Schwerpunkt: Palliativmedizin   
 
Palliative Strahlentherapie

Wie schon inm vorhergehenden Artikel ausgeführt, hat die palliative Therapie nicht die Heilung zum Ziel sondern eine Linderung von Symptomen, insbesondere von Schmerzen. Die palliative Strahlentherapie wird häufig bei Knochenmetastasen zur Schmerzreduktion und zur Stabilisierung eingesetzt.

Die Behandlungsdauer beträgt zwischen 3 - 4 Wochen und kann bei 70 - 90% aller Patienten die Schmerzen teilweise oder komplett (50%) lindern.

Durch diese fraktionierte Behandlung - also tagtägliche Bestrahlung über 3 - 4 Wochen - können nicht nur die Schmerzen gelindert, sondern auch der Knochen stabilisiert werden. Geht es nur darum, eine Schmerzlinderung zu erreichen, kann auch im Einzelfall eine einmalige Bestrahlung mit erhöhter Einzeldosis (7 - 8 Gy) ausreichend sein. Inwieweit die zusätzliche Gabe eines Bisphosphonats (Infusionstherapie alle 4 Wochen oder tägliche orale Einnahmen) die Ergebnisse verbessern kann, wird zurzeit noch in klinischen Studien überprüft. Eine Besonderheit der Bestrahlung von Wirbelsäulenmetastasen stellt die sog. Rückenmarkskompression dar. Hier wächst die Metastase durch den Knochen hindurch und drückt auf das Rückenmark. Es kann zu Ausfallerscheinungen kommen, die über Empfindungsstörungen, Lähmungen bis hin zur kompletten Querschnittslähmung führen. In dieser Situation erfolgt die Bestrahlung als Notfallmaßnahme, da bei einer bereits kompletten Querschnittslähmung durch die Strahlentherapie ein Rückgang der Symptomatik nicht zu erwarten ist. Zusätzlich zur Bestrahlung werden Kortison-Präparate eingesetzt, wobei die optimale Kortison-Dosis bis heute nicht wissenschaftlich exakt definiert ist. Bestrahlt wird bei bildgebend nachgewiesener Rückenmarkskompression, wenn der Tumor nicht operiert werden kann, wenn sich die Symptomatik langsam entwickelt hat und wenn zu erwarten ist, dass die Metastase strahlenempfindlich ist. Letzteres wird vom Primärtumor, der in den allermeisten Fällen bekannt ist, abgeleitet. In einer eigenen Untersuchung haben wir festgestellt, dass die Erfolgsrate bei dieser Bestrahlung abhängig vom Primärtumor und von der Ausdehnung der Metastasierung ist. Bei Gehstörungen und nicht vollständig ausgeprägten Lähmungen konnte die Gehfähigkeit bei 35% aller Patienten wieder hergestellt werden.


Ein weiteres Feld palliativer Strahlentherapie liegt in der Behandlung von Hirnmetastasen. Viele Tumoren, insbesondere Lungen- und Brustkrebse metastasieren häufig ins Gehirn und hier ist die Chemotherapie in manchen Fällen auf Grund der Bluthirnschranke, die für einige Substanzen nicht zu durchdringen ist, überfordert. Durch eine Strahlentherapie lassen sich schnell vorhandene Symptome mindern. Auch hier werden SteroidPräparate, also Kortison eingesetzt, um das umgebende Begleitödem zu reduzieren. Üblicherweise wird bei Vorhandensein mehrerer Metastasen das gesamte Gehirn bestrahlt. Bei Vorliegen einer Einzelmetastase wird, falls nicht operiert werden kann, in vielen Fällen nach Ganzhirnbestrahlung eine sogenannte Aufsättigung (Boost) auf den Metastasenherd vorgenommen. Obwohl die mittlere Überlebenszeit bei Patienten mit mehreren Hirnmetastasen auf wenige Monate beschränkt ist, können Symptome wie Kopfschmerz, Erbrechen, Störungen der Motorik und Minderung der Hirnleistung durch die Strahlentherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit schnell gelindert bzw. beseitigt werden.




Patient am Simulationsgerät mit angepaßter Gesichtsmaske Patient am Simulationsgerät mit angepaßter Gesichtsmaske
Es würde den Rahmen dieses Übersichtsartikels sprengen, alle palliativen Einsätze der modernen Strahlentherapie vorzustellen. Ich möchte deshalb nur einige weitere Indikationen kurz aufzählen, insbesondere die Bestrahlung von Augenmetastasen, die sich manchmal bei Brustkrebserkrankungen bilden und ohne Behandlung zur Erblindung führen können. Ebenso ist die Bestrahlung der sogenannten oberen Einflussstauung zu nennen, wo eine große Tumormasse im Brustkorb auf die Gefäße und die Bronchien drückt, so dass das Blut nicht mehr in die großen Körpervenen ablaufen kann und der Patient zusätzlich auf Grund der Verengung der Bronchien unter Luftnot leidet. Hier lässt sich insbesondere beim kleinzelligen Bronchialkarzinom bereits mit wenigen Bestrahlungen eine für den Patienten deutliche spürbare Erleichterung erreichen, auch wenn eine endgültige Heilung in all diesen Fällen meistens nicht möglich sein wird. Haben Sie weitere Fragen zur palliativen Strahlentherapie, wenden Sie sich bitte an die Redaktion, die Ihre Anfrage weiterleiten wird.