziert werden, wenn der Testosteronentzug vornehmlich auf Prostatazellen beschränkt wird. Dies gelingt durch eine Blockierung der Testosteronrezeptoren auf der Prostatazelle durch sog. Anti-Androgene. Auf diese Weise steht anderen Testosteron-abhängigen Funktionen dieses Hormon weiter zur Verfügung. Haupteinschränkung dieser Form einer Hormontherapie: Wirksamkeit bei großer Tumormasse geringer als der vollständige Testosteronentzug; Brustwachstum und Brustschmerzen.

Nach einer von Patient zu Patient unterschiedlich langen Zeit (Monate bis Jahre) greifen die Tumorzellen auf andere Stoffwechselwege zurück und können dann durch Testosteronentzug (oder Blockade) nicht länger am Wachstum gehindert werden. Mit dem Wirkstoff Docetaxel steht – unter Fortführung der Hormontherapie – seit diesem Jahr erstmals ein effektives Zytostatikum für Patienten mit einem sog. Hormon-refraktären Prostatakarzinom (HRPC) zur Verfügung. Testosteronentzug (oder Blockade) nicht länger am Wachstum gehindert werden. Mit dem Wirkstoff Docetaxel steht – unter Fortführung der Hormontherapie – seit diesem Jahr erstmals ein effektives Zytostatikum für Patienten mit einem sog. Hormon-refraktären Prostatakarzinom (HRPC) zur Verfügung.