Schwerpunkt: Prostatakrebs   
 Minimalinvasive Lymphknotenchirurgie beim Prostatakarzinom

Nachdem sich die Sentinel- (Wächter-) Lymphknoten-Identifikation zumindest im Frühstadium des Brustkrebses mittlerweile etabliert hat und als Standard in bestimmten Stadien des malignen Melanoms anzusehen ist, bestehen seit dem Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts auch Erfahrungen mit vergleichbarer Technik beim Prostatakarzinom.

Technik

Um die Lymphknoten zu erkennen, die die Lymphe der Prostata filtern, wird am Tage vor einer geplanten Lymphknotenoperation eine radioaktive Substanz in die Prostata appliziert. Diese hat die Eigenschaft, über den Lymphweg abtransportiert zu werden und im ersten Lymphknoten (Wächter- oder Sentinel-Lymphknoten) gefiltert zu werden. Dementsprechend besteht eine erhöhte Aktivität in diesem Lymphknoten, was durch eine sogenannte Lymphszintigraphie auch bildlich dargestellt werden kann.


Abb. 1
Abb 1. (rechts):
Die Prostatalymphszintigraphie nach 100 Minuten zeigt die Wächter-Lymphknoten der Prostata (weiße Pfeile). Abgedeckt ist die Radioaktivität der Prostata (weißer Kreis)






Während der Operation wird, genau wie beim Brustkrebs oder schwarzen Hautkrebs, mit Hilfe einer sogenannten Gammasonde, einer Art Geigerzähler, der oder die radioaktiven Lymphknoten aufgesucht.


Abb 2. (links): Verschiedene Sondensysteme mit denen während der Operation die Wächterlymphknoten geortet werden können


Ergebnisse

Es konnte gezeigt werden, dass auch in vergleichsweise frühen Stadien, mehr Patienten als bisher angenommen Absiedlungen (Metastasen) des Prostatakarzinoms im Lymphknoten aufweisen. Überaschenderweise war selbst bei Patienten mit einem PSA-Wert von <10ng/ml, ein Wert, bei dem früher meist keine Lymphknotenentfernung durchgeführt wurde, in 17% der Fälle eine Absiedlung festzustellen. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen einer Berner und Marburger Arbeitsgruppe zeigte sich darüber hinaus, dass befallene Lymphknoten oftmals in operativ schwer zugänglichen Bereichen liegen, die mit herkömmlichen Techniken nicht aufgesucht werden.

Abb. 3
Abb 3.: Einfluss des PSA-Werts auf den Lymphknotenstatus bei 638 Patienten.
So wurden z.B. bei 55 von 331 Patienten (ca. 17%) mit einem PSA-Wert zwischen
4 und 10 ng/ml Lymphknotenmetastasen gefunden.


Vorteile für den Patienten:

Lebensqualitätsstudien haben gezeigt, dass die Angst vor dem Wiederauftreten einer Tumorerkrankung erheblich zur Beeinträchtigung der Lebensqualität führt. Daher ist es wichtig, dem Patienten eine Methode anbieten zu können, die eine Metastasierung des Tumors zum Zeitpunkt der Therapie mit einer hohen Sicherheit ausschließt. Bisherige Techniken der Lymphknotenchirurgie waren dazu nicht ausreichend. Die Alternative, eine radikale Lymphknotenoperation, die auch schwer zugängliche Lymphknoten im Becken miterfasst, birgt die Gefahr von Komplikationen und ist in der Regel ein langwieriger und operativ anspruchsvoller Eingriff. Durch die alleinige Entfernung der radioaktiven, sogenannten Sentinel-Lymphknoten der Prostata, konnte die Komplikationsrate im Vergleich zu einer ausgedehnten Lymphknotenchirurgie deutlich gesenkt werden. Im Falle eines Befalls von Lymphknoten wird dem Patienten die Möglichkeit gegeben, frühzeitig zusätzliche – gegebenenfalls auch alternative – therapeutische Maßnahmen wie Hormonentzug oder Strahlentherapie zu ergreifen.