Therapie von Schilddrüsenkarzinomen   
 

Therapie von Schilddrüsenkarzinomen

In Deutschland werden jedes Jahr ca. 2.000 bis 3.000 Schilddrüsenkarzinome neu entdeckt. Bei ca. 85 % der Fälle gehen die Krebserkrankungen von den hormonproduzierenden Zellen der Schilddrüse aus. Die Behandlung dieser Krebsarten besteht in einer operativen Entfernung der Schilddrüse. Eine möglichst komplette Entfernung ist erforderlich, da der Schilddrüsenkrebs gleichzeitig an mehreren Stellen der Schilddrüse auftreten kann. Zusätzlich werden die Lymphknoten entfernt, die der Schilddrüse benachbart gelegen sind. Nur bei Nachweis oder Verdacht auf eine Aussaat in weitere Lymphknoten erfolgt die Entfernung aller Lymphknoten der betroffenen Halsseite. Eine Ausnahme des oben beschriebenen operativen Vorgehens kann gemacht werden, wenn der bösartig veränderte Schilddrüsenknoten einen Durchmesser hat, der kleiner als 10 mm ist. In einem solchen Fall wird unter bestimmten Voraussetzungen nur einer der beiden Schilddrüsenlappen entfernt. Mögliche Komplikationen der operativen Schilddrüsenentfernung sind abhängig von der Größe der Schilddrüse und der Ausdehnung des bösartigen Schilddrüsenprozesses. Eine mögliche Komplikation der Operation ist eine anhaltende Lähmung des Stimmnervens. Sie tritt bei 1-2 % der Patienten auf.

Außerdem können bei der kompletten Entfernung der Schilddrüse die Nebenschilddrüsen mitentfernt werden. Sie liegen der Schilddrüse eng benachbart und sind während der Operation nicht immer ausreichend von der Schilddrüsenkapsel abzugrenzen. Als Folge der Entfernung der Nebenschilddrüsen treten Kalziummangelzustände auf.

Die erstrebte, totale operative Entfernung der Schilddrüse gelingt nur in den seltensten Fällen. Meistens verbleiben trotz sorgfältiger Operation kleine Schilddrüsenreste. Deshalb wird routinemäßig 4-6 Wochen nach erfolgter Operation eine Therapie mit radioaktivem Jod durchgeführt. Auch diese Maßnahme basiert auf der Erfahrung, dass der Schilddrüsenkrebs gleichzeitig an mehreren Stellen der Schilddrüse entstehen kann. Jod wird im Körper nur von der Schilddrüse gespeichert. Der Vorteil einer Radiojodtherapie liegt daher darin, dass das radioaktive Jod nur vom Schilddrüsengewebe aufgenommen wird. Bei der Radiojodtherapie wird eine Kapsel mit Jod-131 geschluckt, im Magen zersetzt, das radioaktive Jod wird frei, resorbiert und geht in die Blutbahn über. Nach vorausgegangener, fast kompletter operativer Entfernung der Schilddrüse nimmt der verbliebene Schilddrüsenrest das verabreichte Radiojod auf.

Bei dem Radiojod handelt es sich um einen Beta-Strahler. Diese Beta-Strahlen sind sehr energiereich, haben aber lediglich eine Reichweite von 1-2 mm. Aufgrund ihrer hohen Energie zerstören sie das direkt benachbart gelegene Gewebe. Wegen der geringen Reichweite wird dabei nur das speichernde Schilddrüsengewebe zerstört, nicht aber Weichteile oder Organe der Umgebung. Im Anschluss an Operation und Radiojodtherapie ist eine lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen erforderlich. Die Dosierung wird dabei individuell dem Bedarf des Patienten angepasst. Angestrebt wird der Zustand einer geringen Überfunktion, die durch Blutuntersuchungen nachweisbar ist, den Patienten jedoch nicht oder wenig belastet. Dadurch wird ein erneutes Wachstum eines möglichen minimalen Schilddrüsenrestes oder von bösartigen Tochtergeschwülsten unterdrückt. Sollten die Blutuntersuchungen zeigen, dass auch die Nebenschilddrüsen bei der Operation entfernt worden sind, wäre eine zusätzliche Behandlung mit Kalzium notwendig. Die Radiojodtherapie erfolgt unter stationären Bedingungen in einer geschlossenen Abteilung. Eine Strahlenbelastung anderer Menschen und der Umgebung soll so vermieden werden. Auch Waschwasser und Ausscheidungen, die während der Therapie entstehen, müssen gesammelt und gesondert entsorgt werden. Der stationäre Aufenthalt ist üblicherweise kurz. Meist reicht eine Verweildauer von 4 oder 5 Tagen, bis die Patienten wieder entlassen werden können.

