Patientenforum   
 Interview zum Thema Lungenkrebs

Welche Arten von Lungenkrebs gibt es und wodurch sind sie gekennzeichnet?

In der Fachsprache unterscheidet man das kleinzellige vom Nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom. Dies ergibt sich aus der Zellstruktur und dem anatomischen Aufbau der Tumorzellen.

Das Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom ist die häufigste Form des Lungenkrebses und wird bei ca. 80 % aller Lungenkrebspatienten diagnostiziert. Es wird in drei Untergruppen unterteilt, das Adenokarzinom, das Plattenepitelkarzinom und das sogenannte Großzellige Karzinom.

Das Kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC) wird bei ca. 20% aller Lungenkrebspatienten diagnostiziert. Es wächst schneller im Vergleich zum Nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), metastasiert früher und befindet sich bei Diagnosestellung häufiger in einem fortgeschrittenen Stadium. Es wirkt jedoch empfindlicher gegenüber eine Chemotherapie und Bestrahlung, hat jedoch eine hohe Rezidivrate.

Können Sie uns etwas zum Thema Früherkennung sagen?

Wie bei anderen Krebserkrankungen gilt auch hier: Je früher man den Krebs entdeckt, desto besser sind die Heilungschancen. Allerdings gibt es beim Lungenkrebs bisher kein effektives Früherkennungsprogramm.

Es gibt jedoch eine wunderbare Möglichkeit das Bronchialkarzinom zu verhindern: Das Nicht-Rauchen. 85 % der Bronchialkarzinome werden durch das Rauchen ausgelöst.

Was gibt es Neues in der Therapie des Bronchialkarzinoms?

Prof. Drings beim Vortrag vor Schülern
Das Nicht Kleinzellige Bronchialkarzinom ist in jüngster Zeit wissenschaftlich deutlich interessanter geworden. Seit dem letzten Jahr liegen uns Studiendaten vor, welche beim operierten Nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms die adjuvante Chemotherapie, also die zusätzliche medikamentöse Behandlung nach Operation des Patienten als eine zusätzlilche Behandlungsoption erkennen lassen.

Nach ersten Versuchen in den ‘70er Jahren, die jedoch weniger erfolgreich waren, hat man Ende der ‘80er Jahre eine Metaanalyse durchgeführt, und festgestellt, das es doch einen geringen Vorteil gibt. Nun liegen verschiedene Internationale Studien vor, die zeigen, daß bei Patienten, die zusätzlich zur Operation noch eine Chemotherapie bekommen, ein Überlebensvorteil nach 5 Jahren von 5 - 10% vorhanden ist. Dies scheint sich jetzt auch beim Nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom zu etablieren und muss jedoch auch durch weitere Studien weiter untersucht werden.

Ferner ist beim inoperablen Nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom neu, dass die Kombination von Bestrahlung mit der Chemotherapie, sofern dies der Zustand des Patienten erlaubt, Vorteile bringt. Die gleichzeitige Gabe der Chemotherapie ist noch besser als die Gabe vor oder nach der Bestrahlung, aber sie ist auch toxischer und daher mit höheren Belastungen für den Patienten verbunden und kommt aus diesem Grunde nur für wenige Patienten in Frage. Schließlich gibt es neue Medikamentenwirkstoffe beim Nicht Kleinzelligen Bronchialkarzinom. Da haben wir zum einen den Antimetaboliten Pemetrexed sowie die sogenannten "Small Molecules", die EGFR Blocker (Erlotinib) sowie neue Medikamente wie auch Taxane, die jedoch alle ihre Anwendung in der zweiten und dritten Behandlungslinie haben.

Bis 1990 hatten wir nur einige wenige Zytostatika, jetzt haben wir die Möglichkeit, Patienten nach Versagen der Ersttherapie auch eine zweite bzw. dritte Therapieoption anzubieten.

Man darf jedoch nicht vergessen dass das ganze palliativ ist und damit nicht auf Heilung des Patienten gerichtet ist sondern auf Lebensverlängerung und den Betroffenen in der Regel nur einen Überlebensvorteil von wenigen Monaten ermöglicht.

Gibt es eine Homepage zum Thema Lungenkrebs, die Sie unseren Lesern empfehlen können?

Ich empfehle gerne die Seiten der Deutsche Krebsgesellschaft (www.krebsgesellschaft.de) sowie die des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschunszentrums (www.krebsinformation.de). Auch die Homepage unserer Klinik hat eine Informationsseite zum Thema Lungenkrebs für Patienten (www.thoraxklinik-heidelberg.de).

Gibt es eine genetische Veranlagung?

Ja, es gibt einzelne Familien, in denen sich Lungenkrebs häuft. In einem Projekt mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum untersuchen wir gerade diese genetische Häufung auf ihre Ursachen.

Ist das weibliche Geschlecht anfälliger als das männliche Geschlecht?

Es gibt Hinweise, dass junge Frauen offenbar etwas anfälliger sind als junge Männer, dies ist jedoch noch nicht erwiesen. Erwiesen ist, dass je früher man mit dem rauchen anfängt, desto gefährlicher ist es. Und daher tut es einem sehr weh, wenn man Kinder und Jugendliche rauchen sieht.

Herr Prof. Drings, Sie haben sich Verdienste um das Nicht-Rauchen erworben und sind hierfür mehrfach ausgezeichnet worden.
Was machen Sie genau?


Schüler beim Vortrag
Wir haben uns Gedanken gemacht, wie man junge Menschen dazu bringen kann, dass sie bewusst auf das Rauchen verzichten. Hierzu laden wir zweimal wöchentlich Schulklassen mit Schülern im Alter von 13 - 16 Jahren in unsere Klinik ein, um sie auf die Gefahren und Folgen des Rauchens hinzuweisen – nicht nur die von Krebs, sondern z.B. auch auf Gefäßerkrankungen, etc.

Der Ablauf sieht dabei wie folgt aus: Wir beginnen zunächst mit einem Vortrag, lassen die Schüler an einer life durchgeführten Bronchoskopie (Lungenspiegelung) teilnehmen und laden dann Patienten aus unserer Klinik ein, sich den Fragen der Schüler zu stellen. Sie können sich vorstellen welche Fragen dann kommen: "Warum haben Sie geraucht?, Tut Ihnen das nicht leid? …" - Es ist immer wieder spannend und wirkt sehr nachhaltig auf die Schüler, dies bestätigen uns nicht nur Lehrer im Nachgang zu einem Besuch in unserer Klinik, sondern auch Psychologen, die uns bescheinigen, dass diese Form effektiver und nachhaltiger ist, als wenn wir in die Schulen gehen.

Bisher haben wir insgesamt schon mehr als 20.000 Schüler in unsere Klinik eingeladen und sind über mehr als ein Jahr hinweg ausgebucht. Ich würde es begrüßen, wenn dieses Projekt zum Nicht-Rauchen möglichst auch an vielen anderen Orten durchgeführt wird.

Herr Prof. Drings, vielen Dank für das Gespräch!