3 Monate nach erfolgter Radiojodtherapie wird überprüft, ob das hormonproduzierende Schilddrüsengewebe komplett zerstört worden ist. Sollte dies nicht der Fall sein, muss eine erneute Radiojodtherapie durchgeführt werden. Bleibende Nebenwirkungen der Radiojodtherapie sind gering, kurzfristige Nebenwirkungen haben eine Häufigkeit von 30%.

Kurzfristige Nebenwirkungen:
  • Geschmacksstörungen
  • Schwellung der Speicheldrüsen
  • Reizung der Luftröhre

Langfristige Nebenwirkungen:
  • Vernarbung und permanentes Austrocknen der Mundspeicheldrüsen
  • Mundtrockenheit
  • Geschmacksstörungen

Im Anschluss an die Radiojodtherapie oder, falls Wiederholungen notwendig sind, die mehrfach durchgeführten Radiojodtherapien ist eine lebenslange Nachsorge erforderlich. Der Schilddrüsenkrebs wächst meist nur sehr langsam, dementsprechend langsam wachsen auch die bösartigen Tochtergeschwülste. Sollte bei einem Patienten wegen der geringen Größe des Tumors die oben beschriebene Ausnahmesituation vorliegen und nur ein Lappen der Schilddrüse entfernt werden, erfolgt anschließend keine Radiojodtherapie.

Die Überlebensrate der Schilddrüsenkrebsarten, die vom hormonproduzierenden Schilddrüsengewebe ausgehen, ist gut. Sie liegt bei 90%. Durch einen speziellen Schilddrüsentumormarker gelingt es frühzeitig und mit großer Sicherheit, Tochtergeschwülste aufzufinden. Auch diese werden üblicherweise durch eine operative Entfernung und eine anschließende Radiojodtherapie behandelt. Schwieriger ist die Situation, wenn der Schilddrüsentumor nicht vom hormonproduzierenden Gewebe ausgeht. Bei ca. 15% der Patienten liegen solche Tumorarten vor. Auch hier wird zunächst wieder eine operative Entfernung des bösartigen Gewebes angestrebt. Anschließend wird man sich je nach Gewebeart für eine Chemotherapie oder für eine Bestrahlung entscheiden, möglicherweise auch zu einer kombinierten Radio-Chemotherapie entschließen. Die Behandlung der Schilddrüsenkarzinome, insbesondere wenn es sich um Tumoren handelt, die vom nicht hormonproduzierenden Schilddrüsengewebe ausgehen, sollte möglichst an Zentren mit entsprechenden Erfahrungen erfolgen.

PATIENTEN MIT SCHILDDRÜSENKREBS HABEN
GUTE ÜBERLEBENSCHANCEN. 90 % HABEN EINE
ÜBERLEBENSZEIT VON MEHR ALS 10 JAHREN.
ENTSCHEIDENDE VORAUSSETZUNGEN FÜR GUTE
ÜBERLEBENSCHANCEN SIND:

  • FRÜHE ERKENNUNG DER KREBSERKRANKUNG
  • BEHANDLUNG DURCH EINE OPERATION UND EINE NACHFOLGENDE RADIOJODTHERAPIE
  • REGELMÄßIGE NACHSORGEN, DIE EIN LEBEN
    LANG DURCHGEFÜHRT WERDEN MÜSSEN